Ruhig geworden ist es in der Biberacherhofstraße, Ecke Hauptstraße: Seit dem Frühjahr sind die dortigen Bauarbeiten mal wieder eingestellt. Noch immer dreht es sich um die fehlende Standsicherheit des Gebäudes Hauptstraße 24, sagt Baurechtsamtsleiter Dominic Warken. Knackpunkt sei eine sogenannte Kommunwand, also eine einst gemeinsame Wand der Häuser Biberacherhofstraße 2 und Hauptstraße 24. Die sei seit dem Abbruch des Hauses Biberacherhofstraße 2 instabil. Bevor sie nicht ertüchtigt werde und dies auch gutachterlich festgestellt sei, werde der Baustopp an dieser Stelle nicht aufgehoben, so der Amtsleiter.

Der Ravensburger Bauträger Betz und Weber Baupartner, der das Haus Biberacherhofstraße 2 abreißen ließ und im dortigen Bereich ein Mehrfamilienhaus hochzieht, sieht allerdings den Eigentümer des Hauses Hauptstraße 24 in der Pflicht, die Wand zu sichern. Denn, so argumentiert man bei dem Unternehmen, die Substanz des Hauses sei bereits vor dem Abriss des Nachbarhauses schlecht gewesen. Zudem habe der Eigentümer von Nr. 24 bereits um 2004 im Eigenbau und nicht fachgerecht ein Treppenhaus eingebaut, für das eine tragende Wand eingerissen worden sei. Dies habe man sich auch gutachterlich bestätigen lassen. Das Baurechtsamt hingegen fordert von Betz und Weber die Ertüchtigung der Wand.

Jede Seite beschuldigt die andere
Die Sachlage ist also kompliziert. Das sagt auch Amtsleiter Warken, der beide Parteien in der Pflicht sieht, sich zu einigen, den Eigentümer von Haus Nr. 24 und den Bauträger. Fakt sei, erst wenn das Gebäude Hauptstraße 24 gesichert sei, könne eine neue Baugenehmigung beantragt werden.

Warken und seine Stellvertreterin Myriam Kaiser, die die Fragen der Redaktion beantworten, weisen jedoch auch darauf hin, dass nur ein Teil des Neubaus von dem Baustopp betroffen sei. Es gehe um einen fünf Meter breiten Streifen im Bereich der künftigen Tiefgaragenzufahrt. An anderen, vom Hauptstraßenhaus 24 weiter entfernten Stellen der Baustelle könnte der Bauträger weiterarbeiten, wenn er wolle, so Kaiser.
Bei Betz und Weber möchte man dazu aktuell keine ausführliche Stellungnahme abgeben. Es sei aber zutreffend, dass die Bauarbeiten vorerst eingestellt seien, sagt Geschäftsführer Alexander Weber auf Anfrage. Der Rohbau des Neubaus sei noch nicht fertiggestellt, es fehlen noch Anbauten und weitere Arbeiten. Wann man die Arbeiten fortsetze, könne er nicht sagen.

Urteil gefällt: So ging das Verfahren am Verwaltungsgericht aus
In der Sache hatte es auch ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen gegeben. Dies sei im April abgeschlossen worden, ein Urteil sei Ende Juni rechtskräftig geworden, sagt Warken. Im Baurechtsamt sei man aktuell dabei, die Beteiligten des Verfahrens anzuschreiben. Bei dem Verfahren sei es um das strittige Thema der Sicherungsmaßnahmen gegangen.

Dies bestätigt Florian Washausen, Richter am VG Sigmaringen und Sprecher des Gerichts. Das Baurechtsamt habe seinerzeit den Abbruch des Gebäudes Hauptstraße 22 gestoppt und zwei Bescheide zur Gefahrenabwehr erlassen, so Washausen. Einen gegen den Bauherren wegen der nördlichen Kommunwand, den anderen gegen den Hauseigentümer wegen der östlichen Hauswand zum Haus Nr. 22 hin. Der Hauseigentümer von Nr. 24 habe daraufhin am VG Klage gegen den Bescheid der Markdorfer Behörde eingereicht. „Das hat erstmal nichts zu tun mit der nördlichen Kommunwand und dem Bauträger“, stellt Washausen klar.
Die Klage gegen das Baurechtsamt sei „zu Teilen erfolgreich“ gewesen, zum größten Teil aber nicht. Kurz gefasst, habe der Hauseigentümer argumentiert, dass er nicht für den schlechten Zustand des Hauses und die fehlende Standsicherheit verantwortlich sei, sondern der Bauträger wegen des Abbruchs des Nachbarhauses.

Amtliche Vorgaben waren zu unklar
Das Baurechtsamt hatte Washausen zufolge zuvor mehrere Sicherungsmaßnahmen für die Ostwand des Hauses Hauptstraße 24 gefordert, darunter sowohl unmittelbare Sofortmaßnahmen als auch dauerhafte Maßnahmen. Das Gericht habe dem Hauseigentümer insofern Recht gegeben, als er die geforderten Sofortmaßnahmen teilweise nun nicht vornehmen muss. Die seien seitens des Baurechtsamtes „zu unklar“ formuliert gewesen, so Washausen.
Aber das Gericht habe auch verfügt, dass der Hauseigentümer die Standsicherheit seines Gebäudes auf Dauer sicherstellen müsse. Dahingehend habe das VG die Klage abgewiesen. Da es in dem Verfahren aber nicht um die ebenfalls geforderten Sicherungsmaßnahmen für die Nordwand gegangen sei, sei Betz und Weber nicht beteiligt gewesen. Offen bleibt damit aber immer noch, wann und wie es auf der Baustelle wieder weitergeht. Der Eigentümer des Hauses Hauptstraße 24 war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.