Mardiros Tavit

Bald ist es soweit, dann stehen die Wiesen wieder im satten Grün. Futter für die Nutztiere. Auf die Landwirte kommt im Frühjahr mit dem Mähen der Wiesen und dem Heuen viel Arbeit zu. Opfer dieser notwendigen landwirtschaftlichen Arbeit sind oft die Rehkitze.

Kitze verstecken sich im hohen Gras

Die Natur hat es so eingerichtet, dass die Rehkitze sich im hohen Gras verstecken. Genau das kann ihnen an einem sonnigen Tag zum Verhängnis werden. Sie kommen beim Mähen im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder, genau ins Schneidwerk. Fachleute gehen von jährlich 100 000 getöteten Rehkitzen aus.

Den Anblick von Rehkitzen, die bei der Mahd ums Leben gekommen sind, kennt auch Barbara Schmidle. Sie wuchs auf dem Bauernhof auf. „Das hat mich immer sehr mitgenommen, vermähte Kitze sehen zu müssen“, erzählt sie heute. Jahre später wurde sie eine der Gründungsmitglieder der Rehrettung Hegau-Bodensee, 2015 war das.

186 Rehkitze im Jahr 2019 vor der Vermähung gerettet

Fünf Jahre später kann sie auf eine sehr erfolgreiche Arbeit ihres Vereins blicken. Zuletzt wurde dieser mit dem baden-württembergischen Tierschutzpreis ausgezeichnet. „2019 haben wir 186 Rehkitze vor der Vermähung gerettet“, zog Schmidle Bilanz. Ein Jahr zuvor waren es 52 Kitze.

Drohnen-Pilot Andreas Hammer mit seinem Arbeitsgerät.
Drohnen-Pilot Andreas Hammer mit seinem Arbeitsgerät. | Bild: Jäckle, Reiner

Andreas Hammer baute System anfangs noch selbst zusammen

Vor fünf oder sechs Jahren sah das noch anders aus. Der Sipplinger Andreas Hammer, Immobilienmakler und passionierter Modellflieger, war einer der Pioniere der Rehkitz-Rettung. Damals setze er erstmals Drohnen ein, um Rehkitze aufzuspüren. „Damals gab es noch keine Komplettsysteme“, erinnert er sich an die Anfänge. Er habe noch alles eigens zusammenbauen müssen. Ein Quadrokopter mit einer Wärmebildkamera hätte über 10 000 Euro gekostet. „2018 hatten wir nur zwei Systeme, seit vergangenem Jahr haben wir drei Multikopter“, freut sich Barbara Schmidle heute. Sie seien der eigentliche Grund, wieso immer mehr Bambis gerettet werden können.

Verein informiert bei Veranstaltungen über die Technologie

Als Vorsitzende der Rehrettung weiß sie, dass die Preise für die Drohnen günstiger geworden sind. Sie kosten heute um die 5000 Euro. „Das sind dann Komplettsystem mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis, deren Wärmebildkamera brauchbar ist.“ Mit ihrem Verein hat sie sich auf die Fahnen geschrieben, diese Technologie zur Tierrettung weiterzuverbreiten. So war sie mit ihren Mitstreitern wiederholt zu Info-Veranstaltungen unter anderem an der Landesjagdschule Dornsberg. Heuer waren es dort im Februar 70 Teilnehmer.

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Rehretter sichern Interessierten Unterstützung zu, wenn sie System einführen

Da die Drohnen heute für Privatpersonen bezahlbar geworden sind, wünscht sich Schmidle, dass sie nun häufiger eingesetzt werden. „Wenn Landwirte, Jäger, ob Einzelpersonen oder in Vereinen organisiert, solche Systeme anschaffen wollen, stehen wir mit Rat und Tat zur Seite“, sagte sie. Dabei ist die Dienstleistung des Rehretter-Vereins kostenlos. Sie finanziert sich über Spenden und die Beiträge seiner etwa 90 Mitglieder.

Mitglieder suchen vor Sonnenaufgang die Wiesen ab

Die 20 aktiven Mitglieder nehmen zur Mahd-Saison einiges auf sich, wenn ein Landwirt sie um Hilfe bittet. Denn sie fahren noch vor dem Sonnenaufgang auf die zu mähende Wiese. Die Wärmebildkamera funktioniert am besten bei großen Temperaturunterschieden. Ist es kalt, können die Kitze dank ihrer warmen Körper schnell gefunden werden.

Wird ein Kitz aufgespürt, wird es von den Rettern geborgen

Das natürliche Verhalten der Kitze bei Gefahr kommt den Rettern entgegen. Denn die Kitze flüchten nicht, sie kauern sich flach auf die Erde. Sie haben keinen Eigengeruch und können daher selbst von Hunden nicht gefunden werden. Hat das Drohnenteam ein Kitz auf der Wiese gefunden, wird es so geborgen, dass es keinen Menschengeruch annimmt und vom Muttertier nicht verstoßen wird.