Für Dekan Peter Nicola kam die Entscheidung nicht wirklich überraschend: Da sich die Erzdiözese auf 36 Großpfarreien reduziert, wird das katholische Dekanat Linzgau in einer Kirchengemeinde mit dem Namen Linzgau-Bodensee aufgehen. Zum 1. Januar 2026 wird Nicola die neue Großpfarrei Hochrhein-Südschwarzwald mit Sitz in Bad Säckingen übernehmen. Nicola berichtet, dass die Diözese bereits vor geraumer Zeit die Maxime ausgegeben habe, dass gehen müsse, wer länger als acht beziehungsweise 14 Jahre an einem Ort sei. „Ob das sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.“

Nicola fühlt sich in Salem verwurzelt

Auch bei der Narrenschau in Mimmenhausen machte er deutlich, was er von dieser Maxime hält: „Ich bin einer von euch“, proklamierte er unter dem stehenden Applaus der Gäste. „Ich bin ein Salemer!“ Aufgrund der Bedingungen der Strukturreform sei ihm jedoch angeraten worden, sich eine neue Aufgabe zu suchen. Dabei habe ihn eine Ansage von oben im tiefsten Inneren getroffen: „Die Platzhirsche müssen weg.“ Wie der Dekan im Gespräch mit dem SÜDKURIER berichtet, hätte er sehr gern sein hiesiges Netzwerk genutzt, um an der Kirchenentwicklung 2030 mitzuarbeiten: „Ich hätte gern dieses Schiff zum Fahren gebracht.“

Mitbestimmer statt Spielfigur sein

Doch auch wenn sich Nicola nach keinem anderen Posten umgesehen hätte, wäre sein Verbleib nicht sicher gewesen: Anstatt einer „Verfügungsmasse“ anzugehören, wollte er seine Zukunft lieber mitgestalten. „Ich wollte auf jeden Fall im Süden bleiben, nicht in eine Großstadt und nicht in die Rheinschiene“, offenbart er. Daher habe er sich angesehen, was infrage gekommen sei – „und Bad Säckingen ist es eben geworden“. Da das reizvolle Städtchen über den Rhein mit dem Bodensee verbunden ist, fühle er sich weiterhin der Vierländerregion Bodensee angehörig.

Das könnte Sie auch interessieren

Erwartungen an den neuen Posten

Was seine Aufgaben an seiner künftigen Wirkungsstätte betrifft, rechnet Peter Nicola mit Kontinuität, da er wie bisher letztverantwortlich für ein großes Team sein werde. „Es wird aber darauf ankommen, so schnell wie möglich Menschen kennenzulernen“, meint er auch auf Vereine und Gruppierungen bezogen. „Ich gehe davon aus, dass ein Jahr dafür nicht reicht.“ In den entsprechenden Gremien vor Ort habe er sich bereits vorgestellt, doch für den Augenblick halte er sich noch etwas im Hintergrund. „Ich gehe davon aus, dass mein Dienst hier bis zu den Sommerferien 2025 geht“, sagt er auf Salem bezogen.

Für Salems Zukunft noch vieles offen

Was die Zukunft für die bisherige Kirchengemeinde Salem-Heiligenberg angeht, sei vieles noch relativ offen. Zum einen sei noch unklar, wo Matthias Zimmermann als Leiter der Großpfarrei Linzgau-Bodensee wohnen werde, zum anderen stelle sich noch die Frage, wie die Präsenz der Seelsorgenden organisiert werde. „Diese Entscheidung treffe ich nicht mehr“, sagt Nicola dazu. Über seinen langjährigen Kollegen kann er nur Gutes sagen: „Ein überaus kompetenter, freundlicher, liebenswerter, ruhiger Mitbruder“ sei Zimmermann, den er sehr schätze. „Wir sind einander freundschaftlich verbunden und werden uns gegenseitig keine Steine in den Weg legen“, verspricht Nicola einen geordneten Übergang.

Das könnte Sie auch interessieren

Bei den Gemeindemitgliedern müsse diese Erkenntnis erst noch reifen. Ganz oft schon sei er auf seinen bevorstehenden Wechsel angesprochen worden, erzählt der Dekan: „Die Stimmung ist gedrückt, traurig, zum Teil zornig.“ Die Hintergründe habe er stets erläutert, doch nachfühlen könne er die Reaktionen sehr gut. „Mit Salem verbinden mich Freundschaften zu Familien, Gruppen, Vereinen, Rathäusern, Handwerkern, … es ist ein großes Netzwerk, das ich aufgebaut habe.“ Auch sein großes Interesse an der Abtei Salem habe er versucht, den Menschen nahezubringen. „Es hängt ganz schön viel hier“, merkt Nicola wehmütig an.

Herausforderungen konstruktiv begegnen

Bei aller Kritik erkennt der Dekan die Notwendigkeit eines harten Schnitts: Aufgrund des demografischen Wandels und des Personalmangels in der katholischen Kirche wolle der Bischof nicht alle fünf Jahre ein Reförmchen, sondern habe sich für die heftigste Reform seit der Gründung der Diözese entschieden. „Grundsätzlich hat er recht, aber ob die Details sinnvoll oder für die Menschen nachvollziehbar sind, ist die Frage.“ Doch da die Zahl der Priesterweihen seit Jahren rückläufig sei, komme man nur konstruktiv weiter: „Wenn wir jetzt bocken, ist niemandem gedient.“

Ohne Ehrenamtliche geht es nicht

Was die Weiterentwicklung der Kirchengemeinde angehe, sieht Nicola auch die Gemeindemitglieder in der Pflicht. Oft sei ihm gegenüber die Befürchtung geäußert worden, dass es nach der Reform nichts mehr vor Ort geben werde. Doch: „Wo ein Dorf sich um seine Gemeinde kümmert, wird was laufen“, ist der 59-Jährige sich sicher. Seine verbleibende Zeit in Salem will er dazu nutzen, die Ehrenamtlichen dafür zu motivieren. „Ob das bei allen gelingt, wird sich weisen.“

Das könnte Sie auch interessieren

Ein lachendes und ein weinendes Auge

Bei all den anstehenden schmerzlichen Abschieden möchte Peter Nicola den Menschen an seiner künftigen Wirkungsstätte offen entgegentreten. „Man muss schauen, wie man alte Freundschaften aufrechterhält und neue Freundschaften entwickelt.“ Dass dabei zwei Herzen in seiner Brust schlagen, macht er zum Abschluss deutlich: „Ich empfinde Schmerz und Trauer über all das, was ich hier zurücklassen muss, und gleichzeitig die Hoffnung, dass das, was beginnt, auch gut wird.“