Peter Schober

"Immer wieder passiert es uns und unseren Bekannten, dass wir auf den von der Gemeinde gelb ausgeschilderten Wanderwegen, sofern sie geteert sind, von sehr schnell fahrenden Autofahrern um ein Haar überfahren werden." Was Elisabeth Wagensommer aus Weildorf in einer E-Mail an Bürgermeister Manfred Härle schrieb, klingt wie ein verzweifelter Hilferuf. Doch die Antwort aus dem Salemer Rathaus ist eher ernüchternd. "Wenn Sie sich durch einen Autofahrer bedrängt fühlen, können Sie bei der Polizei jederzeit Anzeige erstatten", antwortete Bürgermeister Härle. Nun hat sich Elisabeth Wagensommer an den SÜDKURIER gewandt und macht sich, wie sie überzeugt ist, auf diesem Weg zum Sprachrohr vieler anderer.

Eine Fußgängerin drückt sich an die Seite, wenn ihr auf einem Spazierweg verbotenerweise ein Auto entgegenkommt. Bild: Peter Schober
Eine Fußgängerin drückt sich an die Seite, wenn ihr auf einem Spazierweg verbotenerweise ein Auto entgegenkommt. Bild: Peter Schober

In einer E-Mail an Bürgermeister Härle schildert Elisabeth Wagensommer einen Vorfall auf dem Galgensträßle zwischen Weildorf und dem Schapbuch, wo sie sich bei einem Spaziergang nur durch einen schnellen Sprung auf das Bankett vor einem vorbeirauschenden Auto retten konnte. Genauso sei es ihrer Tochter auf dem Prälatenweg zwischen dem Polenkreuz und dem Affenberg schon ergangen. Elisabeth Wagensommer wünscht sich deshalb Geschwindigkeitsbeschränkungen auf solchen Wegen. Beim Prälatenweg handelt es sich allerdings, wie Bürgermeister Härle auf Elisabeth Wagensommers Anregung antwortete, um eine Gemeindeverbindungsstraße, auf der sich keine Geschwindigkeitsbegrenzung durchsetzen lasse.

Bürgermeister spricht sich gegen Polizeikontrollen aus

Ein anderer Sachverhalt ist beim "Galgensträßle" gegeben. Dieser Weg, teilt Bürgermeister Härle mit, dürfe der Beschilderung nach nur von landwirtschaftlichen Fahrzeugen befahren werden. Bei Verstößen könne bei der Polizei Anzeige erstattet werden. Doch in dieser Hinsicht spricht Bürgermeister Härle mit zwei Zungen. Im vergangenen Jahr mahnte Gemeinderat Klaus Bäuerle (Grüne offene Liste) in einer Ratssitzung Polizeikontrollen auf der Verbindungsstraße zwischen dem Campinghof Gern und dem Bildungszentrum an. Diese Straße ist ebenfalls nur für den landwirtschaftlichen Verkehr freigegeben und ist, wie Bäuerle betonte, als Schulweg klassifiziert. Von Bürgermeister Härle erhielt er aber die lapidare Antwort: "Man sollte nicht päpstlicher als der Papst sein."

Abkürzung wegen einer Umleitungsstrecke

Auch im Fall der Schlosswiesenstraße zwischen Neufrach und dem Alten- und Pflegeheim Wespach drückt Härle beide Augen zu. Dieser schmale Wirtschaftsweg, der gerne von Müttern mit Kinderwagen, älteren Leuten und auch von Bewohnern des Pflegeheims Wespach als Spazierweg genutzt wird, wird augenblicklich in hochfrequenter Weise von Autofahrern als Abkürzung für die Umleitungsstrecke genommen, die wegen der Bauarbeiten an der Neufracher Ortsdurchfahrt ausgeschildert ist. Als Gemeinderätin Henriette Fiedler (Freie Wähler) wegen der geringen Fahrbahnbreite im Gemeinderat kürzlich anregte, wenigstens eine Einbahnstraßenregelung einzurichten, wies Bürgermeister Härle diesen Vorschlag kategorisch zurück.

"Wenn die Autofahrer doch wenigstens langsam fahren würden!", sagt Elisabeth Wagensommer und fügt resigniert hinzu: "Aber die meisten sind sich ihres Fehlverhaltens gar nicht bewusst." Autofahrer, die sie kennt, spricht sie schon auch mal an. "Viele sind dann auch einsichtig."

Gemeinderat Klaus Bäuerle fordert ein Tempolimit

Von sich aus aber kommen eben die meisten nicht zur Einsicht. "Wenn man auf dem Gern-Weg mit dem Fahrrad fährt", schildert Klaus Bäuerle seine Erfahrungen, "dann kommen einem da Autos mit gut 50 Sachen entgegen und erwarten, dass man auf den unbefestigten Straßenrand ausweicht." Er plädiert dafür, dass auf solchen Wirtschaftswegen wenigstens ein Tempolimit von 30 oder besser noch 20 Stundenkilometern erlassen wird, wenn das Durchfahrtsverbot schon nicht durchgesetzt werde. "Aber da reden wir von der GoL und den Freien Wählern uns im Gemeinderat den Mund fusselig und bekommen nicht die dazu notwendigen Mehrheiten", teilt er Elisabeth Wagensommer in einer E-Mail mit.

BUND begrüßt Vorstoß von Elisabeth Wagensommer

Hoffnung können Elisabeth Wagensommer und alle, die ähnlich gefährliche Erfahrungen gemacht haben wie sie, dennoch schöpfen. Denn in seiner E-Mail kündigt Klaus Bäuerle an, dass die GoL nach den Gemeinderatswahlen im Mai den Antrag stellen werde, dieses Thema auf die Tagesordnung einer Gemeinderatssitzung zu setzen. Gabriela Lindner vom BUND, die Elisabeth Wagensommer ebenfalls angeschrieben hat, steht diesem Vorstoß positiv gegenüber. In ihrer Antwort an Elisabeth Wagensommer schreibt sie: "Vielen Dank – endlich – für die Information und Ihre Initiative!"