Lichtblick, Krone, Ambasadorka: Drei Gastwirtschaften waren am Dienstag der Schauplatz für das traditionelle Markdorfer Dreckkübelgschwätz. Sozusagen ein närrisches Bermuda-Dreieck rund ums Untertor: Die Wege waren kurz, und das war gut so, denn die Akteure des rotierenden Kübels wanderten, das Publikum dagegen saß in den Gaststätten. Coronabedingt hatte sich die Historische Narrenzunft Markdorf für dieses Format entschieden: „In der Stadthalle wären die Auflagen zu hoch gewesen“, sagt Vizezunftmeister Hardy Frick: „Die Lokale dagegen können mit G3-Regelung voll belegen.“

Der Dreckkübel selbst als Bütt wäre weder transportabel noch dreifach vorhanden gewesen, so prangte das Original als vergrößerte Fotografie zweidimensional etwa an der Empore der Restauration Lichtblick, von wo aus beide Stockwerke bespielt werden konnten. Moderatoren des Abends gab es drei: Hänselermajor Uwe Schulz im Lichtblick, Büttel Kevin Maraun in der Krone, Michael Bauer im Ambasadorka.
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Einer würdevollen Schweigeminute für die leidenden Menschen im Ukraine-Krieg folgten die Akteure im 45-Minuten-Takt. Im Lichtblick starteten die „3 Mäuse“ Annika Rössler, Conny Rick und Nicola Benz. Unter dem Motto „Nicht nur schön, sondern auch schlau“ nahmen sie als Stadt-, Kirchen- und Obertormaus die Rathaus-Ausquartierung ins Schloss aufs Korn, die Pfarreien-Neugestaltung der Erzdiözese („Unsere Pfarrer werden zu Wanderpredigern!“) und erhoben Friseur Richard Gratwohl zum Mann des Jahres.
Manuela Boll hatte ihre Dreckkübel-Premiere als bissig kichernde Kräuterhexe und gab Tipps für bedrängte Damen und impotente Scheichs. Manfred Weiß brachte nachdenkliche Töne angesichts des Leids, das ein „wahnsinniger Tyrann“ derzeit besonders über die Kinder bringe.
Der Pfarrer als „Macker vom Bau“
Kein Dreckkübel ohne Pfarrer Uli Hund und seine Gitarre. Als „Der Macker vom Bau“ sang er „Südumfahrung“ auf die Melodie von „Mendocino“, über „ewige Baustellen“ wie den Bahnübergang und riet dem derzeitigen Schlossbewohner: „Riedmann, lass das Träumen. Deine Heimat ist nicht hier, sondern bald wieder am Marktplatz. Mit dem Wurststand vor dem Fenster…“

In seiner neuen Rolle als Rentner, auch im wahren Leben, zog Christian Amann vom Leder. Der Bürgermeister bekam es mit der Biotopverbund („Es passt, wenn sich ein Riedmann um Feuchtgebiete kümmert“) genauso ab wie die erfolglosen Bürgermeisterkandidaten („Wir Markdorfer haben dann doch den Ersten Geiger gewählt und nicht den drittklassigen Leihmusiker“).


Der rotierende, gedrittelte Kübel scheint ein Zukunftsmodell zu sein: Aus der Corona-Not geboren zurück in die Wirtshäuser, das sei ein Schritt zurück zu den Wurzeln des Brauchs, findet Vizezunftmeister Hardy Frick. Schließlich sei das Dreckkübelgschwätz vor über 60 Jahren im Gasthaus Schwanen „erfunden“ worden und erst später aus Platzmangel in die Stadthalle gewandert. Die Wirtshaus-Variante sei fast stimmungsvoller, auch wenn die Narrenkapelle für Auf- und Abmarsch der Akteure schon fehle.
Das machten die Besucher vollkommen wett: Sie sangen und klatschten den Narrenmarsch jedes Mal, dass es eine Freude war. Und sie sangen und schunkelten zu den Markdorfer Fasnetshymnen – ganz ohne Kapelle. „Ein wunderbarer Rahmen für eine traditionelle Veranstaltung“, fand Hardy Frick. „Eine richtig heimische Fasnet diesmal. Auch der improvisierte Umzug am Sonntag. Anders, aber wirklich wunderschön.“
Viel Lob für die Not-Variante des Dreckkübels
Auch Lichtblick-Wirt Markus Wiggenhauser strahlte: „Das war jetzt doch einer der schönsten Fasnetsabende, die ich hier drin erlebt habe.“ Wird die Narrenzunft dieses Wirtshaus-Format so beibehalten oder zieht der Dreckkübel wieder zurück in die Stadthalle? „Das wird demnächst wohl besprochen“, so Hardy Frick.