In 13 Wochen ist Stadtfest – vom 12. bis 14. Juni. Bis dahin, so hoffen die Verantwortlichen, arbeitet die Zeit für sie und Veranstaltungen können wieder stattfinden – so wie die geplante Musical-Aufführung in der Stadthalle. Dieses Mal wird es das Stück „Annie“, der Broadway-Erfolg von 1977, der auf einem Comic beruht – „Little Orphan Annie“ von Harold Gray. Und wieder sind es Margit Koch-Nedela und Wilfrid Klöck, die die Aufführung leiten, Koch-Nedela den musikalischen Part, Klöck die schauspielerische Seite. Unterstützt werden die beiden von Reinhard Nedela, der die aufwendige Logistik steuert. Einmal mehr lenkt Bianca Kummer die Choreografie. Sie hat bereits 2018 den „Zauberer von Oss“ und 2016, ebenfalls mit Koch-Nedela und Klöck, das „Joseph-Musical“ mitinszeniert.

Nur ein kleiner Teil von jenen 50, die bei „Annie“ mitmachen: Sie proben derzeit für das Musical, das am Stadtfestwochenende ...
Nur ein kleiner Teil von jenen 50, die bei „Annie“ mitmachen: Sie proben derzeit für das Musical, das am Stadtfestwochenende aufgeführt werden soll. | Bild: Jörg Büsche

Macher hoffen das Beste

„Wir sind zuversichtlich“, sagt Margit Koch-Nedela. Ohne einen ansteckenden Optimismus gehe auf der Bühne gar nichts. Noch hoffen die Musical-Macher. Scheinbar haben es auch die Mitwirkenden bisher so gehalten. Wegbleiben war bei den letzten Proben noch keine Option. Zur Not – und solange keine einschneidenderen Auflagen angeordnet sind, müsse die Probenarbeit entzerrt werden. Alle 50 Mitwirkenden erschienen vorläufig ohnehin nicht auf einmal bei den Szenen-Proben.

Carina Spießmacher: „Die Arbeit am Musical macht einen Riesen-Spaß. Wir sind ein gutes Team. Und mir gefällt meine Rolle als ...
Carina Spießmacher: „Die Arbeit am Musical macht einen Riesen-Spaß. Wir sind ein gutes Team. Und mir gefällt meine Rolle als Annie.“ | Bild: Jörg Büsche

Strenge Auflagen für Proben wegen Corona

Derzeit laufen die Proben unter strengen Auflagen, der SÜDKURIER war dabei. Kinder an Nähmaschinen, eine mal blaffende, mal Trillerpfeife schrillende Aufsicht. Nein, hier ist kein fernöstliches Billigproduktions-Verlies. Hier geht es ins Herz von New York, doch nicht das New York der Gegenwart, sondern das der „Great Depression“, der Wirtschafskrise zu Beginn der 1930er Jahre. Wir stehen in einem Waisenhaus, in dem eine so geizige wie gemeine Leiterin die ihr vom Jugendamt anvertrauten Kinder ausbeutet. So will es das Textbuch, so zeigt es die Probe im Obergeschoss des Musikschulgebäudes. Freilich bläst Miss Hannigan, die fiese Waisenhaus-Leiterin, noch nicht in die Trillerpfeife. Paula Stützenberger, die den Anstaltsdrachen spielt, flötet mit den Lippen. Auch fläzt sie noch nicht im Schaukelstuhl – der kommt erst noch. So wie die Nähmaschinen für die Waisenhaus-Kinder.

„Ich bin jetzt schon beim sechsten Stadtfest-Musical mit dabei. Einfach weil ich gerne singe, tanze, auf der Bühne stehe“, ...
„Ich bin jetzt schon beim sechsten Stadtfest-Musical mit dabei. Einfach weil ich gerne singe, tanze, auf der Bühne stehe“, sagt Linda Staerke. | Bild: Jörg Büsche

„Hier und hier und dort soll eine stehen“, erklärt Winfried Klöck, wo die Maschinen hinkommen. Das Bühnenbild arrangiert er rasch mithilfe einiger Musikschul-Stühle. Und die Kinder setzt er so, dass sie dann am endgültigen Spielort, der Stadthalle, vom Publikum möglichst gut gesehen werden können. Solche Dinge regelt Regisseur Klöck quasi nebenbei. Hier bestätigt sich, was Margit Koch-Nedela an ihrem Lieblings-Regisseur besonders schätzt. „Er ist immer top vorbereitet, hat alles im Kopf – und kann dann mit den Details spielen.“

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Paula Stützenberger spielt Miss Hannigan

Details wie zum Beispiel jenen Läusen, die Paula Stützenberger alias Miss Hannigan einem der ihr anvertrauten Mädchen vom Kopf liest. Wilfried Klöck will mehr als eine rasche Bewegung. Er will Suchen. Er will Finden, Betrachten, angewidertes Fortschütteln und schließlich noch den tödlichen Schlag mit der Zeitung. Nicht auf das Mädchen, sondern auf die Laus. Am Ende, nach wiederholtem Durchgang. überzeugt Miss Hannigan mit ihrem ekeligen Geschäft. Und Regisseur Klöck schmunzelt zufrieden.

Dieser Wutausbruch ist nicht echt, Regisseur Wilfried Klöck spielt ihn nur. Margit Koch-Nedela (rechts) kann also ganz beruhigt sein.
Dieser Wutausbruch ist nicht echt, Regisseur Wilfried Klöck spielt ihn nur. Margit Koch-Nedela (rechts) kann also ganz beruhigt sein. | Bild: Jörg Büsche

Rund 50 Mitwirkende auf der Bühne

„Das Musical ist schon eine ziemliche Herausforderung“, räumt Margit Koch-Nedela ein. Die Musik sei zwar überaus eingängig, aber recht anspruchsvoll, nicht einfach zu singen. Hinzu komme die schiere Masse. Rund 50 Mitwirkende stehen am Stadtfestwochenende auf der Bühne. „Ich musste meine Markdorfer und meine Salemer Chöre heranziehen.“ Herangezogen beziehungsweise zum Mitspielen überredet hat die musikalische Leiterin auch fünf Markdorfer Herren. Im Musical stellen sie die Minister dar, die Präsident Roosevelt beim New Deal beraten. Es seien bekannte Gesichter aus der Stadt, deren Namen Koch-Nedela jedoch noch nicht verraten will.

„Natürlich beanspruchen die Proben fürs Musical sehr viel Zeit. Aber wir machen das gerne, weil‘s großen Spaß macht. Und ich ...
„Natürlich beanspruchen die Proben fürs Musical sehr viel Zeit. Aber wir machen das gerne, weil‘s großen Spaß macht. Und ich darf endlich mal eine Böse spielen“, sagt Paula Stützenberger. | Bild: Jörg Büsche

Alle Altersgruppen ansprechen

Ein reiner Bühnen-Gag sei das nicht. Wie Regisseur Klöck erklärt, wollte er kein „Kinderstück inszenieren, bei dem die Erwachsenen von Mädchen und Buben gespielt werden“. Klöcks Anspruch ist stets, alle Altersgruppen anzusprechen. Insofern besetzt er immer altersgemäß. Und noch etwas war ihm wichtig: „Eigentlich zwei Dinge“, erklärt Klöck, „ich will auf keinen Fall Kitsch“ – weder rührselige Waisenhaus- noch anrührende Adoptions-Szenen. Und Klöck will kein Bildungs-Musiktheater. Die Weltwirtschaftskrise sei der Hintergrund von Annie. Zeitkolorit begegne, doch was gezeigt wird, solle jeder verstehen. Ob mit oder ohne Vorwissen. Und den Bezug zur Gegenwart leuchte auch jedem ein. Vielleicht das dritte Anliegen des Regisseurs bei „Annie“.

Carina Kessler: „Ganz leicht ist die Musik des Musicals tatsächlich nicht. Ich finde sie anspruchsvoll zu singen. Aber sie ist ...
Carina Kessler: „Ganz leicht ist die Musik des Musicals tatsächlich nicht. Ich finde sie anspruchsvoll zu singen. Aber sie ist einfach toll. Sie reißt einen mit.“ | Bild: Jörg Büsche