Kein Grundstücksankauf, kein Hausbau ohne erhöhte Energieeffizienz: Alle städtebaulichen Verträge sind in Markdorf künftig ans „KfW-Effizienzhaus-40-plus-Niveau“ gebunden. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Für ihre eigenen Neubauten strebt die Stadt den gleichen Effizienz-Standard an, gibt sich aber schon mit dem niedrigeren 55-Niveau zufrieden. Es sei dies ein Beitrag für den Klimaschutz, heißt es aus der Verwaltung.

Bürgermeister Georg Riedmann sprach von Leidenschaft, UWG-Stadtrat Jonas Alber von Sachlichkeit, außerdem von „gut begründeten Fakten“. Beide bezogen sich auf den Vortrag von Eva Glöggler. Die Sachbearbeiterin im städtischen Bauamt hatte die Beratungsunterlagen zum Thema Neubauten auf KfW-Effizienzhaus-40-plus-Niveau im Gebiet der Stadt Markdorf ausgearbeitet – auf zwölf Seiten.
Besondere Verantwortung von Bauherren
Und sie hat die Kernpunkte ihres Referats im Gemeinderat mündlich dargelegt. Ganz ungewohnt dabei war der appellative Charakter ihres Vortrags. Sie stützte sich auf Artikel 14, Absatz 2 des bundesdeutschen Grundgesetzes. Dort heißt es „Eigentum verpflichtet“. Glöggler zeigte sich noch im Nachhinein überrascht: „Das ist mir so gar nicht klar gewesen“.

Die Bauamtssachbearbeiterin leitete jedenfalls aus dem Grundgesetzartikel eine besondere Verantwortung eines jeden Bauherren, einer jeden Bauherrin her. Sie nahm die Häuslebauer in die Plicht, beim Bauen einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Kontroverse im Gemeinderat: Rechtfertigt der Klimawandel weitere Auflagen für den Hausbau?
Um so mehr sah Glöggler die Bauherrschaften gefordert, als sie mit „enormen Zuschüssen“ rechnen dürfen, wenn sie etwas mehr für Energieeffizienz tun, als ohnehin von ihnen gefordert wird. Dann nämlich fördert die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Bau beziehungsweise den Umbau einer Immobilie mit zinsgünstigen Darlehen.

Und darüber hinaus gewährt die Kreditanstalt Tilgungszuschüsse. So dass die aus Sicht Glögglers per Grundgesetz-Artikel erklärte Pflicht unterm Strich doch keine weiteren Kosten verursachen würde. Ein „Nullsummenspiel“, nannte es Dietmar Bitzenhofer, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler.
Handlungsdruck für Kommunen steigt
Anbetrachts der laut Glöggler inzwischen von niemandem mehr in Abrede gestellten drohenden Klimawandelfolgen sieht die Sachbearbeiterin auch die Kommunen unter Druck. Sie zog die Parallele zur Corona-Pandemie: „Nun heißt es, frühzeitig handeln“, sagte sie. Im Übrigen, so ihr Argument für eine städtisch verordnete erhöhte Effizienzhaus-Pflicht für Markdorfer Baugebiete, „ist ja niemand gezwungen, hier einen Bauplatz zu kaufen“.

Effizienz-Auflage als Entscheidungshilfe
Argumentativen Beistand bekam die Bauamts-Mitarbeiterin von Bürgermeister Riedmann. Im Prinzip sei er zwar gegen jede „Überregulierung“ durch Gesetze. Den Kommunen stehe es kaum an, dort einzugreifen, wo Bund und Land sonst ihre Regelungen treffen.
„Hier liegt aber eine Ausnahme vor, die alle angeht“, befand Riedmann. Die Regulierung im Sinne einer Verpflichtung höherer Energie-Effizienz auf Markdorfer Stadtgebiet sei nur die „Hilfe für die Menschen, gute Entscheidungen zu treffen“.
Eigenheim-Verhinderungspolitik in Markdorf?
Gegen eine solche Verpflichtung verwahrte sich Arnold Holstein von den Freien Wählern. Er sah sich gar an bündnisgrüne „Eigenheim-Verhinderungs-Politik“ erinnert. Zumal alle zusätzlichen Auflagen gerade jungen Familien das Bauen erschwerten. Holstein bezweifelte, dass die gewährten KfW-Zuschüsse den Aufwand für mehr Energieeffizienz endgültig ausgleichen würden.

Noch deutlicher verwahrte sich sein Fraktionskollege Markus Gantert gegen den städtischen Energieeffizienz-Zwang für Bauherren: „Das entspricht nicht meinem Denken.“ Und sein Fraktionskollege Jens Neumann warnte davor, mit zweierlei Maß zu messen. Es könne nicht angehen, dass die Stadt ihren Bürgern eine höhere Effizienz auferlege, als sie bei ihren eigenen Immobilien anlege.
Warnung vor dem „bösen Beton“
Uwe Achilles, Sprecher der SPD-Fraktion, mochte eine „grundsätzliche Verpflichtung so nicht akzeptieren“. Er warnte auch vor ökologischer Einäugigkeit, wenn die Folgen für für Mensch und Umwelt übersehen würden, weil sie sich in der Ferne einstellen.
CDU-Rat Alfons Viellieber fand alle Anreize zum ökologischen Bauen „klasse“. Allerdings sah er insbesondere bei der Verwendung bestimmter Baustoffe – Beton etwa – ein „Riesenproblem“. Am Ende stimmte eine Mehrheit aus UWG und CDU für die Effizienz-Verpflichtung, gegen die Stimmen von FDP, SPD und Freien Wählern. Diese Effizienz-Verpflichtung gilt damit künftig für alle städtischen Grundstücke, die die Stadt an private Bauherren veräußert.