Die beiden goldenen Kugeln, die das Dach des Glockenturms der katholischen Pfarrkirche Mariä Heimsuchung zieren, sind wieder in luftiger Höhe befestigt. Nun schwebt hoch über der Stadt in einer der beiden goldenen Kugeln auf der Spitze des Kirchturms eine kleine Stadtchronik der besonderen Art. Die alte Bestandsaufnahme aus dem Jahr 1963 und jetzt auch die aktuellen Daten von 2024. Neben alten DM-Münzen sind ebenfalls Euromünzen für die Ewigkeit verborgen und eine Flache Schnaps wurde auch im Sockel für die Nachwelt hinterlassen.

Die erste Kugel inklusive der Wetterfahne ist installiert. Pfarrer Matthias Schneider, Stefanie Lohr von der katholischen ...
Die erste Kugel inklusive der Wetterfahne ist installiert. Pfarrer Matthias Schneider, Stefanie Lohr von der katholischen Verrechnungsstelle, Georg Dreher vom Stiftungsrat Meersburg und Matthias Haberstroh, Vorsitzender des Kirchengemeinderats, freuen sich über den Teilfortschritt (von links). | Bild: Lorna Komm

Handwerkertochter weist auf Inhalt hin

Nachdem die großen Kugeln im Rahmen der Kirchturmsanierung abgebaut worden waren, wurden sie Ende Oktober wieder montiert. Die beiden weithin sichtbaren, glänzenden Kugeln sind aber nicht nur eine schöne Zier, sondern sie dienen gleichzeitig als Halterung für Kreuz und Wetterfahne. Außerdem ist in der Kugel unter dem Kreuz eine Bleikapsel mit einer Stadtchronik untergebracht. Für Stadtpfarrer Matthias Schneider war dies keine große Überraschung. Sobald bekannt wurde, dass die Kugeln wie der Turm saniert werden sollten, bekam er einen Anruf einer Handwerkertochter, die auf den besonderen Inhalt hinwies. So fand der Pfarrer nicht nur die Kapsel mit der städtischen Chronik mit den damaligen Daten aus dem Jahr 1963 und ein paar kleine DM-Münzen. Auch ein handgeschriebener Zettel des einstigen Handwerkers, Flaschner Heinrich Frey, mit seinem Namen und denen seiner Familie war in der Kapsel.

Diese alte Urkunde von 1963 wurde in der Kugel gefunden und kam auch wieder zurück.
Diese alte Urkunde von 1963 wurde in der Kugel gefunden und kam auch wieder zurück. | Bild: Lorna Komm

Schnell war klar, dass der Inhalt der Kapsel aktualisiert werden sollte. Die ehemalige Konrektorin der Sommertalschule, Anne Wachter, sowie Ehrenbürgerin und Autorin Monika Taubitz wurden mit der Aufgabe betraut. „Es war eine Menge Arbeit“, erzählte Anne Wachter. „Wir wollten die Stadt darstellen, wie sie jetzt ist.“ Dazu habe sie in Kindergarten, Schulen und bei der Stadtverwaltung persönlich alle Daten und Fakten abgefragt sowie nach weiteren wichtigen Aspekten gefragt. Von der Anzahl der Ferienwohnungen bis zu aktuellen Lebensmittelpreisen hat sie wochenlang recherchiert. Erfasst wurden die wichtigsten Gebäude, aber auch die Namen der Kirchengemeinderäte oder des Bürgermeisters. Monika Taubitz habe das dann alles digital erfasst und knapper formuliert. Dennoch umfasst dieser städtische Überblick drei große Din A3 Bögen. Grafikerin Karin Burth habe diese künstlerisch gestaltet. Zusammen mit den alten Unterlagen und Münzen kamen diese nun zurück in die Bleipatrone.

Das könnte Sie auch interessieren

Pfarrer Schneider packte noch ein paar kleine Euromünzen dazu. Für die Bleikapsel wurde noch eine schützende Kupferhülle geschaffen, bevor sie zurück in die Kugel gelegt wurde. Die goldenen Kugeln hatte Malermeister Markus Waibel wieder saniert. „Die Kugeln waren stark verwittert“, erklärte Waibel und auch die Halterungen waren unansehnlich. Er habe alles gereinigt und geschliffen und neu vergoldet. Nun ist der Kupferfuß wieder sauber und die Kugeln glänzen wieder. Verwendet wurde dafür Blattgold der besten Qualität mit 23 dreiviertel Karat zum Materialwert von etwa 600 Euro. „Der Goldpreis ist zurzeit sehr hoch“, berichtete Waibel.

Die abschließende Montage der Kugeln auf dem Kirchturmdach war interessant. Es trafen sich: Stefanie Lohr von der katholischen ...
Die abschließende Montage der Kugeln auf dem Kirchturmdach war interessant. Es trafen sich: Stefanie Lohr von der katholischen Verrechnungsstelle, Stiftungsrat Georg Dreher, Matthias Haberstroh, Vorsitzender des Kirchengemeinderats, und Architekt Gregor Ahrens (untere Ebene). Malermeister Markus Waibel, Kunstschmied Peter Klink und Pfarrer Schneider (mittlere Ebene) sowie die Angestellten der Kunstschmiede Klink (oberste Ebene). | Bild: Lorna Komm

Williams-Christ-Brand für die Nachwelt

Oben auf dem Kirchturmdach wartete unterdessen der Kunstschlosser für die abschließenden Arbeiten. Die Untermontage war fertig. Die Kugeln samt Gestellen wurden dann nur drauf gesteckt und das mit Gestänge etwa zwei Meter hohe Kreuz und die gleich hohe Wetterfahne kamen in die Aussparrungen in den Kugeln. Mit in den Sockel kam aber auch eine Flasche Williams-Christ-Brand aus der Sonderfüllung für die Kirchturmsanierung mit Kirchenlogo. Georg Dreher vom Meersburger Stiftungsrat und Vorstandsvorsitzender im Winzerverein hätte zwar auch gern einen Eiswein genommen, aber die Gefahr, dass die Flasche bei Minustemperaturen platzen werde, sei zu hoch. Der rund 40-prozentige Schnaps sei besser geeignet. „Und so bekommt der Pfarrer in 60 oder 100 Jahren bei der nächsten Öffnung einen besonders alten Tropfen“, meinte Dreher launig über das originelle Geschenk für die Nachwelt.

Eine kleine Flasche Schnaps mit Kirchenlogo wurde in den Sockel der Kugeln gestellt.
Eine kleine Flasche Schnaps mit Kirchenlogo wurde in den Sockel der Kugeln gestellt. | Bild: Lorna Komm