Herr Röll, seit Dezember unterstützen Sie Markdorf Marketing als Innenstadtberater. Was sind Ihre Aufgaben?
Meine Aufgabe ist es, gemeinsam mit Lucie Fieber und den Innenstadtakteuren über den Tellerrand zu blicken. Im Tagesgeschäft ist es kaum möglich, Perspektiven zu setzen. Mir und meinem Team geht es darum, konzeptionell zu denken und Themen anzugehen, die im Alltag zu kurz kommen. Wo sind die Schwächen und Stärken der Stadt? Wie bleiben die Betriebe zukunftsfähig, wie kann die Entwicklung aussehen? Wo möchte man hin?
Gutes Stichwort. Was sind denn die Stärken und Schwächen von Markdorf?
Ich kenne keine andere Stadt in dieser Größe, die so viele Modegeschäfte hat. Das ist die Schlüsselbranche des Branchenmixes einer Innenstadt, dafür gehen die Menschen in die Stadt. Auf der anderen Seite wandern fast 30 Prozent des Umsatzes dieser Branche mittlerweile ins Internet. Hier müssen sich die stationären Geschäfte halten. Eine Schwäche kann ich nicht ausmachen. Aber vielleicht ist die Stärke gleichzeitig eine Gefahr. Sollten die Modegeschäfte wegbrechen, wird es schwierig.

Welche Lösung gibt es für diese Situation?
Eine Lösung habe ich noch keine. Wir werden sehen, wie es weiter geht. Aber die Ist-Situation in Markdorf ist hervorragend. Sollten die Modegeschäfte weniger werden, wird es darum gehen, einen interessanten Branchen-Mix zu erhalten. Oft werden sogenannte Pop-up-Stores als ein Weg gesehen. Das sind so etwas wie zeitlich begrenzte Spielwiesen für Geschäftsideen, die in leer stehenden Geschäftsräumen betrieben werden. Aber das halte ich für schwierig, da man jemand braucht, der sich kümmert und für immer wieder neue Belegung sorgt.
In größeren Städten gibt es da zwar tolle Beispiele, in der Ortsgröße von Markdorf ist die Belegung eher schwierig. Außerdem ist die Leerstands-Problematik derzeit in Markdorf untergeordnet. Ein Problem ist, dass die Gründerszene im stationären Einzelhandel sehr überschaubar ist. Da gibt es nicht viele, die ein Geschäft eröffnen. Es braucht Ideen, die wieder Lust auf Innenstadt machen, zum Beispiel mit Hybridformaten.
Fehlt es in Markdorf an einem Frequenzbringer?
Nein. Das Einkaufszentrum Proma ist ein wichtiger Standort und auch der Edeka mitten in der Stadt spielt eine wichtige Rolle. Frequenzbringer ist nicht nur der Handel, sondern auch Gastronomie, Dienstleistungen und Ärzte. Das Gesundheitszentrum in der Hauptstraße zieht täglich zwischen 800 und 1000 Menschen in die Stadt.

Wie hat sich Ihre Arbeit als Innenstadtratgeber bislang gestaltet?
Wir haben eine erste Bestandsaufnahme gemacht, den Branchenmix erfasst, uns das Erscheinungsbild angeschaut und prüfen gerade, wie gut die einzelnen Betriebe im Internet auffindbar sind. Derzeit läuft eine Befragung der Betriebe, dann folgt eine Passantenumfrage. Es werden Arbeitsgruppen gebildet, um Verbesserungen aufzuspüren und umzusetzen. Wir werden auch Schulungen und Seminare anbieten, zum Beispiel zu den Themen digitale Sichtbarkeit, Schaufenster-Gestaltung, Social Media oder der Umgang mit schlechten Bewertungen im Netz. Je nachdem, für welches Thema Bedarf besteht.
Was ist wichtig für Markdorf?
In Markdorf geht es darum, am Ball zu bleiben. Die Stadt ist sehr gut aufgestellt und hier wird tolle Arbeit geleistet. Das ist nicht selbstverständlich. Es wird Geld für die Innenstadt ausgegeben, das ist ein bemerkenswerter Pluspunkt für die Region. Viele andere Städte wären auf Markdorf neidisch. Markdorf hat eine hohe Versorgungsfunktion und ist stark an den Bedürfnissen der Bürger orientiert.
Wie würden Sie die Ziele des Projektes definieren?
Wünschenswert wäre, dass erst mal alle Akteure mitziehen und die Arbeitsgruppe sich später verselbstständigt. Es sollte regelmäßig überprüft werden, wo die Stadt steht und was die Schwachstellen sind. Eine permanente Reflexion ist wichtig. Und dass wir Maßnahmen umgesetzt haben, die die Aufenthaltsqualität und die Zukunftsfähigkeit der Betriebe verbessern.