Zwei Gemeinden buhlen um ein Unternehmen: Bekommt Immenstaad den Zuschlag oder wird es Markdorf sein? Die ZIMAircraft SeatingGmbH, im Januar vergangenen Jahres erst aus der Insolvenz in Eigenverwaltung herausgegangen, startet seither offenbar kräftig durch. Der Hersteller von Flugzeugsitzen für Passagiermaschinen und Marktführer für ultraleichte Flugzeugsitze mit Verwaltungssitz in Immenstaad und Produktion in Markdorf expandiert. Im Gewerbegebiet Riedwiesen in Markdorf ist die Produktion bereits nahezu ausgelastet. „Wir müssen erweitern, weil sich unsere Auftragsbücher spätestens bis 2024/25 stark füllen werden“, sagt Sven Achilles, der als CEO seit August 2021 ZIM führt.
Produktion in Markdorf ist ausgereizt
Mit der Erweiterung ist es in Markdorf aber nicht einfach. Geringfügig wäre das eventuell noch möglich, durch Prozessoptimierung, eine neue Fertigungsmethode und auch durch Aufstockung. Aber die Fläche ist weitgehend ausgereizt. Für ZIM ist das nicht zukunftsfähig, sagt Achilles: „Wir analysieren dort gerade unsere Produktionsprozesse, durch Optimierungen könnten wir die nötige Expansion eventuell noch ein bis zwei Jahre strecken.“
Doch knapp wird der Platz schon jetzt. Denn im Juni hatte ZIM einen neuen ultraleichten Flugsitz der tschechischen Entwicklungsfirma Idea Air übernommen. Gebaut wird der Sitz als „ZIM Phoenix“ nun in Markdorf und wird zusätzliche Auslastung zur bestehenden Produktion bringen. „Markdorf wird im Zuge seines Wachstums bald schon an seine Grenzen stoßen“, sagt der ZIM-Chef. Denn Stand jetzt müsste die Produktionsfläche in den nächsten Jahren mindestens verdoppelt werden.

Alles in allem bis zu 20 000 Quadratmeter, also rund zwei Hektar, würde man benötigen, schätzt Achilles. Denn inzwischen geht es nicht mehr nur um die Erweiterung der Produktion: „Auf Sicht wollen wir unsere beiden getrennten Standorte auflösen und an einem Standort zusammenführen.“

Der Krieg wirft alle Kostenprognosen über den Haufen
Eine geeignete Fläche zu finden und zu bebauen sei aktuell aber alles andere als einfach. „Das Problem sind die Auswirkungen, die der Krieg und dessen Folgen mit sich bringen“, sagt Achilles: „Keiner kann uns momentan sagen, was die Kosten für einen Neubau oder einen Neubau-Mietkauf sind.“ Das spiele für die Standortfrage aber eine zentrale Rolle. Man sei in Gesprächen über potenzielle Flächen sowohl mit der Gemeinde Immenstaad als auch mit der Stadt Markdorf. Vorstellbar, so Achilles, sei eventuell aber auch eine Erweiterung auf dem Gelände der Bodensee Business Base, am Sitz der ZIM-Verwaltung. Die wiederum wird privat vermarktet, von der Triwo AG (Trier), die den Technologiepark mit Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrtindustrie 2019 von Airbus übernommen hat.

„Momentan sind wir nur eingeschränkt aussagefähig“, bringt Achilles es auf den Punkt. Der bullige Manager mit der offenen Ausstrahlung ist Hamburger und geht die Sache mit hanseatischem Pragmatismus an. Doch er sagt auch: Der Druck nehme zu, vor allem weil auch die Belegschaft kontinuierlich aufgestockt werde. „Wir sind auf der Suche nach Ingenieuren und Mitarbeitern für den Einkauf und den Vertrieb, und wenn das Wachstum kommt, dann auch für die Produktion“, sagt Achilles. Denn die Branche erhole sich weiter, die Krise der Luftfahrt bewege sich aktuell rasch ihrem Ende zu.
Markdorf: „Wir stehen Gewehr bei Fuß“, sagt Riedmann
In Markdorf verfolgt man die Entwicklung von ZIM intensiv. „Wir stehen Gewehr bei Fuß“, sagt Bürgermeister Georg Riedmann, mit ZIM stehe man in regelmäßigem Kontakt. Er verhehlt nicht, dass er gerne mit dem Unternehmen die Erweiterung angehen möchte. „ZIM ist ein Ur-Markdorfer Unternehmen, für uns wäre es eine tolle Sache, wenn man sich für uns entscheiden würde.“

Im Gewerbegebiet Riedwiesen könne die Stadt noch mehrere Flächen anbieten, die man ZIM bereits inklusive der Konditionen dargestellt habe. „Wenn das Unternehmen konkretes Interesse zeigt, würden wir auch unsere kompletten Flächen anbieten“, sagt Riedmann. Das wären dann 1,2 bis maximal 1,5 Hektar. Hinzu käme noch die Erweiterungsmöglichkeit der bestehenden Produktion, „sowohl in der Fläche als auch in der Höhe“.
Immenstaad: „Natürlich würden wir uns freuen“, sagt Henne
Am See ist die Gemütslage ähnlich. Auch Immenstaads Bürgermeister Johannes Henne bekennt: „Natürlich würden wir uns über eine weitere, neue Ansiedlung von ZIM freuen.“ In der Mitte des Gewerbegebietes Steigwiesen II könne die Gemeinde noch das „Sahne-Grundstück“ anbieten: Knapp 1,3 Hektar Fläche. „Das haben wir momentan noch in der Vermarktung, aber neben ZIM gibt es auch noch andere Interessenten“, sagt Henne. Bis Ende des Jahres wolle man eine Entscheidung treffen, damit die Fläche 2023 entwickelt werden kann.

Das wiederum dürfte sich mit dem Zeitfenster bei ZIM decken, wo man laut Achilles nicht sofort, aber bald eine Entscheidung treffen möchte. Vielleicht wird sich also schon an Weihnachten zeigen, welche der beiden Gemeinden sich die ZIM-Ansiedlung unter den Christbaum legen kann.