„Die Stimmung ist noch nicht auf eine WM eingestellt“, sagt Markus Kieferle, Abteilungsleiter des SC Markdorf. Selbst bei den jungen Mitgliedern des Fußballvereins sei von Vorfreude auf die WM noch nichts zu spüren. Einerseits sei der Zeitpunkt der WM im Winter mit den unüblichen Anstoßzeiten ungewöhnlich. „Großes Thema ist natürlich die Missachtung der Menschenrechte in Katar“, berichtet Kieferle.

Deswegen gebe es im Verein tatsächlich Stimmen, die den Boykott der WM fordern. Außerdem werde von vielen Mitgliedern die Entfremdung des Spitzensports mit seinem extremen Kapitalismus angeprangert. Aus reiner Geldgier würden vonseiten der FIFA moralische Werte über Bord geworfen. „Dies führt nach Meinung der Mitglieder zu einem Unverständnis im Breitensport“, so Kieferle. Aus diesen Gründen ist beim SC Markdorf kein Public Viewing geplant. Im verpachteten Vereinsheim werden die WM-Spiele jedoch gezeigt.
Abteilung Fußball des FC Kluftern will ein Zeichen setzen
Von einer „Kommission Meinungsfindung zum Public Viewing“ spricht Thomas Rauber, Abteilungsleiter Fußball des FC Kluftern. „Mir war anfangs nicht bewusst, welche unterschiedliche Meinungen existieren und ich habe durch Abstimmung im Ausschuss entscheiden lassen.“ Das Ergebnis sei jedoch eindeutig gegen ein Public Viewing ausgefallen.

„Wir boykottieren ein gemeinsames TV-Schauen nach Katar und wollen ein Zeichen setzen. Die Menschenrechtsverletzungen und das Leid der zahlreichen Gastarbeiter im WM-Land passen nicht mit unseren Werten im Verein zusammen“, begründet Rauber die Entscheidung der Klufterner Fußballabteilung.
Jens Neumann: „Die WM gehört in den Sommer“
Jens Neumann vom Kulturteam Markdorf berichtet, dass es in der Stadthalle kein Public Viewing zur WM geben wird. Dieses hatte die Stadtkapelle in den vergangenen Welt- und Europameisterschaften bei den Spielen mit deutscher Beteiligung organisiert. „Für mich passt eine WM kurz vor Weihnachten nicht in die Zeit und meine persönliche Begeisterung hält sich in Grenzen“, gibt Neumann zu.

Die Rahmenbedingungen in Katar, zu denen eingeschränkte Pressefreiheit und Missachtung der Menschenrechte gehören, würden nicht zu einem schönen, unbeschwerten Fest beitragen. „Davon abgesehen gehört für mich die WM in den Sommer mit einem Grillfest im Freien“, sagt Jens Neumann.

Unverständnis für aus dem Boden gestampfte Stadien
Kritisch sieht auch Christoph Hafen, Vorsitzender des SV Bermatingen, die Vergabe der WM nach Katar. „Wir heizen hier nur noch bis 19 Grad und dort kühlt man ganze Stadien auf 20 Grad runter“, schildert er einen Aspekt. „Das passt einfach nicht zusammen.“ Problematisch sieht Hafen auch den Umgang mit Ressourcen. Er könne nicht verstehen, warum man Fußballstadien, in denen es später keinen Ligabetrieb gebe, für vier Wochen aus dem Boden stampfe.

Als fußballverrückter Mensch hat Hafen immer fast alle WM-Spiele angeschaut. „Dieses Jahr will ich mir nur die Deutschlandspiele ansehen, eventuell zusammen mit Freunden, wenn es die Spielzeiten zulassen“, so sein Plan. Spiele hinterher auf Konserve zu sehen, sei jedenfalls keine Option.
Sportgaststätte Arena zeigt die WM-Spiele
Wer die Spiele gerne in der Öffentlichkeit verfolgen möchte, der ist in der Sportgaststätte Arena in Bermatingen richtig. Pächter Serafettin Avci will täglich alle Spiele auf dem 70 Zoll-Fernseher zeigen. „Für mich ist Katar kein Problem, für mich steht der Sport im Mittelpunkt“, sagt Avci. Er freut sich auf die WM und wenn er Zeit hat, schaut er die Spiele an.