Bei den Mitteln handelt es sich um die Ausgleichszahlungen 2020 und 2021 fürs defizitäre Freibad, das die Stadt jedes Jahr mit rund 350 000 Euro bezuschussen muss. Außerdem bewilligte der Rat rund 200 000 Euro für die Ausarbeitung eines Zukunftskonzepts, wie es Klaus Batz von der Con.pro GmbH Kommunalberatung im August im Rat präsentiert hatte: Die Therme soll ihm zufolge zu einer Spa- und Wellnessoase für Erwachsene werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Ausarbeitung eines fertigen Konzepts soll nun bis zur Sommerpause 2021 erfolgen. Doch bereits bis zum Ende dieses Jahres soll dem Gremium ein Grobkonzept vorgelegt werden. Letzteres hatte Markus Waibel (FW) beantragt und dafür eine knappe Mehrheit gefunden. Dem Gesamtbeschluss stimmten 14 Ratsmitglieder zu. Die SPD (Boris Mattes und Ulrike Wirbatz) und die Grünen (Christine Ludwig und Anna-Lena Murzin) lehnten ihn ab.

Rund 20 Therme-Mitarbeiter, die sich um ihre Arbeitsplätze sorgen, folgten der Gemeinderatssitzung. Denn es geht, trotz der großen Mehrheit für das jetzt verabschiedete Hilfspaket, ums Eingemachte. Das zeigten selbst Reaktionen von Räten, die dafür votierten.

Es geht um etliche Millionen

Die öffentliche Präsentation des Batz-Konzeptes hatte der Rat, dem es zuvor schon hinter verschlossenen Türen vorgestellt worden war, noch kommentarlos verfolgt. Doch hinter den Kulissen müssen starke Gewitterwolken aufgezogen sein, die sich nun auch entluden. Schließlich geht es, in jedem Fall, um etliche Millionen, die der Bäderbetrieb das 6000-Einwohner-Städtchen kosten wird.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Umsetzung der von Batz vorgeschlagenen Weiterentwicklung würde allein schon zunächst um die 6 Millionen Euro kosten. Hinzu kämen aber, auf zehn Jahre gestreckt, weitere 10 Millionen Euro an nötigen Investitionen in die technische Infrastruktur, so das Ergebnis eines zweiten Fachgutachtens. Und: Selbst die wohl letzte aller Optionen, eine Liquidation der Therme, würde die Stadt über 5 Millionen Euro kosten. Was bliebe da noch für andere freiwillige Leistungen der Stadt, wie die Musikschule oder die Bücherei, übrig?

Räte zeigen sich besorgt

Die Antwort darauf habe die Kämmerin noch nicht gegeben, sagte Boris Mattes (SPD), der auch fordert, das Freibad müsse man auf jeden Fall erhalten. Er kommt zum Schluss: „Ich kann und ich will deshalb nicht mehr weiter Geld in die Therme stecken.“ Mattes ist der Einzige, der das so radikal formuliert. Doch die von ihm geäußerten Sorgen treiben selbst Befürworter um.

So lautete Peter Schmidts (CDU) Fazit, anders als etwa der Kindergarten, „ist die Therme keine Pflicht, sie ist Kür“. Man sollte sie nicht um jeden Preis halten, fand Schmidt. Mit dem jetzigen Beschluss kaufe man sich für viel Geld Zeit, die man aber auch nutzen müsse. „Ein ‚Weiter so‘ kann es nicht geben.“ Zum Beispiel diskutiere man schon seit Jahren darüber, das Freibad von der Therme zu separieren und als Strandbad weiterzuführen oder auf Thermalwasser zu verzichten.

Großer Investitionsstau und ungünstige Betreiberwechsel

Corona habe das Fass nur zum Überlaufen gebracht, meinte nicht nur Schmidt. Auch Therme-Geschäftsführer Fabian Dalmer hatte bei seinem Sachstandsbericht hervorgehoben: „Wir haben einen großen Investitionsstau.“ Jahrelang hatte man in der Therme nur nötigste Reparaturen vorgenommen.

Die Situation der Therme

Hinzu kamen aber auch zwei ungünstige Betreiberwechsel. Und nachdem die Stadt 2018 die Therme in eine GmbH umgewandelt hatte und seither in Eigenregie führt, zeigte sie bei der Auswahl von Dalmers Vorgängerin ebenfalls keine glückliche Hand. Nur etwas mehr als ein Jahr war die hochbezahlte Geschäftsführerin auf ihrem Posten, bevor sie, ohne sichtbare Spuren hinterlassen zu haben, sang- und klanglos abberufen wurde.

Räte diskutieren über richtigen Weg

Markus Waibel (FW) sagte: „Als wir vor zwei Jahren die Therme zurückholten, haben wir gewusst, das ist ein altes Auto, bei dem der TÜV schon dreimal abgelaufen ist.“ Waibel brach aber eine Lanze für „die wunderbare Immobilie. Kein Bad am ganzen See hat dieses Feeling.“ Die bisherigen Berater, darunter auch die Firma Wochner und Partner des Meersburgers Matthias Wochner, die eine Unternehmensplanrechnung erstellte, hätten einen guten Job gemacht, so Waibel.

Er vertraue darauf, dass das Batz-Konzept in eine gute Richtung weise. „Aber ich bin gegen eine Taskforce mit verrückten Profis, die uns sagen, wie man besser bädelt.“ Auch Christian Herter (Umbo) meinte: „Wir brauchen eine Lösung, die zu unserer Therme und Größe passt, nichts Abgefahrenes.“

Christine Ludwig (Grüne) hatte sich überlegt, wie man aus der Raupe Therme einen Schmetterling machen könne und war zwar zu keiner Lösung, aber zum Ergebnis gekommen: „Wir haben mehr Handlungsoptionen, wenn wir diesen Schritt heute nicht mitgehen.“

Brandbrief an Bund und Land

Bürgermeister Robert Scherer hatte eingangs ein leidenschaftliches Plädoyer für den Erhalt der Therme gehalten. Durch Corona sei sie unverschuldet in die aktuelle Situation geraten. Man habe bereits einen Brandbrief an Bund und Land geschickt, aber noch keine Rückmeldung erhalten. „Kommunale Bäder sind bis heute unter keinen Rettungsschirm gefallen“, bedauerte Scherer. Man werde in Stuttgart und Berlin weiter fordern, auch diese zu bedenken.