Wenn Sie sich jemandem vorstellen, was sagen Sie?
Die Frage hat mir hier so noch niemand gestellt. Im Kennenlernen ergibt sich das ja immer.
Na gut. Wie stellen Sie sich im beruflichen Kontext vor?
Dann stelle ich mich vor als Erster Bürgermeister dieser Stadt.
Und das war‘s?
Das ist mal die wesentliche Funktion. Und dann hängt es ein Stück davon ab, mit wem ich zu welchen Themen spreche.
Wenn wir uns privat kennenlernen: Was erzählen Sie über sich?
Da würde ich sagen: Ich heiße Fabian, und freue mich, dass wir uns kennenlernen. Und jetzt setzen wir uns mal bei einem Getränk zusammen und reden über Gott und die Welt.
Sie kommen aus Stuttgart?
Zuletzt wohnhaft ja, gebürtig allerdings aus dem mittleren Schwarzwald.
Lieblingssportart als Kind?
Ich habe vieles versucht, war ein leidlich begabter Fußballer. Aber hab‘s immer mit Leidenschaft versucht.
Lieblingsfach in der Schule?
Gemeinschaftskunde und Geschichte.
Früher Berufswunsch?
Da war alles mit dabei: Feuerwehrmann, Arzt, Architekt. Ich glaube, da habe ich ein relativ breites Spektrum benannt als Kind.
Warum wollten Sie Baubürgermeister werden?
Mein Amtsvorgänger hatte angekündigt, dass er aus dem Amt scheiden wird. Für mich war nach acht Jahren beim Gemeindetag klar, dass ich eine neue Herausforderung suche.
Sie haben mit einer hauchdünnen Mehrheit die Wahl im Gemeinderat gewonnen. Wie war das für Sie?
Den Wahlabend selbst habe ich sehr entspannt erlebt: Ich saß ja die ganze Zeit im Nebenraum. Und am Ende habe ich mich über die Wahl gefreut.
Ihr Gegenkandidat wurde von einigen Ratsmitgliedern als kompetenter angesehen.
Ja, aber eine Mehrheit des Gemeinderats hat sich für mich entschieden. Zudem gibt es für dieses Amt mindestens zwei Dimensionen: eine technische und eine Verwaltungsdimension.
Sind Sie wegen Ihrer Erfahrung in der Verwaltung für das Amt geeignet?
In meinem Dezernat gibt es rund 300 Mitarbeitende. Sie werden niemanden finden, der alle Aufgaben von der Pike auf gelernt hat. Ich glaube, es kommt ganz stark darauf an, dass man einfach schaut, wo die Themen liegen. Dann hört man, was die Bürgerschaft will, was der Gemeinderat will. Dann versucht man, die Themen zusammenzukriegen und zu einer besseren Lösung zu führen.
Wenn die Bürger irgendwann entscheiden sollen, ob Sie einen ordentlichen Job machen – woran lassen Sie sich messen?
Na die Frage ist: Setzen wir die Projekte um, die wir uns vornehmen? Wenn wir das schaffen, dann bin ich zufrieden.
Und was versprechen Sie den Bürgern?
Ich verspreche gar nichts.
Sie versprechen gar nichts?
Ich finde es schwierig, irgendwelche Versprechungen zu machen. Ich bin gerade dabei, ein Gefühl für diese Stadt zu kriegen. Da wäre es nicht redlich, irgendwelche Versprechungen zu machen. Höchstes diese: Ich werde zuhören und versuchen, die Dinge zusammenzuführen.
Das klingt wenig visionär.
Ich bin jetzt zwei Monate dabei – und drei Monate will ich mir Zeit nehmen, mir alles mal anzusehen – und schrittweise entwickeln, wo wir hinwollen.
Das heißt, Ende des Jahres kommt eine Art Agenda von Ihnen?
Es wird keine Schlag-auf-Schlag-Agenda geben. Es wäre doch vermessen, hierher zu kommen und als komplett Neuer zu sagen, ich habe die große Vision. Es gibt ja unglaublich viele Aufgaben in dieser Stadt. Es gibt Ideen und Konzepte. Die Frage ist: Was haben wir im laufenden Haushaltsplan stehen an Themen und Maßnahmen? Da gibt es einiges abzuarbeiten. Und dann geht‘s darum, mit Blick auf den nächsten Doppelhaushalt 2023/24 zu entwickeln, wo wir weitere Schwerpunkte setzen wollen.
Aber einen übergeordneten Plan für die Stadt haben Sie nicht? In welcher Stadt wollen Sie denn leben?
Das ist jetzt genau so eine Frage, wo ich sage, das ist jetzt zu früh zu diskutieren. Ich mache mir gerade ein Bild von dieser Stadt. In manches bin ich jetzt schon eingestiegen und habe schon Konzepte vorgefunden. Aber jetzt schon eine große Vision auszupacken, das ist zu früh. Wenn wir in einem Jahr oder einem halben Jahr nochmal sprechen, dann stellt sich das für mich schon wieder anders dar.
Anders gefragt: Für welche Werte stehen Sie?
Das ist der Begriff der Nachhaltigkeit. Ich will einen Dreiklang sicherstellen aus Ökologie, Ökonomie und Sozialem. Und das ist keine feste Reihenfolge, sondern die Herausforderung, alles drei zusammenzubringen.
Haben Sie ein Beispiel?
Etwa bei der Wohnbebauung: Wenn Sie eine neue Fläche erschließen, stellen sich ökologische Fragen. Kann man diese Fläche im ökologischen Sinne erschließen? Das könnte man vielleicht kritisch sehen. Auf der anderen Seite muss man sagen: Sozial hat das einen sehr großen Aspekt, Wohnraum zu schaffen. Und ökonomisch stellt sich die Frage: Wer schafft den Wohnraum? Wie ist er am Ende dann bezahlbar? Mir geht es darum, diese Fragen in Einklang zu bringen. Oder auch zu fragen: Wo muss man mal den einen oder anderen Fokus mehr drauflegen?
Ist das ein aktuelles Thema?
Aktuelle Themen sind einzelne Bebauungspläne, wie etwa der Aufstellungsbeschluss für Fallenbrunnen Nord-Ost. Auch das Baugebiet Lachenäcker steht derzeit auf der Agenda.
Was noch?
Der Sitzungsplan hat vorgegeben, dass wir im November unser Klimabudget beraten. Das war ab dem ersten Tag ein Arbeitsschwerpunkt.
Der Rat hat ein Budget von 6,3 Millionen Euro beschlossen und will zum Beispiel Parkplätze begrünen.
Na, das wurde ja schon ein bisschen beschlossen. Es geht beim Klimabudget darum, Maßnahmen umzusetzen, die einen besonders innovativen Charakter in Sachen Klimawandel haben. Es gab über 20 Anträge aus den Ratsfraktionen: Von der Begrünung von Parkplätzen bis zum Bau des Kinderhauses Habakuk mit recycelten Baustoffen. Wir prüfen also jetzt: Was können wir schrittweise umsetzen? Da ist Habakuk ein Thema, aber eben auch die Begrünung von Parkplätzen.
Sprechen wir über weitere Themen. ZF-Arena: Wann kommen die Volleyballer zurück?
Beim Thema ZF-Arena gibt es drei zeitliche Dimensionen. Die eine ist kurzfristig. Die Frage lautet, wie kann man es schaffen, dass sowohl Schulsport, Vereinssport als auch die Profis vernünftig untergebracht sind? Alle drei waren ja in der ZF-Arena drin und alle drei sind uns wichtig. Da gibt es jetzt Interims-Lösungen. Wir hatten gerade letzte Woche einen runden Tisch mit den Schulen, da wurde über das Thema geredet. Diese Woche steht noch ein Gespräch mit den Vereinen an. Es geht um die Frage: Wie kann man die Situation kurz- und mittelfristig optimieren? Und dann ist aber auch langfristig die Frage, was passiert mit der ZF-Arena? Hier warten wir auf Rückmeldung vom Landesdenkmalamt.
Derzeit spielen die Profis in Neu-Ulm. Das ist unbefriedigend.
Das betrifft jetzt den Volleyball. Gleichzeitig hat der Volleyball auch ein Training in der Messe und eine Zwischenlösung gefunden. Das ist alles nicht optimal, ich weiß das. Auch beim Schulsport, beim Vereinssport, was die ganzen Ehrenamtlichen betrifft, das ist auch nicht optimal. Aber es gibt halt für die ZF-Arena keine kurz- und mittelfristige Lösung. Da geht es um die Dachkonstruktion, um das Tragwerk, auch um die Fassade. Das ist ein relativ komplexes System.
Das heißt, es geht weiter mit Zwischenlösungen?
Das heißt, wir brauchen jetzt die kurzfristigen Lösungen. Es gibt auch Überlegungen für sogenannte Traglufthallen.
Was ist das?
Eine Halle, die Sie temporär aufstellen.
… die irgendwo im Stadtgebiet aufgestellt würde?
Das ist die Idee. Wir prüfen derzeit mögliche Standorte.
Sanierungsstau Schulen: Im Haushalt ist recht wenig Geld für große Baumaßnahmen hinterlegt. Ist da irgendwas in Planung?
Ich habe mir auch angeschaut, was da aktuell läuft und was wir gemacht haben. Da sind durchaus Mittel in den einzelnen Schulen zur Verfügung gestellt. Beispielsweise haben wir jetzt in der Dezember-Sitzungsrunde die naturwissenschaftlichen Räume im Schulzentrum in Ailingen mit drauf auf der Agenda.
Aber um die gesamten Schulen mal wirklich ordentlich zu sanieren, dafür ist doch zu wenig im Haushalt.
Das ist am Ende eine Abwägungsfrage, die der Gemeinderat trifft. Wir können verwaltungsseitig vorschlagen, was auf der Agenda steht. Wir haben zum Beispiel auch bei den Sporthallen eine sehr umfassende Liste und eine Bewertungsmatrix, wo wir sagen, dieses oder jenes hat aus unserer Sicht Priorität. Aber was dann am Ende der Gemeinderat im Haushaltsverfahren entscheidet, ist eben Sache des Gemeinderats.
Braucht Friedrichshafen einen Flughafen?
Der Gemeinderat hat der Flughafengesellschaft die entsprechenden Perspektiven gegeben, hat die notwendigen Beschlüsse gefasst. Und jetzt ist es an der Flughafen-Geschäftsführung, aus diesen Möglichkeiten das Mögliche zu machen.
Das beantwortet die Frage nicht.
Aber das ist Stand der Beschlussfassung.
Aber Ihrer Meinung nach? Braucht Friedrichshafen einen Flughafen?
Der Flughafen ist natürlich für die Region auch eine wichtige infrastrukturelle Einrichtung.
Ist er ökologisch unsinnig?
Die Frage kann und werde ich so nicht beantworten. Das wäre unseriös.
Anders gefragt: Wann wird Friedrichshafen klimaneutral?
Das ist eine Frage, die wir auch in der Beschlussfassung zum Klimabudget drin hatten. Wo wir gesagt haben: Um diese Frage wiederum seriös beantworten zu können, brauchen wir noch ein bisschen Zeit.
Wie lange?
Es ist vorgesehen, das bis zur Sommerpause nächsten Jahres zu erarbeiten. Zu sagen: Wie kann die Stadt klimaneutral werden, und wen braucht es dazu? Die Stadt selbst hat nur ein begrenztes Potenzial hat an Möglichkeiten, es kommt auch maßgeblich auf Privathaushalte und Unternehmen an. Und das zu ermitteln, wie man diesen Weg gestalten kann und bis wann dieser Weg realistisch erreichbar ist, das ist die Aufgabe, die wir aus dieser Beschlussfassung auch mitgenommen haben. Da werden wir also nächstes Frühjahr, nächsten Sommer darüber sprechen.
Letzte Frage: Wie wohnt eigentlich der Baubürgermeister?
Ich wohne zur Miete in Friedrichshafen.