Stadtarchivar Walter Hutter erforscht die Geschichte der NS-Funktionäre aus der Region. Und er hat die Spuren jener „Täter, Helfer, Trittbrettfahrer“ weiterverfolgt, denen er bereits vor vier Jahren nachgegangen ist. Damals, in seinem Aufsatz über Gustav Robert Oexle, der zunächst Kreisleiter in Überlingen war, dann NSDAP-Gebietsinspektor, Land- und Reichstagsabgeordneter und schließlich Sonderbeauftragter im Stab des Führerstellvertreters Rudolf Hess. Hutter, Archivar im Markdorfer Rathaus, hat nun ein neues Buch vorgelegt. Es heißt „Stützpfeiler der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in der Provinz“.
Er nimmt darin neben Gustav Robert Oexle auch dessen sieben Kreisleiter-Kollegen in den Blick, die in den Jahren von 1930 bis 1945 als sogenannte Hoheitsträger fungierten und denen unterhalb der Gauleiterebene die „Menschenführung“ oblag. Das beinhaltete sowohl die „ideologische Durchdringung der Bevölkerung“ als auch die „propagandistische Mobilisierung der Volksgenossen“.
Schauspielerin Johanna A. Wolf liest Passagen aus Hutters Buch vor
Sein neues Buch wird Walter Hutter am Donnerstag, 13. Februar, 18 Uhr, in Überlingen vorstellen. Bei der Veranstaltung in „Noltes Culture Lounge“ wird auch Landrat Lothar Wölfle dabei sein. Anschließend liest Schauspielerin Johanna A. Wolf einzelne Passagen aus Hutters Buch vor.
Ränke, Intrigen, Vertuschungsversuche
Ob diese Passagen so spannend sind wie das, was Hutter über die Hintergründe seiner Recherchen erzählt? Ränke, Intrigen, Vertuschungsversuche seien ihm begegnet beim Forschen in Archiven und beim Durchlesen privater Aufzeichnungen. Manches bleibe im Dunkeln. Etwa die Motive, die Wilhelm Mensch, erster NS-Bürgermeister in Markdorf, dazu bewogen haben, seinen mit einer Jüdin verheirateten Ratsschreiber Leo Bürkle zu decken. War es Menschlichkeit – oder wollte Mensch nur nicht auf seinen Musikdirektor verzichten? „In dieser Rolle genoss Bürkle sehr großes Ansehen“, sagt Hutter.
Lebensläufe und Machtbefugnisse
Nicht minder spannend sei, was es über die politische Rolle der Kreisleiter zu berichten gebe. Aufschlussreich seien auch die Lebensläufe. „Vier von den acht Überlinger Kreisleitern hatten Abitur, zwei davon einen Hochschulabschluss.“ Macht besaßen die Kreisleiter auch. Sie durften die Gestapo einsetzen. Und „sie wussten ihre Kompetenz geschickt zu erweitern“.