Zwei Jahre Corona-Pandemie samt vieler Einschränkungen für die Gastrobranche – und dann kurz vor der Eröffnung das: Unbekannte haben Mitte März das beliebte Ausflugslokal „Zum Schorsch“ am Fischbacher Ufer, unweit des Fildenplatzes, mit Graffitis besprüht. „An diesem Samstagabend war ich noch gegen 23 Uhr unten, da war noch nichts“, erinnert sich Stefan Stärr, der den Biergarten seiner Eltern Christine und Roland Stärr im vergangenen Jahr übernommen hat. Irgendwann in der Nacht sei es dann wohl passiert. Am nächsten Morgen der Anruf. „Also Einbrüche haben wir ja schon öfter erlebt“, sagt Stärr, „aber solche Schmierereien gab es noch nie.“

Hässliche Fratzen, Mittelfinger und Beschimpfungen auf Englisch – richtige Graffiti-Künstler waren da nicht am Werk, sondern Laien. Auch die Schilder wurden beschmiert. „Wahrscheinlich ein Dummer-Jungen-Streich“, sagt Senior Roland Stärr, der Anzeige bei der Polizei erstattet hat. 45 Jahre lang hat er die Gartenwirtschaft mit seiner Frau Christine geführt, die sein Vater Georg Stärr, der legendäre Bodenseereiter der Seegfrörne 1963, aufgebaut hat. Die Polizei bezifferte den Schaden auf rund 3000 Euro – wohl ein Versicherungsfall. Bis heute wurden die Täter nicht gefasst.

Für die Stärrs kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Die Saison beginnt in vier Wochen, bis dahin muss alles blitzeblank sein. Ein Maler hat die hässlichen Schmierereien längst überstrichen, die Schilder werden neu beklebt. Jetzt strahlt der Holzkiosk wieder in sattem Grün – ganz so, wie es die Gäste gewohnt sind. „Am Karfreitag geht es los“, sagt Stefan Stärr. Es wäre das erste Mal, dass der neue Geschäftsführer pünktlich in die Saison starten kann, denn in den vergangenen beiden Jahre hat es wegen den Lockdowns nicht geklappt wie gewohnt am Karfreitag um 11 Uhr zu öffnen.
Ein Sommerabend ohne Arbeit? Für die Stärrs undenkbar
„Wir freuen uns richtig auf eine normale Saison“, sagt auch seine Mutter Christine Stärr, die gute Seele des Stärr-Schorsch. Seit 45 Jahren ist die Fränkin mit Roland Stärr verheiratet – und damit auch mit dem Biergarten. „Für uns gab es noch nie einen lauen Sommerabend ohne Arbeit“, sagt die 66-Jährige und lacht. Sieben Tage die Woche hat der Biergarten in der Saison von Ostern bis Mitte Oktober geöffnet – von mittags bis abends um 22 Uhr. Da bleibt nicht viel Zeit für Freizeit, Freunde oder gar Ferien.

Die Gäste danken es den Stärrs, denn die kommen teilweise schon genauso lang in den Fischbacher Biergarten wie die Familie selbst. „Es gibt Gäste, die kamen als Babys zum ersten Mal und sind schon selbst jetzt Großeltern“, so die Senior-Chefin. Auch wenn sie selbst ihr eigenes Oma-Dasein sehr genießt, ganz ohne sie geht es im Stärr-Schorsch noch nicht. „Wir unterstützen unseren Sohn, wo wir nur können – solange er das will“, erklärt die gelernte Hotelfachfrau.
Das Konzept? Das bleibt, wie es ist
Nur an einem – da wird nicht gerüttelt: Das Konzept, das bleibt, wie es ist. In der Gartenwirtschaft gibt es die kühle Halbe, das leckere Viertele und die prickelnde Cola. Auch einen Kaffee kriegt man dort und ein Stückchen Kuchen dazu. Außerdem Eis aus der Truhe – und Wiener Würstchen aus dem Kochtopf – alles in Selbstbedienung. Ausgefallene Cocktails und Longdrinks, schickes Fingerfood oder deftiges Schnitzel – das gibt es hier nicht. „Warum etwas ändern, was sich bewährt hat?“, fragt Stefan Stärr. Eine rhetorische Frage, denn eigentlich fahren hier alle gut mit dem ungezwungenen, schlichten Konzept.
„Schickimicki gibt es hier am See doch schon oft genug.“Christine Stärr, Senior-Wirtin des Stärr-Schorsch
„Also Schickimicki gibt es hier am See doch schon oft genug“, sagt Christine Stärr, „die Leute wollen in alter Tradition ihr Bier am See trinken – und genau das bekommen sie hier.“ Christine Stärr, Gastwirtin mit Leib und Seele, führt auch einen ganz praktischen Grund auf: Der Stärr-Schorsch besteht lediglich aus dem kleinen Kiosk, eine Küche gibt es nicht – und eine Speisezubereitung ist damit schon rein gesetzlich ausgeschlossen. „Die Gäste mit Hunger schicken wir zu einer der vier Gaststätten in der Umgebung in ein paar hundert Metern Entfernung“, so die Wirtin, „und wenn die noch gemütlich am See bei einem Bier hocken wollen, empfehlen die uns. Es ist ein Geben und Nehmen in Fischbach.“
Immer wieder kommen an diesem sonnigen Märztag Spaziergänger vorbei, fragen, ob es schon ein Bier oder einen Kaffee gibt. „Eröffnung am Karfreitag“, sagen die Stärrs dann wie aus einem Munde. Es scheint, als könnten alle nach dieser kräftezehrenden Pandemie den Frühling und die damit verbundene Biergarten-Zeit kaum erwarten – Gäste wie Gastgeber.
Noch ein paar Wochen Geduld
Ein paar Wochen ist noch Geduld gefragt, denn bis zur Eröffnung gibt es noch viel zu tun. Bald wird geputzt, bestuhlt, der Bierlaster und Eiswagen kommen vorbei. „Gut eine Woche sind wir schon alle beschäftigt“, erklärt Christine Stärr, die im Inneren des Kiosks klar Schiff macht, während ihr Mann die Außenanlagen säubert. Sie hoffen auf eine weitestgehend normale Saison – ohne Registrierungen, Maskenpflicht, Plexiglas und Abstandsbestuhlung. „Es gab schon Diskussionen mit Gästen, die wir uns gern erspart hätten“, erinnert sich Roland Stärr, „aber irgendwie haben wir auch das alles hingekriegt.“
Weitermachen, auch wenn es mal harte Zeiten gibt – diesem Motto ist Familie Stärr sich treu geblieben. Nur eins, das wird sich doch ändern in Zukunft. „Wir haben uns gegen die Einbrüche bereits vor längerer Zeit mit einer gut verriegelten Panzerstahltür und eine Stahlabdeckung vor der Scheibe gerüstet“, berichtet Stefan Stärr, „jetzt wird gegen den Vandalismus noch eine Videokamera hinzukommen.“ Man muss sich schließlich zu wehren wissen.