Die Hilfsbereitschaft der Menschen ist groß: Häflerinnen und Häfler haben der Stadtverwaltung inzwischen mehr als 70 Gästezimmer, kurzfristig freie Wohnungen und Ferienwohnungen gemeldet, um Menschen aus der Ukraine ein Dach über dem Kopf zu geben. So konnten Geflüchtete bislang immer direkt – oder nach einem kurzen Aufenthalt in einer städtischen Unterkunft – privat untergebracht werden.

Der Eingangsbereich des ehemaligen Hotels.
Der Eingangsbereich des ehemaligen Hotels. | Bild: Fabiane Wieland

Ab sofort kann die Stadt auch ein ehemaliges Hotel als Unterkunft für Geflüchtete nutzen. „Das Angebot kam genau zur richtigen Zeit und hilft uns, aber vor allem den Menschen sehr“, sagte Oberbürgermeister Andreas Brand am Montag bei einem Pressetermin im ehemaligen Hotel Goldener Hirsch in der Charlottenstraße. Das Gebäude mit 67 Doppelzimmern steht ab sofort zur Verfügung und bietet Platz für bis zu 140 Menschen.

Blick in eines der Doppelzimmer.
Blick in eines der Doppelzimmer. | Bild: Fabiane Wieland

„Nach dem brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine brauchen die Menschen hier jetzt vor allem eine Unterkunft und das Gefühl von Sicherheit“, so der Oberbürgermeister. Unter den Geflüchteten, die nach Friedrichshafen kommen, seien viele Frauen und Kinder. Bis Montagmorgen wurden bei der Stadt 177 Geflüchtete aus der Ukraine registriert, darunter 37 Kinder unter zehn Jahren und 47 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, und täglich werden es mehr.

Private Kapazitäten in der Regel zeitlich begrenzt

Die aktuelle Situation unterscheide sich deutlich von 2015, betonte Brand auch: „Damals ist das Verfahren zentral gesteuert worden, die Menschen kamen über die Landeserstaufnahmestellen. Jetzt kommen die Menschen meist über private Kontakte zu uns.“ Wenn jetzt weitere Busse mit Menschen aus der Kriegsregion den Bodensee erreichen, dann habe man mit dem Goldenen Hirschen ein weiteres Standbein für die Unterbringung von Geflüchteten, denn private Kapazitäten seien in der Regel zeitlich und von der Anzahl begrenzt.

OB Andreas Brand über die Unterkunft Video: Fabiane Wieland

Lorenz Schlechter, Vorstand der Inselbrauerei Lindau, hat das ehemalige Hotel der Stadt als Unterkunft angeboten. „Mir geht es derzeit wie vielen anderen Menschen, ich sehe abends diese schrecklichen Bilder im Fernsehen“, sagte Schlechter. Der „Hirschen“ ist seit dem 20. September 2021 geschlossen und es stand eine Neuverpachtung an. Zwar habe man schon gute Gespräche mit Hoteliers aus der Region über eine mögliche Nachfolge geführt, „aber wir Unternehmer haben auch eine Verpflichtung, wenn so etwas Schreckliches passiert“, betonte er.

Lorenz Schlechter über sein Angebot Video: Fabiane Wieland

Die Ausschüsse haben bereits vorberaten, am kommenden Montag muss der Gemeinderat noch sein Okay geben. Offiziell wird die Stadt das Gebäude dann ab dem 1. April anmieten. „Wir haben aber schon jetzt den Schlüssel an die Stadt übergeben, falls rasch eine Unterkunft für weitere Geflüchtete benötigt wird“, so Lorenz Schlechter.

Auch eine voll ausgestattete Küche steht zur Verfügung.
Auch eine voll ausgestattete Küche steht zur Verfügung. | Bild: Fabiane Wieland

Das ehemalige Hotel verfügt neben den komplett ausgestatteten Doppelzimmern über einen Gastraum, eine Küche und Lagerräume. Das Haus sei zudem zentral gelegen und daher gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, so die Verwaltung. Über die Konditionen haben das Rathaus und die Inselbrauerei Verschwiegenheit vereinbart. Die Stadtverwaltung spricht von einem angemessenen Mietzins und OB Brand zudem von „äußerst fairen Bedingungen“. Das Gebäude soll zunächst für drei Jahre angemietet werden, eine Verlängerung ist allerdings denkbar. „Sollte es wider Erwarten nicht so lange benötigt werden, ist das auch kein Problem für uns“, sagte Lorenz Schlecher auch. Dann finde man eine Lösung.

Auf drei Stockwerken bietet die Unterkunft Platz für knapp 140 Menschen.
Auf drei Stockwerken bietet die Unterkunft Platz für knapp 140 Menschen. | Bild: Fabiane Wieland

Die Betreuung wird nach Angaben der Stadt über das Integrationsmanagement gesteuert, auch ehrenamtliche Helfer sollen wieder mit einbezogen werden. Für die Unterkunftsleitung als zentrale Ansprechperson wird im Gebäude ein Büro mit zwei Arbeitsplätzen eingerichtet. Zudem sind zwei hauswirtschaftliche Teilzeitkräfte vorgesehen. Ein Gastronom aus der Stadt hat nach Angaben der Verwaltung ein tägliches Catering auf Spendenbasis zugesagt.

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