Erneute Wendung beim Projekt Silberdistel in Sipplingen: Die Bremer Bauträgergesellschaft Hoepkens Park C+E will nicht länger Eigentümer des Objekts werden, um es in ein Haus für Menschen mit unterschiedlichen Pflege- und Betreuungsbedarf umzubauen. Vielmehr soll eine noch zu gründende Genossenschaft diese Rolle und die damit verbundenen Risiken übernehmen. „Denkbar sind aber auch ein anderer Investor oder eine Stiftung“, sagte Diedrich Gerlach, Geschäftsführer des Bremer Unternehmens, in der Gemeinderatssitzung am Donnerstag.
Unternehmen will Umbau als Generalunternehmen begleiten
Er begründete die Änderung seines Konzeptes damit, dass andernfalls doppelte Erwerbsnebenkosten bei der Umsetzung des Vorhabens anfielen, dann nämlich, wenn erst sein Unternehmen das Objekt kaufe und später an einen anderen Investor oder eine Genossenschaft weiterverkaufe. Sein Unternehmen stehe aber weiterhin als Generalunternehmer für den Umbau des Altenpflegeheims zur Verfügung, das seit dem Jahreswechsel geschlossen ist.
Kaufvertrag im Sommer 2020 abgeschlossen
Hoepkens Park C+E hatte nach eigenen Worten im Sommer 2020 einen Kaufvertrag mit den Eigentümern des Objektes abgeschlossen. Die Firma wollte das Gebäude in eine Vielzahl von Eigentumswohnungen umbauen und diese verkaufen. Weil dies baurechtlich in Sipplingen nicht möglich ist, hatte Gerlach im Herbst alternativ die Gründung einer Genossenschaft ins Spiel gebracht. Ihr wollte er das umgebaute Objekt weiterverkaufen. Nun will Hoepkens Park C+E lediglich noch als Entwickler antreten. Gerlach, der sich für die Gründung einer Genossenschaft aussprach, erklärte in der Ratssitzung: „Bis zum Bauantrag machen wir das auf jeden Fall. Was danach kommt, müssen wir mal sehen.“
Geschäftsführer: Sanierung ist einem Abriss und Neubau vorzuziehen
Die Gemeinde Sipplingen hatte den Geschäftsführer eingeladen, unter der Überschrift „Neue Silberdistel“ seine Visionen für den Umbau des Pflegeheims in der Ratssitzung vorzustellen. Er wolle nachhaltig arbeiten, sagte Gerlach, und das vorhandene Potenzial des Gebäudes sowie dessen Strukturen nutzen. Deshalb seien ein sogenanntes Redevelopment, eine Sanierung beziehungsweise Umgestaltung und Neuentwicklung, einem Abriss und Neubau des Gebäudes vorzuziehen.

Barrierefreie Wohnungen, Tagesbetreuung und eine Wohngruppe
18 seniorengerechte barrierefreie Wohnungen in einer Größenordnung zwischen 40 und 75 Quadratmetern sollen nach dem Hoepkens-Konzept auf einer Gesamtfläche von rund 1000 Quadratmetern in dem Gebäude entstehen. Daneben wolle man im Erdgeschoss auf einer Nettofläche von rund 300 Quadratmetern die Möglichkeit einer Tagesbetreuung schaffen. Errichtet werden sollten dabei Gemeinschaftsflächen, Rückzugsmöglichkeiten für die Nutzer und Räume für die Verwaltung und das Personal. Als drittes Standbein sieht das Konzept die Einrichtung einer Wohngruppe vor. Sie soll im 1. Obergeschoss auf 580 Quadratmetern über elf Plätzen verfügen. Eine zentrale Erschließungsachse in der Mitte der Gebäudeteile will das Konzept als Gemeinschafts- und Aufenthaltsfläche einplanen.
Bis zu 57 Menschen könnten hier wohnen oder betreut werden
Diedrich Gerlach geht von 44 bis 57 Menschen aus, die in der neuen Silberdistel wohnen beziehungsweise dort betreut werden würden. Dadurch entstünden Parkplatzprobleme. Eventuell sei es aber möglich, durch versenkbare Parkplätze die Stellflächen zu verdoppeln. Sein Resümee: „Umgebaut haben Sie ein Projekt, mit dem Sie Raum für Mitglieder Ihrer Gemeinde schaffen, der gut und bezahlbar ist.“
Quadratmeterpreise von 14 bis 15 Euro stehen im Raum
Die Kosten des Projektes kamen in dieser Ratssitzung kaum zur Sprache. Gegenüber dem SÜDKURIER hatte der Bremer im Herbst von einem Kaufpreis von 6 Millionen und Umbaukosten von 3 Millionen Euro gesprochen. Dieses Mal nannte Gerlach keine Zahlen. Ohne verlässliche Planungsgrößen könne er auch keine verbindlichen Zahlen nennen. Er gehe aber davon aus, dass die Wohnungen im Rahmen eines genossenschaftlichen Modells zu einem Quadratmeterpreis von 14 bis 15 Euro vermietet werden könnten. „Das ist eine Grobkalkulation“, fügte er hinzu und gab zu bedenken: „Eine Genossenschaft ist nicht dazu da, möglichst viel Geld zu verdienen, sondern gemeinsam etwas zu tun.“ Die Rendite aus Vermietungen liege vermutlich höchsten bei drei oder vier Prozent.
Arne Schuldt (FW) fehlen Zahlen
Caroline Fruchtzweig von den Freien Wählern (FW) war von den Vorschlägen sehr angetan: In Sipplingen Arbeitsplätze und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sei ein hoher Mehrwert, begrüßte sie die Ausführungen von Diedrich Gerlach. Arne Schuldt (FW) war in seiner Reaktion verhaltener: Das Vorhaben sei grundsätzlich richtig und wichtig, aber: „Was heißt das, bezahlbarer Wohnraum? Es fehlen die Zahlen.“
Clemens Beirer (CDU) sieht Suchen nach Interessenten für Genossenschaft als zentrale Aufgabe
Clemens Beirer (CDU) begrüßte im Namen seiner Fraktion grundsätzlich das Vorhaben. „Wir sind auf dem richtigen Weg, nun müssen aber Kosten und Machbarkeit ermittelt werden.“ Zentral sei die Suche nach Interessenten an einer Genossenschaft, also nach Investoren auch im Ort selbst. Beirer wies Gerlach auf den „Genossenschaftsverband – Verband der Regionen“ hin. Dieser habe viel Erfahrung mit solchen Projekten und betreue sie auch. Gerlach räumte ein: „Ich habe noch nie eine Genossenschaft gegründet und war auch noch nie damit befasst.“
Bürger sollen Ideen und Kommentare auf Postkarten niederschreiben
Mitgebracht hatte der Bremer Geschäftsmann 200 Postkarten, die er nach der Sitzung an Interessenten aus Sipplingen verteilen wollte. Die Sipplinger sollten auf den Karten Ideen und Kommentare zum Projekt festhalten, bat er. Bürgermeister Oliver Gortat begrüßte die Initiative und bat Bürger darum, diese Karten ausgefüllt direkt an die Gemeinde zu schicken, die die Karten dann gesammelt an Hoepkens Park C+E weiterleiten werde.