Die Chancen auf einen guten Markdorfer Jahrgang 2020 sind ganz ordentlich. „Vom Wetter her war‘s insgesamt gesehen entspannt“, bilanziert Tobias Keck, Geschäftsführer des Winzervereins Hagnau, dessen Tochterunternehmen die Markdorfer Rebflächen der Wanger Halde bewirtschaftet.
Durch den vielen Regen Ende August saugten sich die Beeren voll, einige platzten. Da bestehe generell die Gefahr, dass Fäulnis entstehe, so Keck. Die Niederschläge verteilt auf mehrere Tage wäre natürlich besser gewesen. „Von der Reife her sind wir nun in der entscheidenden Phase. Das Wetter entscheidet über die Qualität.“ Die Reife werde täglich beobachtet.
Den klassischen Ablauf vor der Lese beschreibt Keck so: „Bei der Rebschau mit rund 30 Winzern werden die Rebstücke genau durchgesehen, der Gesundheitszustand der Trauben wird begutachtet.“ Das Ergebnis der Rebschau werde in der Herbstversammlung allen Winzern bekannt gegeben. „Dann wird je nach Sorte über den Beginn der Weinlese entschieden.“
Nach der Herbstversammlung werde im zwei- oder dreitätigen Rhythmus erneut entschieden, wie es mit der Lese weitergehe, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können. „Stabile Witterung ist für die Qualität vorteilhaft. Am besten kein Regen mehr, Feuchtigkeit sollte schnell abtrocknen, Sonne – das wäre uns am liebsten“, hofft Keck.
Rebmeister Hubert Gutemann ergänzt: „Beim Ruländer und Spätburgunder müssen die grünen Trauben raus, die reifen nicht mehr. Das ist eine der letzten Qualitätsarbeiten vor der Lese.“ Beim Ertrag des Jahrgangs 2020 werde es wohl ein Fünftel weniger sein, als in normalen, guten Jahren wie beispielsweise 2018, schätzt Keck. Damals seien es 9 bis 10 Tonnen pro Hektar gewesen. „Beim Burgunder werden es wohl um die 7 Tonnen pro Hektar sein“, meint Rebmeister Gutemann. „Wenn die gut reifen, gibt‘s eine schöne Qualität.“ In der Wanger Halde habe während der Blütezeit nasskaltes Wetter geherrscht, deshalb die geringeren Erntemengen.

Wie Keck berichtet, hat es Neupflanzungen in der Wanger Halde gegeben: 75 Ar Ruländer sowie 65 Ar Weißburgunder. „2021 werden 65 Ar Müller-Thurgau neu gepflanzt. Den ersten Ertrag gibt‘s nach drei Jahren, Vollertrag erfahrungsgemäß nach fünf, sechs Jahren.“ Der Weißweintrend setze sich bundesweit fort. „Die Kunden verlangen mehr nach Weiß- als nach Rotweinen.“
Keck berichtet von einer Neuheit: „Neu im Programm ist auf vielfachen Wunsch Markdorfer Rosé.“ Leider habe es coronabedingt keine Gelegenheit gegeben, diesen Wein einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen wie beispielsweise beim Markdorer Stadtfest, das abgesagt werden musste.
Der Bermatinger Winzermeister Mathias Dilger führt den Familienbetrieb des Weingutes Dilger in dritter Generation und bewirtschaftet rund 10 Hektar Rebflächen. Er ist er kurz vor der Lese mit letzten Feinarbeiten beschäftigt.

„Vom Wetter her sind wir bisher gut über die Runden gekommen. Im April/Mai haben wir uns wegen der Frostperiode Sorgen gemacht. Aber zum Glück haben wir keine Frostschäden und sind verschont geblieben“, erzählt Dilger.
Einiges Blattwerks muss weg. „Die Blätter schützen vor Regen wie neulich Ende August, als es übers Wochenende rund 75 Liter pro Quadratmeter gegeben hat“, berichtet der Winzermeister. Doch nun vor der Lese gelte es, Blätter wegzuschneiden, damit die Trauben durch die Sonneneinstrahlung noch gut reifen können. „Das gibt mehr Qualität. Außerdem werden die Reihen luftiger, die Trauben trocknen tagsüber besser ab, so vermeidet man Pilzbefall“, erklärt Dilger. Und einen weiteren Aspekt nennt er: Falls es einen Wetterumschwung geben sollte, kann schneller von Hand gewimmelt und auch besser maschinell geerntet werden.

„Idealerweise sollte es bis Ende der Weinlese nicht mehr regnen, jeder Sonnentag bringt Oechslegrade“, blickt Dilger voraus. „Im Vergleich zum langjährigen Mittel sind wir mit der Lese witterungsbedingt dieses Mal so etwa zehn, zwölf Tage früher dran.“
Und wie sieht‘s mit den erhofften Erträgen aus? „Bei Müller-Thurgau, Bacchus und Kerner wird‘s wohl ein normaler Ertrag. Das bedeutet zirka 10 Tonnen pro Hektar“, erklärt der Winzermeister. Das hänge natürlich weiterhin von der Witterung und der jeweiligen Reblage ab. Beim Weiß-, Grau- und Spätburgunder seien die Ertragsaussichten geringer als sonst. „In der Blütezeit Ende Mai/Anfang Juni war kühles, nasskaltes Wetter. Das mögen die Reben gar nicht. Ich schätze, dass da es zwischen 3 und 6 Tonnen je Hektar geben wird.“
Gute Chancen auf Spät- und Auslese
Laut Dilger bestehen – wiederum witterungsbedingt – gute Chancen auf Spät- und Ausleseweine. „Für eine Spätlese beim Rotwein will ich mindestens 95 Grad Oechsle haben“, erklärt der Winzermeister. Bei der Spätlese für Weißwein seien ihm Werte ab 90/91 Grad Oechsle am liebsten. Deutlich höher seien die Vorgaben für die Spätburgunder-Auslese: mindestens 101 Grad Oechsle.
Die Corona-Pandemie bekommt auch Mathias Dilger zu spüren: „Kein Torkelfest, kein Weinfest... Wir Weinbauern, Obstbauern und Landwirte sind froh, wenn die Leute bei heimischen Produkten zugreifen. Hat ja auch einen Umwelteffekt. Kurze Wege und so.“