Nein, einen Pandemie-Bonus habe es keinen gegeben. Das hätten ihre Lehrer ihnen schon vor den Abschlussprüfungen angekündigt, erklärten die beiden Realschülerinnen Anna Schäfer und Alina Becker ebenso wie Linda Staerke und Wendelin Sinnwell, die in den vergangenen Wochen ihr Abitur abgelegt haben. Sie haben sehr gute (Linda Staerkes Notendurchschnitt ist 0,7) beziehungsweise gute Noten auf ihren Zeugnissen stehen. Die vier jungen Menschen haben sich mit Probeklausuren aus den Vorjahren auf ihre Prüfungen vorbereitet. „Die Aufgaben waren schon vergleichbar“, erklärt der 19-jährige Wendelin Sinnwell.

Ein gewisses Entgegenkommen gab‘s dann aber doch seitens des Kultusministeriums, berichtet Wendelin Sinnwell. „Wir durften uns eine halbe Stunde länger Zeit nehmen bei unseren Klausuren.“ Was insbesondere bei den Mathematik-Prüfungen ins Gewicht fiel, erklärt Linda Staerke. „Die Aufgaben waren sehr arbeitsintensiv“, sagt die 18-jährige Abiturientin.

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Realschülerinnen überzeugen mit einem sehr guten Abschluss

Ihre letzte schriftliche Klausur hatte sie im Juni, dies im Fach Alltagskultur, Ernährung und Soziale (AES), erklärt Alina Berger. „Zu einer mündlichen Prüfung hab‘ ich dann nicht mehr gemusst.“ Weil da auch nichts mehr am Notenschnitt geändert hätte, erklärt die 16-Jährige. Mit dem sei sie zufrieden. Dass sie die Traumnote 1,0 erreicht hat, sagt die Realschülerin nicht. Das verrät erst Veronika Elflein, Rektorin der Realschule am Bildungszentrum.

Fürs Gespräch über die Prüfungsphase, über die zurückliegenden Corona-Monate, aber auch über das Zur-Schule-Gehen insgesamt hat Veronika Elflein noch Anna Schäfer vorgeschlagen. Auch sie ist 16 Jahre alt. Auch sie hat nun ihr Abgangszeugnis mit der Mittleren Reife in der Tasche. Und sie hat den selben ausgezeichneten Notendurchschnitt wie ihre Freundin Alina.

Anna Schäfer und Alina Berger haben ihren Realschulabschluss in der Tasche – jeweils mit der Traumnote 1,0.
Anna Schäfer und Alina Berger haben ihren Realschulabschluss in der Tasche – jeweils mit der Traumnote 1,0. | Bild: Jörg Büsche

Neben Lernen ist auch Freizeit wichtig

Zeit und Zeiteinteilung haben nicht allein bei den Abschlussklausuren eine wichtige Rolle gespielt. Für Alina Berger war schon länger klar, „dass ich die ganze Zeit dran bleiben muss“. Lern-Marathons kurz vor den Prüfungen brächten in der Regel nichts. Viel effektiver sei da das kontinuierliche Arbeiten. „So wie es uns auch beigebracht wurde“, berichtet die 16-Jährige. Lernen war Lernstoff. Mitgenommen hat sie aber auch: „Immer nur lernen, ist auch nicht gut.“ Freizeit muss sein. So die Erkenntnis von Alina Berger und Anna Schäfer aus ihrem AES-Unterricht.

Großzügig verteilt: Abitur unter Corona-Bedingungen.
Großzügig verteilt: Abitur unter Corona-Bedingungen. | Bild: Jörg Büsche

Online-Unterricht stellt kein großes Hemmnis dar

Trotz aller Widrigkeiten hat der Online-Unterricht der Corona-Phase kein wirklich großes Hemmnis dargestellt, berichtet Wendelin Sinnwell. Anfangs habe es öfter gehapert. Und die Verbindungen waren auch keineswegs immer zuverlässig. „Der Bildschirm musste meistens dunkel bleiben“, erklärt Wendelin Sinnwell. Eine Video-Übertragung hätte den Datenfluss bei den Konferenzschaltungen hoffnungslos überfordert. „

„Natürlich hatten auch nicht alle überall eine wirklich gute Verbindung.“
Wendelin Sinnwell über den Online-Unterricht

Noch wichtiger als die Datenrate sei aber die Motivation gewesen. „Wir sind ja alt genug, um uns selbst zu motivieren“, spricht Linda Staerke für die Schüler der Abschlussklassen. Mangele es jedoch an solchem Antrieb, dann biete der Online-Unterricht weit mehr Chancen unter dem Lehrer-Radar wegzutauchen.

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Corona brachte neue Impulse in die Klassenzimmer

Die Digitalisierung hat die Klassenzimmer schon vor Corona erreicht. „Beamer und Apple-TV hatten wir auch schon davor“, erklärt Alina Berger. Doch spätestens seit Corona seien nun auch alle Lehrer fit für den Umgang mit den neuen Medien. Und fitter seien auch die Schüler, so Linda Staerke. Spielte Medienbildung zu Beginn ihrer Zeit am BZM-Gymnasium allenfalls eine kleine Rolle, so sei deren Anteil inzwischen ganz beträchtlich gewachsen.

Der Schulalltag unter Coronabedingungen war für einige Schüler belastend, hier die Szene eines Corona-Tests.
Der Schulalltag unter Coronabedingungen war für einige Schüler belastend, hier die Szene eines Corona-Tests. | Bild: Jörg Büsche

Ob sie neben Algebra und Grammatik auch noch was ganz Konkretes aus ihrer Schulzeit mitgenommen haben? Linda Staerke schmunzelt. „Nein, wie man seine Steuererklärung ausfüllt, das wissen wir nicht.“ Aus ihrer Sicht sei das aber weniger schlimm. „Wir wissen aber, wie man sich Informationen beschafft.“ Damit ließen sich die meisten Themen erschließen.

Und ganz so theorielastig sei die Schulzeit dann selbst auf dem Gymnasium nicht gewesen, betont Wendelin Sinnwell. „Vor allem im Wahlpflichtbereich hat es auch Themen mit viel Praxisbezug gegeben“: zum Beispiel eine Gartenbau-AG. Ernährung, Gesundheit, der ganze Mensch in seiner Umwelt sowie der Gesellschaft haben auf dem Programm des AES-Unterrichts gestanden. Anna Schäfer berichtet von Besuchen im Mehrgenerationenhaus – und davon, wie sehr sie dieser so lebensnahe Unterricht geprägt habe.

Mit diesen Themen beschäftigt sich die Jugend

Ernährung, Umwelt, Nachhaltigkeit und Klima seien Themen, mit denen sich die Jugend befasst. Inzwischen viel stärker als früher, vermutet Linda Staerke. Wendelin Sinnwell schätzt, dass immer noch viele vom eigenen Auto träumen, mindesten 50 Prozent. Und Alina Berger erklärt, dass in Anbetracht der mäßigen Busverbindungen – etwa ins Deggenhausertal – Führerschein und Auto weiterhin die jugendliche Prioritätenliste anführen.

Eine Abschlussklasse der Realschule: die 10b.
Eine Abschlussklasse der Realschule: die 10b. | Bild: Schule
Die Abiturienten des Abschlussjahres 2020/21.
Die Abiturienten des Abschlussjahres 2020/21. | Bild: Schule

Wie es weiter geht, ist für die beiden Realschülerinnen ganz klar. Sie werden nach den Sommerferien das Überlinger Wirtschaftsgymnasium besuchen. Alina Berger schwebt im Anschluss „etwas mit Menschen“ vor – vielleicht Pädagogik. Anna Schäfer mag sich da noch weniger festlegen. Wendelin Sinnwell macht im Herbst ein Praktikum. Durch die Mitarbeit bei einem Landespolitiker möchte er neue Einblicke gewinnen, nach Möglichkeit auch Orientierungshilfen für seine spätere Studienwahl. Was sie studiert, steht für Linda Stärke schon fest: Informatik.

Schule schafft Freundschaften

Alle vier nehmen gute Erinnerungen mit. Ganz wichtig an der Schule, das wurde durch die Corona-Lockdowns noch zusätzlich bestärkt, seien die Pausen, sei das soziale Miteinander unter den Schülern. Denn Schule sei keineswegs nur Lernort, sondern auch Ort der Begegnung, des Zusammenseins, des Gesprächs. „Ich vermisse meine Klasse schon jetzt“, erklärt Anna Schäfer. Und wohl auch die Lehrer. Die, so Alina Berger, „haben uns so richtig gut gekannt“.