Erwerb von Betäubungsmitteln, Besitz einer Waffe, Fischwilderei: Was einem 43 Jahre alten Mann kürzlich vor dem Amtsgericht Radolfzell vorgehalten wurde, klang abenteuerlich. Er soll 2023 und 2024 Ecstasy und Marihuana gekauft und außerdem ein Butterfly-Messer und Cannabis besessen zu haben. Zudem soll er im Sommer 2024 am Buchensee unerlaubterweise mehrere Fische geangelt haben. Doch während der Verhandlung kamen Zweifel auf: Nicht nur fehlten entscheidende Beweise, auch bekam es Richterin Ulrike Steiner mit einem überaus sturen Zeugen zu tun.
„Ich habe nur Blödsinn gemacht“
Der Angeklagte schilderte vor Gericht schwierige Lebensbedingungen. Er sei nur bis zur sechsten Klasse in der Schule geblieben, früh auf die schiefe Bahn geraten. „Ich habe nur Blödsinn gemacht“, erklärte er. Unter anderem habe er Diebstähle begangen und zu rauchen angefangen. Im Strafregister finden sich 23 Einträge, etwa wegen Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Erschleichens von Leistungen. Zudem habe er immer mehr Drogen genommen. Mit Cannabis therapiere er eine Hyperaktivität selbst: „Wenn ich nichts zu tun habe, gehe ich die Decke hoch.“
Dass er ein Butterfly-Messer – also ein Faltmesser mit zweigeteiltem Griff – besaß, räumte der 43-Jährige unumwunden ein. Anders sah es jedoch bei den übrigen Vorwürfen aus. Er stritt ab, bei einem Dealer im Schwarzwald erst fünf Ecstasy-Tabletten und dann fast 100 Gramm Marihuana gekauft zu haben. Zwar kenne er den Dealer und habe auch gewusst, dass er mit Drogen zu tun habe. „Aber ich fahre doch nicht eine Stunde mit dem Zug, um fast 100 Gramm mit mir herumzuschleppen“, betonte er.
Bei rund 60 Gramm Marihuana, das bei ihm zuhause gefunden wurde und ihm geschenkt worden sei, habe es sich zum Großteil um CBD-Cannabis gehandelt. Gemeint sind Pflanzen, die zwar den Wirkstoff Cannabidiol (CBD) enthalten, jedoch nur in sehr geringen Mengen des berauschenden Stoffs Tetrahydrocannabinol (THC). Auch den Tatvorwurf der Fischwilderei stritt er ab. Er sei zwar mit einem Bekannten am Buchensee gewesen, habe jedoch selbst nicht geangelt.
Schweigen trotz Aussagepflicht
Anders sah es eine Ermittlungsbeamtin, die als Zeugin geladen war. Sie habe das Handy des Dealers überwacht, dadurch sei der Angeklagte als Drogenkäufer identifiziert worden. Vor Gericht berichtete sie von mehreren Fällen, in denen der 43-Jährige nach Drogen gefragt haben soll. Wobei Richterin Ulrike Steiner mehrmals einen fehlenden Beweis dafür bemängelte, dass der Deal tatsächlich über die Bühne ging.
Doch das wirklich Kuriose: Von den beiden Käufen, wegen denen der Angeklagte vor Gericht stand, fanden sich in den Unterlagen der Zeugin gar keine Hinweise.
Licht ins Dunkel sollte der vermeintliche Dealer selbst bringen. Vor Gericht zeigte er sich jedoch mehr als unkooperativ und verweigerte die Aussage – auch dann, als Richterin Ulrike Steiner ihn darauf hinwies, dass er kein Recht dazu habe, zu schweigen.
Die Sache mit dem Angeln
Ein besseres Bild konnten sich die Anwesenden dagegen von der Fischwilderei am Buchensee machen. Ein Zeuge berichtete vor Gericht, er habe im Sommer 2024 an dem Gewässer zwei Männer getroffen – den Angeklagten und eine weitere Person, die kurz darauf geflüchtet sei. Da das Angeln am Buchensee nur Mitgliedern des Angelsportvereins Gottmadingen erlaubt sei, habe er die Polizei verständigt. Dabei habe der Angeklagte selbst nicht geangelt, er habe dem Zeugen jedoch einen Eimer mit Fischen gezeigt.
Einer der verständigten Polizisten berichtete zudem, bei dem Angeklagten sei ein Rucksack mit Angelausrüstung gefunden worden. Die Fische selbst habe er jedoch nicht mehr zu Gesicht bekommen – laut dem anderen Zeugen seien diese zurück in den See gekippt worden.
Geringe Strafe für den Angeklagten
Richterin Ulrike Steiner sah eine Fischwilderei durch den Angeklagten dadurch nicht als nachgewiesen an, ebenso habe es keine Beweise für die beiden Drogenkäufe gegeben. Allerdings sei klar, dass der Angeklagte ein verbotenes Messer besessen habe. Außerdem handele es sich bei dem gefundenen Cannabis in seiner Wohnung um eine Ordnungswidrigkeit, auch wenn der Wirkstoffgehalt tatsächlich gering gewesen sei.
Sie verurteilte den 43-Jährigen schließlich zu drei Monaten Haft sowie einer Geldstrafe in Höhe von 200 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine neunjährige Haftstrafe gefordert. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, wie das Amtsgericht im Nachhinein mitteilt, wurde Berufung eingelegt.