Seit 55 Jahren ist das Sportfachgeschäft in der Mangoldstraße eine Institution in Markdorf, mit einem treuen Kundenstamm in der gesamten Gehrenbergregion. Diese Ära endet nun im Sommer: Manuel und Katrin Raither geben elf Jahre nach ihrem Einstieg ihr Sporthaus Raither auf. „Schweren Herzens“, wie sie sagen. Der Ausverkauf hat bereits begonnen. Der inhabergeführte Einzelhandel in Markdorf wird wieder einmal einen Frequenzbringer verlieren.
Gegründet hatte das Geschäft Schorsch Kain 1970 als „Sporthaus am Gehrenberg“. Drei Jahre später hatten es dann Toni und Irmgard Rist übernommen. Als sie 2014 in den Ruhestand gingen, übernahmen Manuel und Katrin Raither den Laden in der Innenstadt. Damals liefen die Geschäfte bestens: In Markdorf gab es in jenen Jahren zeitweilig drei Sportfachhändler, und alle hatten ihr Auskommen: Den Intersport Rist, das Sport 2000 im Proma und die Sportabteilung im Sport- und Spielwaren Guldin. Wenn die Raithers das letzte Mal ihre Türe abschließen, wird es in Markdorf keinen Sportfachhändler mehr geben.
Im Keller duftet es nach Wachs
Die Rists hatten das Geschäft in den vier Jahrzehnten seit 1973 stetig ausgebaut und erweitert. Vor allem die Wintersportabteilung war und ist eine erste Adresse in der Region: Im Kellergeschoss gab es eine große Auswahl an Ski und Wintersportausrüstung, im Nebenraum ist eine kleine Werkstatt, aus der im Winter der Duft nach Wachs in den Verkaufsraum strömt. Toni Rist war passionierter Skifahrer, die Raithers sind es auch und haben das beibehalten. Wer Rist oder Raither kannte, konnte auch mal noch kurzfristig am Donnerstag seine Ski zum Service vorbeibringen, wenn der Wetterbericht für den Samstag in den Bergen strahlende Sonne verhieß.

Treue Stammkundschaft, große Auswahl, guter Service: Wieso dann dieser Schritt? „Selbstverständlich war es unser Plan, das Unternehmen bis zu unserem Rentenalter zu führen“, berichtet Raither. Die Bedingungen hätten sich aber inzwischen so sehr verschlechtert, dass sie nicht mehr daran glauben würden, dass ihnen dies gelingen würde.
Lieferanten diktieren den Wareneinkauf
Das Dilemma: „Die Umsätze stagnieren und sind in einigen Warengruppen sogar rückläufig und auf der anderen Seite steigen die Kosten in fast allen Bereichen“, sagt Raither. Er und seine Frau seien gelernte Kaufleute und Betriebswirte. Von daher könnten sie die Entwicklung gut einschätzen – ebenso, wie die Kipppunkte, die zu dieser Schieflage geführt hätten. Ein Kernproblem – und dies betrifft alle inhabergeführten Einzelhändler – sei, dass der Beschaffungsmarkt vor allem für kleine stationäre Händler extrem schwierig geworden sei. Denn viele große Lieferanten würden nur noch Warenpakete verkaufen. Passen die aber nicht ins Konzept oder zu den Bedürfnissen am Standort, sei dies wirtschaftlich nicht mehr tragbar. „Aus unserer Sicht ist es essentiell, dass wir auch entscheiden, was wir einkaufen“, sagt Raither: „Schließlich kennen wir unsere Kundschaft, die zu 90 Prozent aus Stammkunden besteht.“
Begonnen, so der 49-Jährige, habe alles schon in den Corona-Jahren. Zuerst hatten die Lockdowns die Geschäfte zum Erliegen gebracht. Dann sei ein Großteil der termingerecht bestellten Waren wegen geschlossener Häfen oder beeinträchtigter Schiffswege nicht mehr rechtzeitig zur Saison eingetroffen. Die Verluste, sagt Raither, seien an den Händlern hängengeblieben.
Wärmere Winter, teurere Skigebiete, mehr Bürokratie
„Und inzwischen haben wir einen Krieg in Europa, der die Menschen verunsichert und die Konsumlaune nachhaltig dämpft“, verweist Raither auf die Probleme der Gegenwart. Hinzu kämen wärmere Winter durch den Klimawandel und exorbitant steigende Preise in den Skigebieten. All dies seien negative Einflüsse aufs Geschäft, die sich nicht mehr auffangen ließen. Dass immer mehr Kunden sich zwar noch ausführlich beraten ließen, dann aber ihre Käufe bei Online-Händlern tätigen würden, sei dann der letzte Stoß. Und zu allem Überfluss hätten gerade Kleinbetriebe Jahr für Jahr mit noch höheren bürokratischen Hürden zu kämpfen.

Trübe Aussichten für den stationären Handel?
Für ihn und seine Frau sei der Schritt „bedauerlich“, aber unvermeidlich: „Zumal wir auch nicht sehen, dass sich für den traditionellen Einzelhandel an der gesamtwirtschaftlichen Situation in nächster Zeit etwas nachhaltig verbessert“, gibt Raither einen düsteren Ausblick in die Zukunft des Innenstadt-Einzelhandels.
Schließen werden die Raithers ihr Sportfachgeschäft erst im Sommer. Sie hätten beschlossen, auf die nächste Herbst-/Wintersaison keine Waren mehr zu ordern, sagt Raither. Die Frühjahrsware sei nun da, die Sommerware treffe nach und nach ein. „Damit werden wir Markdorf sicherlich noch bis in den Sommer erhalten bleiben“, sagt er. Seine Frau und er seien nun „auf Jobsuche und dabei zuversichtlich“. Einen guten Neustart würden sie auch ihren langjährigen und treuen Mitarbeitern wünschen. „Wir waren hier schließlich nahezu wie eine kleine Familie.“