Jetzt ist die „Landshut“ wirklich da: Seit sieben Jahren lagern Rumpf, Flügel Leitwerk und weitere Teile zwar schon im Hangar 44 am Flughafen Friedrichshafen. Seit Dienstag, 22. Oktober, 11.26 Uhr, steht das Wrack am künftigen Ausstellungsort in der Halle Q am Flughafen. War es vor sieben Jahren noch eine große Menschenmasse, die die Überführung per Riesenfrachtmaschine live vor Ort verfolgte, fand nun die letzte Reise von 450 Metern innerhalb des Flughafens in aller Stille statt.
Zwölf Grad, grauer Himmel und ein paar Regentropfen. Es sind nicht viele Neugierige, die an diesem Morgen den Weg auf den Kiesparkplatz am Rand des Flughafens gefunden haben. Irgendwann zwischen 10 und 11 Uhr, so die Ankündigung, soll der Rumpf der „Landshut“ hier zu sehen sein.

Helmut Knecht aus Tettnang ist einer der Ersten, der schon um 9 Uhr Position am Stacheldraht-bewehrten Bauzaun bezieht. Er will auf keinen Fall die „Landshut“ verpassen. Der 77-Jährige arbeitete 25 Jahre lang bei Dornier und ist schon lange in Rente, aber Flugzeuge lassen ihn nicht los. „Ich bin immer noch kerosinverseucht“, sagt er und lacht. Selbstredend war er auch vor sieben Jahren vor Ort, als die Antonov mit dem Wrack im Frachtraum einschwebte. Nun will er die letzte Reise der „Landshut“ sehen, und wenn es nur ein paar Minuten dauert. Gegen 9.30 Uhr fährt ein Lastwagen mit Leitwerkteilen vorbei, Helmut Knecht macht erste Fotos.

Es ist kurz nach 10 Uhr. Ein gutes Dutzend Menschen sind am Zaun versammelt, die meisten davon Journalisten. Alle warten, jedes Geräusch aus Richtung Hangar 44 wird als Startsignal gedeutet. Aber es passiert erst einmal nichts.
Nachricht an einstigen Co-Piloten
Helmut Knecht schreibt inzwischen eine Nachricht an Jürgen Vietor. Dieser war einst Co-Pilot der von einem palästinensischen Terrorkommando entführten Lufthansa-Maschine und musste diese fliegen, nachdem die Terroristen Flugkapitän Jürgen Schumann am 13. Oktober 1977 erschossen hatten. Viele Jahre später lernten sich die beiden Männer kennen, als es darum ging, was mit der „Landshut“ geschehen sollte.
Symbol für Terror und wehrhafte Demokratie
„Ich finde es gut und richtig, dass die Landshut in Friedrichshafen ausgestellt wird“, sagt Helmut Knecht. „Es ist wichtig, dass an die Zeit erinnert wird.“ 1977: Das sind der „Deutsche Herbst, Terror der RAF, Bombenanschläge und Morde – und wie Demokratie und Staat sich zur Wehr setzen.
Barbara Wagner steht auch am Bauzaun und wartet. Die 58-Jährige kam 2018 nach Friedrichshafen wegen der „Landshut“ – als kuratorische Projektleiterin fürs Dornier-Museum. Daraus wurde bekanntlich nichts. Sie erinnert sich noch gut an die Fernsehbilder von 1977, damals war sie elf Jahre alt.

Konservieren, aber nicht restaurieren
Auch für Barbara Wagner steht fest: Die „Landshut“ muss den Menschen gezeigt werden. Und zwar so, wie sie jetzt ist. „Sie in den Ursprungszustand zurückversetzen, das geht nicht.“ Sonst würde sie „zur reinen Filmkulisse.“ Eine Auffassung, die auch die Projektverantwortlichen der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) teilen. Der Flieger soll konserviert, aber nicht restauriert werden.
30-Meter-Koloss am Schlepphaken
11.02 Uhr, eigentlich sollte die Aktion schon über die Bühne sein. Ein kariert-lackiertes Lotsenfahrzeug taucht auf. Dann endlich, dahinter: die „Landshut“ – oder besser, deren Rumpf. Denn die Flügel und Leitwerk sind abmontiert. Ein ziemlich kleiner Gabelstapler hat den 14,5-Tonnen-Koloss angehängt und zieht das Wrack in Richtung Halle Q in rund 450 Meter Entfernung.
Die Zaungäste fotografieren und filmen, wie das 30,53 Meter lange Wrack in Schrittgeschwindigkeit vorbeigefahren wird. Festgezurrt auf Rollenelementen, hat der Rumpf die Anmutung einer großen Zigarre – und erinnert entfernt an die Form eines Zeppelins. Dieser ist gerade in Sichtweite abgehoben.

Um 11.26 Uhr ist es dann soweit: Die „Landshut“ hat ihre letzte Reise gut überstanden und ist in der künftigen Ausstellungshalle zum Stehen gekommen. „Das ist ein großer Tag“, sagt Norbert Zeller beim Blick auf den Rumpf. Der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete zählt ebenso wie Ex-Landrat Lothar Wölfle und der Häfler Alt-OB und Ex-Wirtschaftsminister Martin Herzog, 88, zum Unterstützerkreis für ein „Landshut“-Museum und einen Lernort in Friedrichshafen. „Ich habe eine große Sympathie für gute Sachen“, sagt Herzog, und spricht von einem „Herzensanliegen“.

Träger aus der Region erwünscht
Auf 15 Jahre ist die Finanzierung des Landshut-Museums als „Demokratieraum“ durch den Bund gesichert. Es geht aber auch darum, wer als Träger mit ins Boot kommt. Ex-Landrat Wölfle bringt an der Stelle das Land, den Bodenseekreis und die Stadt Friedrichshafen ins Spiel. Auch Lisa Philippen-Burdich, Co-Leiterin der BPB-Projektgruppe Interdisziplinäre Bildung und Vermittlung Landshut, sieht die Beteiligung lokaler und regionaler Akteure als „große Chance“.

Der Biberacher SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster (SPD), ebenfalls ein großer Fürsprecher des Vorhabens, spricht von der „Landshut“ als Zeitzeuge der Geschichte und Mahnmal für eine wehrhafte Demokratie. 2027 jährt sich das Geschehen zum 50. Mal, wirft er einen Blick nach vorne. „Da wäre dies ein guter Ort für eine Gedenkveranstaltung der Bundesregierung.“