Wer sich für seine Gemälde interessiert, den führt Kurt Albiez zunächst in seine eigene kleine Autohalle, in der einige Dutzend seiner Werke ringsum an den Wänden hängen oder auf dem Boden hintereinander gelagert stehen. Gerüche von Öl und Gummi verstärken den Eindruck: Gemalte Autoliebhaberei ist hier, weit über ein gelegentliches Hobby hinaus, zum Lebensinhalt geworden. Eher beiläufig verweist Kurt Albiez auf einen Mercedes in realer Größe nebenan. „Ich fahr‘ halt gern Cabrios“, gesteht er.
Begabung zum Freihandskizzieren zeigte sich schon in Kindertagen
Kurt Albiez, 75 Jahre alt, ist ein Salemer Urgestein. Hier in Mimmenhausen ist er aufgewachsen, er hat den Ort nie für längere Zeit verlassen. Mit seiner Ehefrau freut er sich über zwei Kinder, fünf Enkel und eine Urenkelin. Im elterlichen Bauunternehmen erlernte er das Maurerhandwerk, zusätzlich absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung. Aus gesundheitlichen Gründen wechselte er später vom Bau zu den Stadtwerken Konstanz. Dort konnte er als technischer Zeichner seine Begabung zum Freihandskizzieren, die sich schon in Kindertagen gezeigt hatte, auch beruflich einsetzen.
Gefesselt von der Ästhetik des Automobils
Und spätestens seit dem Eintritt in den Ruhestand kann er sich als „Mal-Profi“ bezeichnen. Im Zentrum seines Schaffens steht die Ästhetik des Automobils. Sie fesselt ihn immer wieder mit der Opulenz und Eleganz von Oldtimern oder der Rasanz von Sport- und Rennwagen. Heutige Durchschnittsautos kommen ihm selten unter den Pinsel. „Die schauen alle gleich öd aus“, sagt er. Aber wenn jemand es will, dann malt er eben auch das.
Denn in vielen Fällen treiben ihn Aufträge von Gleichgesinnten an die Staffelei. Da melden sich Autosammlungen, etwa die in Schramberg, wo einige Maybachs von ihm hängen; oder Salons wie die „Motorworld“ in Stuttgart und „Boxenstop“ in Tübingen. Auch eigene Ausstellungen hat er organisiert, in der Überlinger Kapuzinerkirche etwa oder in der Meersburger Galerie Freundorfner.
Geburtstagswunsch: der Ehemann im familieneigenen Aston Martin
Privatleute bestellen bei ihm Abbildungen ihres liebsten Stücks, also Ferraris oder Porsches. Einmal, so erzählt Albiez, meldete sich eine Hamburger Oberstaatsanwältin mit einem Geburtstagswunsch: Sie wollte ihren Mann mit dem Abbild des familieneigenen Aston Martin, Ehemann auf dem Fahrersitz, beglücken. Sogar in den USA hängen Werke von seiner Hand. Den schwarz glänzenden gemalten Maybach in seiner Garage möchte der Automaler der Friedrichshafener Maybach-Stiftung gern kostenlos zur Verfügung stellen.
Sich selbst bezeichnet Kurt Albiez als Autodidakt. Als solcher hat er es zu großer Kunstfertigkeit gebracht. Beeindruckend das Lichtspiel, die Spiegelungen, Schattierungen und Schraffuren, mit denen er den edlen Karossen auf der Leinwand fast fotorealistisch Charakter und Dynamik einhaucht und naturalistische Umgebungen andeutet. In manchem Bild rast ein Bolide in anspringender Perspektive auf den Betrachter zu.
Mit dem Beamer bringt er Autos auch auf große Wände
Grundlage für alles sei „gscheids Material“, sagt der 75-Jährige, also langsam trocknendes, plastisches Acryl, Pinsel aller Größen und Stärken, solide Leinwand. Manchmal finden seine Bilder auf Außenwänden im Riesenformat Platz. Dann projiziert er zunächst die Umrisse des Fahrzeugs mit einem Beamer auf die Wand und malt das Abbild dann nach allen Regeln seiner Kunst aus. Meist sind Fotos die Vorlage. Bei größeren Formaten hilft ihm ein Kurvenlineal. Es geht dann zunächst zu wie beim Automobildesign. Die Automalerei sei eine anstrengende Sache, denn der sachkundige Betrachter kennt jedes Detail und kleinste Abweichungen vom vierrädrigen Original gelten als Fehler. Die Naturmaler seien da viel freier: „Die können machen, was sie wollen.“

Im Wohnzimmer seines Hauses findet sich der Beleg, dass Kurt Albiez auch anderes meisterlich beherrscht: ein Bild zweier Personen, in durchaus expressionistischer Malweise nebeneinandergestellt, alle Einzelheiten sind in der Abstraktion verschwunden, Umrisse und Bewegung sind mit breitem Pinselstrich schwarz hingeworfen, kräftiges Farbspiel setzt die Figuren in Beziehung. Der Salemer Automaler Kurt Albiez: Hier war er so frei.