Der Sommertalkindergarten ist heute schon zu klein, der Beschluss für einen Anbau für rund 3,1 Millionen Euro fiel im Herbst 2019. Doch nun verschob der Gemeinderat die Vergabe der ersten Arbeiten, weil die Räte noch Fragen an Architekt Tobias Müller haben. Letzterer war bei diesem Tagesordnungspunkt verhindert.
Warum Parkett statt Linoleum?
Im Rat gab es vor allem wegen zusätzlicher Maßnahmen und Mehrkosten Nachfragen. Zuerst wegen des Bodenbelags im Gruppenbereich. Warum es nun statt Linoleum Parkett sein soll, das 28 500 Euro teurer ist, wusste Bauamtsleiter Martin Bleicher nicht. Kindergartenleiterin Angelika Hofmann sagte: „Wir haben uns kein Parkett gewünscht.“
Küche muss umgeplant werden und wird teurer
Die Räte hinterfragten nun kritisch weitere Posten. Warum die Küchenausstattung für 41 900 Euro erweitert werden soll, konnte Ute Rose, Leiterin der Abteilung Familie, Bildung, Soziales, beantworten: Nutzten derzeit rund 50 Kinder die Schulmensa, seien es künftig 100 bis 120 Kinder zum Mittagessen. Man habe daher in Absprache mit dem Gesundheitsamt umplanen müssen.
Zweifel an Notwendigkeit von Bohrpfahlgründung
FW-Gemeinderat Markus Waibel bezweifelte, ob die Bohrpfahlgründung, die mit 45 400 Euro mehr zu Buche schlagen und nun 125 000 Euro kosten soll, wirklich nötig sei und fragte den Bürgermeister als „Experten“. Robert Scherer, früher als Bauingenieur tätig, meinte: „Ich bin kein Experte mehr und maße mir keine Bewertung an.“
Ingenieur- und Statikerleistungen in Kostenaufstellung nicht enthalten
Alexandra Mahl (Umweltgruppe) bemängelte, dass in der Kostenaufstellung noch keine Ingenieur- und Statikerleistungen eingepreist seien und meinte, das werde ihr alles zu teuer, sie könne dem nicht zustimmen. Boris Mattes (SPD) sagte: „Ich stehe nach wie vor hinter der Erweiterung, aber ich habe mit den Zahlen ein Problem, weil ich sie nicht verstehe.“
Neubau an anderer Stelle sinnvoll?
CDU-Rat Peter Köstlinger beantragte die Verschiebung des Tagesordnungspunktes. Dieser sah auch die Vergabe der Erdarbeiten sowie des Spritzbetonverbaus und der Bohrpfahlarbeiten vor – ein Paket für insgesamt rund 210 000 Euro. Der Antrag wurde mit sechs Ja- und drei Neinstimmen bei neun Enthaltungen angenommen. Die Diskussion war damit noch nicht beendet. Monika Biemann (Umweltgruppe) meinte, man solle sich angesichts der Kosten und des Geländeuntergrundes überlegen, an anderer Stelle zu bauen.
Bauamtschef: Betreuungseinrichtungen nicht räumlich trennen
Bauamtschef Martin Bleicher riet von einer Auseinanderdividierung der Betreuungseinrichtungen in Meersburg dringend ab, allein schon wegen logistischer Kosten. Umbo-Gemeinderat Christian Herter meinte: „Jetzt noch alles über den Haufen zu schmeißen, ist totaler Quatsch. Wir sollten jetzt schon dabei bleiben.“
Bau trotz Mehrkosten innerhalb des geplanten Budgets
Bauamtschef Bleicher sagte auf SÜDKURIER-Nachfrage, trotz der Mehrkosten bewege man sich noch innerhalb des ursprünglichen Budgets. Für die Kindergartenerweiterung gibt es aktuell keine Fördermittelzusagen. Die Stadt hatte aber einen Zuschussantrag beim Investitionsprogramm des Bundes zur Kinderbetreuungsfinanzierung 2017 bis 2020 eingereicht. Doch dieser Fördertopf ist bereits leer.
Bürgermeister hofft, dass Fördertopf wieder aufgefüllt wird
Bürgermeister Robert Scherer sagte jedoch dem SÜDKURIER, er sei sehr zuversichtlich, dass der Fördertopf wieder aufgefüllt werde, wofür sich auch der Städtetag stark einsetze. „Ich schätze die Erfolgsaussichten für einen Zuschuss gut ein“, meinte Robert Scherer. Man könne die Kommunen nicht verpflichten, Kindergartenplätze zu schaffen, und dann die Förderprogramme weglassen.
So ist der Bedarf an Betreuungsplätzen in Meersburg
„Die Erweiterung im Bereich Kindergarten ist dringend notwendig.“ Daran ließ Ute Rose, Leiterin der städtischen Abteilung Familie, Bildung, Soziales, im Rahmen der Gemeinderatssitzung keinen Zweifel. Der geplante Anbau soll zunächst 40 Ganztagsplätze für über dreijährige Kinder schaffen. Außerdem soll ein zusätzliches Geschoss, das aber noch nicht ausgebaut wird, die Option bieten, später weitere Plätze einzurichten.
Derzeit hat der Kindergarten 160 Plätze für Drei- bis Sechsjährige. Mit der Erweiterung werden es 180 Plätze sein, da derzeit 20 Kindergartenkinder aus Platzmangel in der benachbarten Krippe untergebracht sind. Diese Kinder würden dann umziehen. Doch bereits jetzt gibt es in Meersburg 183 Kinder, die einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz hätten. Im kommenden Jahr werden es laut Rose 185 Kinder sein, im Jahr darauf sogar 190.
Die benachbarte Krippe bietet derzeit Platz für 50 unter dreijährige Kinder. Nach dem Umzug der Kindergartenkinder in den neuen Anbau werden es 60 Plätze sein. Für Krippenkinder wird mehr Platzbedarf berechnet als für über Dreijährige. Unter dem Strich entstehen also nur 30 neue Plätze. Derzeit gibt es in Meersburg 151 unter Dreijährige, die einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz hätten. Unter Einjährige werden derzeit nicht betreut, da es dafür keine Nachfrage gebe, erklärte Ute Rose. „Wir haben aber ein Konzept in der Schublade.“ Manchen Räten bereiten diese Zahlen Sorgen, zumal die Bundesregierung plant, dass ab 2025 alle Grundschulkinder einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung haben sollen.
Markus Waibel (FW) meinte, ein weiterer Anbau auf dem Gelände wäre nicht möglich. „Vielleicht sollte man mal über ein privates Konzept nachdenken und sich ein stückweit für andere Betreuungsmöglichkeiten öffnen.“ Anna-Lena Murzin (Grüne) betonte: „Wir haben keine einzige Tagesmutter in Meersburg.“ Für unter Dreijährige gebe es keine andere Möglichkeit als die Krippe und den Familientreff. Man solle und müsse in die kommenden Generationen investieren, appellierte Anna-Lena Murzin. „Das ist kein Luxus, den wir hier haben.“
Ute Rose meinte in puncto Platzverhältnisse: „Wir jonglieren die ganze Zeit.“ Christian Herter (Umbo) meinte: „Wir werden um einen Neubau nicht herumkommen.“ Was ihm aber aufstoße, sei die Tatsache, dass es momentan keine Fördermittel gebe.
Philipp Wurster (FW) nutzte die Anwesenheit der Kindergarten-Leitung, um der ganzen Belegschaft zu danken. Sie habe trotz Corona den Kontakt zu Eltern und Kindern gehalten und sogar Bastelpakete für Mutter- und Vatertag verteilt. Dafür spendete der Gemeinderat Applaus.
Derzeit laufen die Betreuungseinrichtungen in Meersburg laut Ute Rose im eingeschränkten Regelbetrieb. Den Kindergarten besuchten momentan rund 75 Prozent der Kinder, die Krippe 60 Prozent. Ende Juni sollen Kinderbetreuungseinrichtungen wieder ganz öffnen, so der Plan der Landesregierung.