Nach dem Brand im Dachstuhl eines Fachwerkhauses im historischen Ortskern von Sipplingen wird im Dorf die Solidarität großgeschrieben. Das Mitgefühl mit den beiden am stärksten betroffenen Parteien des Brandhauses ist groß. Die Bewohner verloren über Nacht ihr Hab und Gut. Entweder durch die Flammen, oder durch eindringendes Löschwasser.
Als Brandursache nimmt die Polizei gegenwärtig „fahrlässige Brandstiftung“ an. Was das bedeuten kann, erläuterte Polizeisprecher Simon Göppert. Fahrlässige Brandstiftung könne vorliegen, wenn jemand beispielsweise eine Kerze oder eine Zigarette ohne die nötige Sorgfalt brennen lässt. Der Fachbegriff laute dann „externe Zündquelle“. Welche Zündquelle in Sipplingen genau vorlag, sei derzeit nicht bekannt.
Einsatz mit rund 100 Feuerwehrleuten
Bezüglich der Schadenshöhe liegen der Polizei keine weiteren Erkenntnisse vor. Noch in der Brandnacht schätzte sie den Schaden auf rund 800.000 Euro. „Das Gebäude muss offenbar vollständig saniert werden und ist unbewohnbar.“ Zur Bekämpfung des Feuers, das an Fastnachtsdienstag, 4. März, gegen 19 Uhr ausgebrochen war, und zum Schutz umliegender Gebäude war die freiwillige Feuerwehr mit rund 100 Personen im Einsatz.
Yvonne Regenscheit zählt zu einer Gruppe von Nachbarinnen und Freundinnen, die sich sagten: „Hier wird Hilfe gebraucht.“ Die sechs Frauen organisierten Sach- und Geldspenden. Kleider, Möbel, Spielsachen – sehr viele Dinge seien innerhalb kurzer Zeit zusammengekommen. Gemeinsam starteten sie eine Spendenaktion auf der Internetplattform ‚Betterplace‘, für die Regenscheit mit Namen zeichnete.
Das Geld kommt einer Frau und ihrem Sohn zugute, die schwer vom eindringenden Löschwasser betroffen sind (in einer ursprünglichen Fassung dieses Berichts hatten wir versehentlich geschrieben, dass sie im ausgebrannten Dachgeschoss wohnten, was nicht korrekt war – wir bitten, den Fehler zu entschuldigen). Es sei geplant, das Konto in den nächsten Tagen zu schließen, auf dem mittlerweile rund 15.000 Euro eingegangen sind. Die Gruppe um Yvonne Regenscheit ist nicht die Einzige, die Solidarität demonstrierte. „Es gibt so einen großen Zusammenhalt im Dorf“, berichtet sie. Sie weiß von jungen Frauen und Männern, die im Anbau, der nicht direkt vom Brand betroffen war, die Fenster putzten.
Helfer helfen den Helfern
Bürgermeister Oliver Gortat lobte die Schlagkraft der Feuerwehr. Sie habe den Brand rasch unter Kontrolle gebracht. In der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats sagte er: „Ich danke der ganzen Blaulichtfamilie.“ Gemeinderat Lars Heinzl, Mitglied der Feuerwehr, erwähnte das bürgerschaftliche Engagement, das innerhalb der Gemeinde auch dadurch zu spüren war, dass fleißige Hände in der Brandnacht die freiwilligen Helfer von DRK und Feuerwehr mit Essen versorgten. 300 Brötchen seien kurzfristig geschmiert und belegt worden, für Heinzl ein Ausdruck von funktionierender Dorfgemeinschaft.

Alle verfügbaren Teiglinge aufgebacken
Die ersten 150 Brötchen kamen vom Dorfladen Beirer. Melanie Vogt kennt die Details. Sie war bereits in Feierabend, da rief ihre Mutter an. Der Bürgermeister habe sich gemeldet und Bedarf für die Versorgung der Feuerwehrleute angemeldet. Vogt: „Da haben wir alle Teiglinge aufgebacken, die im Haus waren.“ Außerdem war noch Brot aus der Ladentheke übrig. Melanie Vogt düste also zurück ins Geschäft. Mit weiteren Personen hätten sie dann zwei Stunden lang Brötchen gebacken, belegt und geschmiert. Weil das Brot zur Neige ging und die Feuerwehr die Nacht über weiter im Einsatz war, sei die nächste Fuhre von der Bäckerei Diener in Überlingen gekommen. Denn dort begann gerade die Frühschicht.