Von Fischbach bis Hagnau kann es mit dem Auto zurzeit leicht eine halbe Stunde dauern. Auf den vier Spuren der B 31-neu durch Friedrichshafen fließt der Verkehr mit bis zu 120 Stundenkilometern – und staut sich dann vor Tempo 30 und Ampel in Hagnau. Manche allerdings umfahren den Engpass und biegen vorher in Richtung Kippenhausen und Ittendorf ab. Die Folge: die Ortsdurchfahrt von Kippenhausen und die schmalen Wege im Hinterland werden zu Trassen für den Durchgangsverkehr – mit widrigen Folgen für die Anwohner.
Im Ortskern von Kippenhausen gilt Tempo 30 – eigentlich. Mesnerin Rosa Siebenhaller muss die Straße zur Kirche oft mehrmals am Tag queren. „Es ist gefährlich geworden, über die Straße zu gehen“, berichtet sie. „Wenn weniger Verkehr ist, fahren sie deutlich schneller als 30. Wegen des Straßenlärms sitzt sie nicht mehr gern auf ihrer Terrasse, im Haus verschließt sie Türen und Fenster. „In den letzten Wochen hat der Verkehr den ganzen Tag über stark zugenommen. Es sind viele Ortsfremde unterwegs und auch viele LKW.“

„Der Feldweg nach Frenkenbach ist zur Rennstrecke geworden“
Auch Landwirt und Ortschaftsrat Martin Gomeringer beobachtet eine Zunahme des Verkehrs zwischen Kippenhausen und Ittendorf. „Mir begegnet der Durchgangsverkehr selbst auf land- und forstwirtschaftlichen Betriebswegen, der Feldweg nach Frenkenbach ist zur Rennstrecke geworden“, sagt er. Das sei nicht nur für ihn als Landwirt hinderlich, sondern auch riskant für die Menschen, die die Wege mit dem Fahrrad oder zu Fuß zur Naherholung nutzen. „Da gibt es massive Interessenskonflikte zwischen Stauumfahrern und Landbewohnern“, sagt er.
Er hat befürchtet, dass die Öffnung der B 31-neu durch Friedrichshafen diese Folgen haben würde und sieht sich bestätigt: „Der Verkehr nimmt zu und kommt schneller hier an.“ Seiner Ansicht nach braucht die Region daher eine leistungsfähige Straße. „Aber die Planung muss Rücksicht auf die wertvolle Landschaft nehmen und darf nicht zu viel Fläche verbrauchen“, sagt er.

Auch für Ortsvorsteher Martin Frank hat die Verkehrsituation in und um Kippenhausen mit dem neuen Teilstück der B 31 zu tun. „Die Leute freuen sich, wenn sie in Friedrichshafen 120 fahren dürfen und auf einmal stehen sie bei Airbus im Stau – Insider fahren dann Richtung Ferienwohnpark oder Kippenhausen ab“, sagt er.
Er teilt die Sorgen der Anwohner: „Die Straße ist schmal und nicht gut einsehbar, Radfahrer, landwirtschaftlicher Verkehr und Autos müssen sie sich teilen. Bei überhöhter Geschwindigkeit kann es schnell zu gefährlichen Situationen kommen.“ Dabei hat er auch die Kinder im Blick, deren Schulbus hinter einer Straßenecke hält. Der Kindergarten ist ebenfalls nicht weit.
„Mein Ziel ist, dass das Landratsamt hier einen festen Blitzer einrichtet.“Martin Frank, Ortsvorsteher in Kippenhausen
„Wer hier entlangfährt, soll sich an das Tempo 30 halten und auf den kleinen Straßen hinter Kippenhausen mit angemessener Geschwindigkeit fahren“, sagt Frank. Er weiß allerdings aus eigener Erfahrung: Wer sich an die Geschwindigkeitsbeschränkungen hält, braucht mit dem Umweg über Kippenhausen genausolang wie im stockenden Verkehr vor Hagnau.

„Mein Ziel ist, dass das Landratsamt hier einen festen Blitzer einrichtet“, sagt Martin Frank. Diesen Wunsch teilen Rosa Siebenhaller und Martin Gomeringer. „Ich habe beobachtet, dass viele Autofahrer bei dem Geschwindigkeitsanzeiger am Ortsausgang Richtung Immenstaad kurz bremsen“, sagt Siebenhaller. Gomeringer wünscht sich im Hinterland mehr Verkehrsüberwachung. „Auch die landwirtschaftlichen Wege sollten häufiger kontrolliert werden“, meint er.
„Als Ausweichstrecke eigentlich nicht sehr attraktiv“
Im Landratsamt ist schon lange bekannt, dass die Kreisstraße 7782 zwischen Kippenhausen und Ittendorf im Fall von Stauungen vor Hagnau als Ausweichstrecke dient. „Dass seit Inbetriebnahme der B 31-neu, Ortsumfahrung Friedrichshafen, der Verkehr in Richtung Überlingen noch gebündelter im Zuge der B 31 vor den Toren Hagnaus ankommt, liegt auf der Hand und war zu erwarten“, führt Sprecher Robert Schwarz aus. Entsprechend nähmen Stauungen zu und auch der Druck auf die vermeintliche Ausweichstrecke.
Diese sei jedoch tonnage- und geschwindigkeitsbeschränkt und für hohe Verkehrsmengen nicht ausgelegt: „Insofern ist die K 7782 als Ausweichstrecke eigentlich nicht sehr attraktiv. Unserer Einschätzung nach wird sie vor allem von Ortskundigen als solche genutzt.“ Belastbare Zahlen zu einer Erhöhung der Verkehrsmengen auf der Strecke liegen dem Amt jedoch nicht vor. Nachhaltige Abhilfe schaffe nur die in Planung befindliche B 31-neu zwischen Meersburg und Immenstaad.
Das Landratsamt und die Stadt Friedrichshafen führten in der Gegend regelmäßig Geschwindigkeitsmessungen durch. „Verkehrsrechtliche Maßnahmen im Bereich der Gemarkung der Stadt Markdorf sind aktuell nicht vorgesehen“, schreibt Schwarz. Die Thematik solle im Rahmen der nächsten Verkehrsschau erörtert werden.