Normalität hat noch keine geherrscht am Pfingstwochenende. Dafür schränken die im Rahmen der Covid-19-Pandemie getroffenen Maßnahmen den Alltag – und die Festtage – noch immer viel zu sehr ein. Doch haben sich auch in Markdorf die Zeichen einer gewissen Entspannung gemehrt. Anders als noch zu Ostern waren nun größere Spaziergänger-Gruppen unterwegs. Auch waren Lokale wieder offen, sodass insbesondere in deren Außenbereichen das Bild einer gewissen Unbeschwertheit entstehen konnte.

In den Wiesen im Süden der Stadt gehen die Spaziergänger, genießen den Anblick der Blumen, den grell rot blühenden Mohn, der hier zum satten Grün der Felder kontrastiert. Ganze Gruppen treffen sich zum Ausflug. Munteres Plaudern, keine Spur von Corona-Sorgen. Zu schön ist der Vormittag, um ihn mit Krisen-Stimmung zu belasten. Und solche heiteren Szenen begegnen viele an diesem Wochenende.
Vor der Eisdiele finden sich Familien ein. Kinder ordern, was sie in ihrer Waffel haben möchten.
Ausflügler aus dem Umland gönnen sich das Süß-Gefrorene als Belohnung für die Anfahrt. So wie zum Beispiel Claire Geyer und Roswitha Pfitzer, die den Weg aus Immenstaad per Velo gefahren sind.

Schlange stehen heißt es indes nicht nur beim Eismann. Gleichfalls begehrt sind die frischen Erdbeeren, die es in der Marktstraße gibt, aber auch draußen in der Senke vor Ittendorf. „Am liebsten ganz ohne alles“ mag Francesca Morello die süßen Früchte.

Manuela Readon hingegen will sie auf frische Waffeln legen. „Dazu gibt es dann noch Schlagsahne“, erklärt sie, bezahlt und ist schon wieder auf dem Weg nach Hause.
In Kornwestheim sind Jasmin und Steffen Wolf zu Haus. Sie haben sich auf dem Campingplatz im Osten der Stadt eingemietet. „Wir kommen jetzt schon seit 2013 auf den Wirthshof“, erklärt die junge Frau.
„Dank Home-Office und Home-Schooling konnten wir uns dieses Mal ein paar Tage mehr hier gönnen“, erklärt Steffen Wolf. Warum nicht vom Camping-Platz aus arbeiten? Im Grunde sei es wie immer – trotz Corona. Nur im Sanitärbereich des Platzes gelten strenge Maßregeln.

Solche Strenge scheint droben unterhalb des Gehrenbergs bei der Grillhütte am Schweppenen eher passé. Hier sitzen Familien, feiern. Kinder tollen übers Grün. Erwachsene essen das frisch Gegrillte, reden – in vielen unterschiedlichen Sprachen. Der Duft des Essens weht. Munteres Rufen tönt. Hier oben scheint dieser Pfingstsonntagnachmittag wie jeder andere in den Jahren davor.
Und noch ein Stück weiter da arbeiten sich Mountainbiker die steilen Hänge empor – in Gruppen, einzeln – um hernach in rasender Abfahrt downhill zu preschen. Jürgen Strobel aus dem Ravensburgischen erklärt, dass die Strecke am Gehrenberghang auf einer Biker-App empfohlen ist. Er zeigt sich ganz begeistert von den Möglichkeiten hier im Wald von Markdorf.
Schon anders, weniger unbeschwert ist der Eindruck für den, der die St.Nikolaus-Kirche betritt, um den Wortgottesdienst mitzufeiern. Gleich beim Eingang steht ein Desinfektionsmittelspender und die Besucher werden von Angelika Websky und Maria Stump gebeten, sich die Hände zu desinfizieren. Die Frauen weisen dann den Gottesdienstbesuchern einen Platz in den Bankreihen zu, wo Abstand herrscht.

Ganze Bankreihen sind durch ein weiß-rotes Flatterband gesperrt. Und in den Reihen darf nur alle anderthalb- zwei Meter jemand sitzen. Es sei denn, er ist mit seiner Familie da. Verwandte dürfen auch in Gruppen der Bibellesung und der Predigt lauschen, beten – aber nicht singen. Das bleibt verboten. Zu groß ist die Gefahr, dass sich in die beim Ausatmen entstehenden Aerosole die gefürchteten Viren mischen – und andere Menschen anstecken.
Immerhin aber spielt Kirchenmusiker Johannes Tress die Orgel. Und eine kleine Abordnung des Kirchenchors, nicht einmal eine Handvoll, hat sich außerdem auf der Empore eingefunden, um Lob und Preis zu singen. Ein überaus ungewohntes Erlebnis – in diesen Zeiten, da alle Musik nur noch aus der Konserve kommt. Da sonst Selbstverständliches vermisst wird. Und da selbst Kindern das Anstimmen von Liedern untersagt ist. Der Eindruck mag trügen, aber die Zuhörer in den Kirchenbänken in St. Nikolaus wirkten besonders andächtig.

Dass Pfarrer Ulrich Hund das Thema Corona-Krise ansprach, verstand sich von selber. Zu einschneidend die Beschränkungen, zu groß mitunter die Belastungen für jene, die zur Risikogruppe zählen – und nun abgeschnitten sind vom gewohnten Miteinander. Pfarrer Hund erwähnte die vielen guten Ideen und Angebote, die den besonders Betroffenen Erleichterung verschaffen sollen.
Er lobte auch die Kreativität der Helfer. Ebenso wie der den Einfallsreichtum jener Gemeindemitglieder hervorhob, die mit ihren Texten, Botschaften, Nachrichten Glaubensinhalte und Zuversicht nach draußen trugen – durch Zettel, durch Blätter für die während der Coronakrise an ihr Haus Gefesselten.
Die Gottesdienste sind gut besucht
Die Brücke zu aktuellen Themen sollte am späten Nachmittag dann auch Pfarrerin Kristina Wagner schlagen bei ihrer Predigt im großen Saal des „Hauses im Weinberg“. Beim Gottesdienst am Morgen waren fast alle der möglichen Plätze im des Gemeindehaus der Markdorfer Protestanten besetzt gewesen.
Wind, Atem, Geist begegneten im Brausen, im Sturm, von dem die Apostelgeschichte im Abschnitt über Pfingsten berichtet, so die Pfarrerin. Gefeiert werde die Kirchengründung. Gefeiert werde zudem die Ausgießung des Geistes. Gott erscheine im Feuer wie auch im Sturm. Mit seinem Atem erst mache er den Menschen zum Menschen.

„An Pfingsten feiern wir auch das Fest des göttlichen Atems“, die Schöpfung, den Geist und die Sprache betonte Pfarrerin Wagner. Wie gefährdet das Atmen sein kann, das zeige indes die gegenwärtige SARS-CoV-Krise.
Kristina Wagner erwähnte aber auch die tödliche Atemnot jenes jüngst bei einem Polizei-Einsatz in den USA erstickten Verdächtigen, dessen „Ich kann nicht atmen“ ungehört geblieben war – ein Signal für gefährlichen Un-Geist. Hier unterstrich die Pfarrerin, wie wichtig Einfühlung, Verständigung, Sprache überhaupt und wechselseitiges Zuhören ist. Auch das sei wichtiger Teil der Pfingstbotschaft.