Mehr Geschlossenheit wünscht sich die Markdorfer „Parents for Future“-Gruppe für die Zukunft. Die durchaus erfolgreichen Formen des Klimaprotests im vergangenen Jahr hätten eine unnötige Polarisierung aufgezeigt, stellt Dietmar Mogwitz fest, Mitgründer der Gruppe. Das Ziel, auch den nächsten Generationen eine lebenswerte Umwelt zu erhalten, verfolgten nicht allein die Klimademonstranten.

Akteure wollen Vielzahl möglicher Ansätze in der Stadt online präsentieren

Mogwitz erklärt: „Wir wollen zeigen, wo es da schon gute Ansätze gab und gibt in der Stadt, wer wie CO2 einspart oder wo sich Bürger oder Gemeinde schon auf dem Weg zu mehr Klimaschutz befinden.“ Die Vielzahl möglicher Ansätze soll ab Dienstag online unter dem Motto „Markdorf macht Zukunft“ präsentiert werden.

Das könnte Sie auch interessieren

In Markdorf bereits viele klimafreundliche Beispiele

Denn Markdorf mache schon immer Zukunft, auch klimafreundliche. Beispiele sind das erste solare Bürgerdach im Jahr 2004, die Umrüstung auf LED-Straßenbeleuchtung in den vergangenen Jahren oder die Bewerbung um den European Energy Award 2019. Aber auch die Bürger machten Zukunft. Viele investieren in klimafreundliche Heizsysteme, überdenken ihre Mobilitätsgewohnheiten. Die Unterstützung von Demonstrationen zum globalen Klimastreik der „Fridays for Future“-Bewegung zählt „Parents for Future“ ebenfalls hinzu. Etwa die Demonstration im September in der Markdorfer Innenstadt, an der über 1300 Menschen teilnahmen.

Kurzbeiträge von zwei bis vier Minuten und Musik aus der Region

Harald Bauer, weiteres Gründungsmitglied der Markdorfer Gruppe, erklärt: „Wir starten nun ein neues wöchentliches Format, das mit Kurzbeiträgen von zwei bis vier Minuten bereits realisierte oder noch geplante Initiativen präsentiert.“ Dies seien Initiativen, die Unternehmen, Einzelne oder auch die Stadtverwaltung bereits ergriffen haben – oder noch wollen. „Ergänzt wird jede Folge durch einen musikalischen Beitrag von Künstlern aus der Region – nicht immer mit Klimabezug, trotzdem als sinnvolle Unterstützung gedacht“, erläutert Bauer. Jede neue Folge auf der Internetseite werde vorher öffentlich angekündigt.

Nach Kontaktbeschränkungen fester Treffpunkt geplant

Für die Zeit nach den Kontaktbeschränkungen fasst die Gruppe einen festen Treffpunkt für Kleinveranstaltungen ins Auge. Dort sollen die Kurzbeiträge von etwa 20 Minuten Dauer live vorgestellt werden. Ebenso wie im aktuellen Online-Format seien auch die Musikbeiträge live geplant. Im Anschluss gebe es Raum für den Austausch zum angesprochenen Thema. Bauer, Baumgartner und Mogwitz ergänzen, dass es auch weiterhin einzelne abendfüllende Veranstaltungen geben werden. Sie sollen nach dem gleichen Muster laufen wie die überaus gut besuchte Veranstaltung vom November mit Beiträgen von Christian Serrer, Autor eines Buches zum Klimawandel, und dem Kabarettisten Uli Böttcher.

Das könnte Sie auch interessieren

Corona-Krisenszenario darf Klimakrise nicht verdecken

Eines hebt Reinhard Baumgärtner besonders hervor: Die akute Bedrohlichkeit der Corona-Krise mache die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Klimakrise nicht weniger gefährlich. Das eine Krisenszenario, die Pandemie, sollte nicht das andere, die Klimakrise, verdecken. Sonst gerieten Entscheidungen aus dem Blickfeld. Dieser Auffassung begegnet man bereits in der Wirtschaft. Im Kontext des „Petersberger Klimadialogs“, des Treffens von Klimaministern aus 30 Ländern, hätten rund 70 Unternehmen die Fortsetzung einer nachhaltigen Klimapolitik gefordert. Ihr Wunsch für die Zeit nach der Corona-Krise: eine ehrgeizige Klimapolitik und die Koppelung von Hilfen des Staats an Unternehmen an Bedingungen, die die Klimaziele zu erreichen helfen.

„Parents for Future“ in Markdorf wollen sich weiterhin in die Politik einmischen, wie bei der Klimakarten-Aktion im Herbst.
„Parents for Future“ in Markdorf wollen sich weiterhin in die Politik einmischen, wie bei der Klimakarten-Aktion im Herbst. | Bild: Jörg Büsche

Keine Zeit mehr, wenn 1,5-Grad-Ziel erreicht werden soll

Zwar hielten sich die Bürger seit dem Lockdown überwiegend zuhause auf und das Verkehrsaufkommen sei ebenso stark reduziert wie die Produktion, letztere durch Kurzarbeit. Dennoch betont Dietmar Mogwitz: „Der Klimawandel schreitet fort“ – allenfalls etwas verlangsamt. Zeit sei aber keine mehr, „wenn wir das vereinbarte 1,5-Grad-Ziel noch erreichen wollen“.

CO2-Budget für Deutschland in knapp drei Jahren aufgebraucht

Kaum noch drei Jahre blieben, dann sei das CO2-Budget für Deutschland aus den Pariser Klimaverträgen komplett aufgebraucht. Darum gelte es jetzt mit allem Nachdruck zu handeln. Reinhard Baumgärtner sagt: „Und die Corona-Pandemie zeigt uns, wie wichtig gesamtgesellschaftliche Geschlossenheit ist, wenn man Probleme lösen muss.“

Das könnte Sie auch interessieren

Lagerdenken bremst dringend nötige Geschlossenheit

Eine solche Geschlossenheit strebe „Parents for Future“ in Markdorf an. „Am Klima ist ja durchaus allen gelegen“, argumentiert Harald Bauer. Lagerdenken bremse, unnötiges Ab- und Ausgrenzen behindere nur die immer dringlicher werdende Geschlossenheit. „Wirklich alle, Verwaltung, Unternehmen, Kirchen, Vereine, die an die Zukunft denken, sollen angesprochen werden.“ Dies sei auch die Argumentation etlicher Klimaforscher.

Zielvorgaben zum Klima nur gesamtgesellschaftlich zu erreichen

Sie sagen, dass die beim Pariser Klimaabkommen vereinbarten Zielvorgaben sich nur noch dann erreichen ließen, wenn ein gesamtgesellschaftlicher, insbesondere ein gesamtwirtschaftlicher Wandel vollzogen würde, der alle Lebensbereiche umfasse, von der landwirtschaftlichen über die industrielle Produktion bis hin zum Konsumverhalten. Das mache allerdings einen weiteren Wandel des Bewusstseins nötigt – ganz ähnlich wie in der aktuellen Pandemie-Krise.