Oberbürgermeister Andreas Brand ist auf dem Papier wohl einer der reichsten Bürgermeister des Landes. Dank seiner Sitze in zahlreichen Aufsichtsräten erhält er jährlich Vergütungen um die 200.000 Euro. Diese darf er aber nicht für sich behalten, sondern muss den Großteil abführen. Über die konkrete Verwendung der Gelder entscheidet Brand selbst – es muss nur im Sinne der Zeppelin-Stiftung, also gemeinnützig, geschehen. Und so setzte er im Jahr 2020 einen höheren Betrag: 95.200 Euro für Werbung auf einem Zeppelin.

Oberbürgermeister Andreas Brand
Oberbürgermeister Andreas Brand | Bild: Stadt Friedrichshafen

OB kann Geld für wohltätige Zwecke ausgeben

Für mehrere Wochen ab April war daher ein Luftschiff über dem Bodensee unterwegs, später auch noch in Jülich (Nordrhein-Westfalen). Auf dem Zeppelin zu lesen war die Aufschrift „alle für alle“ – ein motivierender Appell während der Pandemie. Die Kosten für die Werbung markieren einen größeren Posten im Budget Brands – auch gemessen an den Einnahmen aus Aufsichtsrats-Tätigkeiten. Im Jahr 2019 erhielt er von ZF Friedrichshafen, Zeppelin GmbH, Zeppelin Systems GmbH, Luftschiffbau Zeppelin GmbH und weiteren Betrieben insgesamt 238.000 Euro. Im Folgejahr war es etwas weniger, Hintergrund ist laut Stadtverwaltung die damals schwächelnde Konjunktur.

Wofür fließen die Gelder? Ausgeschüttet für wohltätige Zwecke wurden im Jahr 2019 noch gut 265.000 Euro. Den größten Einzelposten erhielt dabei die Gewerkschaft IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben mit 20.000 Euro. Zweitgrößter Einzelposten war die Förderung des Vereins St.-Georgs-Kapelle Friedrichshafen mit 18.000 Euro. Es gab aber auch kleinere Zahlungen: So erhielt etwa der Tennisclub Kluftern 250 Euro.

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Über 95.000 Euro für Zeppelin-Branding

In der Übersicht für die Mittelverwendung aus Aufsichtsratsgeldern im Jahr 2020 tauchen dann zwei Posten mit weitaus höheren Summen auf: „Zeppelinflüge, Corona, u. Branding“ mit 60.095 Euro und darunter „Zeppelinflug, Corona“ mit weiteren 35.105 Euro. Zusammengerechnet ergibt dies 95.200 Euro – und damit mehr als die Hälfte aller ausgeschütteten Gelder im Jahr 2020.

Die Stadt Friedrichshafen betont, dass die Werbung zum Selbstkostenpreis der Zeppelin-Reederei erfolgt sei. Gewinne oder Verluste habe das Unternehmen, mittelbar eine Tochter der stadteigenen Zeppelin-Stiftung, demnach keine gemacht.

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Doch hätten die 95.200 Euro nicht besser investiert werden können? Etwa für Kreative, Kulturschaffende, überlastete Pfleger, Lehrer, Kinder oder Eltern? Diese Frage stellte der SÜDKURIER Oberbürgermeister Andreas Brand.

Oberbürgermeister bezieht Position

Dieser antwortet: „Zu Beginn der Pandemie war für niemanden absehbar, wie diese weiter verlaufen würde – auch für uns nicht. Das Branding des Zeppelins mit #allefüralle sollte als Motivation dienen, die für uns alle neuen und einschneidenden Regeln einzuhalten, uns gegenseitig zu unterstützen und zu helfen – im Sinne des Gesundheitsschutzes aller.“

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Dennoch bleibt die Frage, warum nicht konkret Betroffene unterstützt worden sind. Hier argumentiert Brand: „Eine pauschale Ausschüttung, etwa an bestimmte Berufs- oder Zielgruppen, ist mit den Vorgaben für die Verwendung der Mittel entsprechend der Zeppelin-Stiftung nicht vereinbar.“ Grundlage für jede Aufwendung müsse ein konkreter gemeinnütziger und mildtätiger Zweck sein. Das bedeutet: Ein entsprechendes förderfähiges Projekt oder eine Initiative hat es demnach nicht gegeben.

Hinzu komme, so Andreas Brand weiter, dass 2020 geringere Aufwendungen aus Aufsichtsratsmitteln möglich gewesen seien, als in den Jahren zuvor. „Aufgrund der Pandemie gab es weniger Anfragen auf Unterstützung, etwa für bestimmte Projekte aus dem Bereich Kultur und Soziales.“ Zudem habe es keine entsprechenden Anlässe gegeben, wie etwa Jubiläumsfeiern oder Feierlichkeiten von Vereinen oder gemeinnützigen Institutionen, die man hätte fördern können. Brand geht davon aus, dass es künftig wieder mehr Gelegenheiten gibt, die er mit Mitteln aus den Aufsichtsratsgelder unterstützen kann.

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