Die Andelshofener sind ausdauernd, wenn es um die Anliegen ihres Dorfes geht, das schon 1928 der Kernstadt Überlingen zugeschlagen worden war. Das scheint auch notwendig, denn anders als mancher Teilort, der im Zuge der Eingemeindung in den 1970er Jahren eine Mitgift als Motivation erhielt, hat Andelshofen keine eigenen Strukturen: keine Ortschaftsverfassung, keinen Ortschaftsrat und keinen Ortsvorsteher.
Eigenleistungen und bereits abgesicherte Finanzierung
Umso lebendiger ist die Dorfgemeinschaft, die sich als Verein organisiert hat und seit mehreren Jahren um ihre einzige Begegnungs- und Veranstaltungsstätte im Alten Schulhaus kämpft. Bei der Stadt steht das sanierungsbedürftige Gebäude seit Längerem auf der Verkaufsliste. Joachim Schäuble und Thomas Maschke aus Andelshofen legten dem Gemeinderat nun ein ausgearbeitetes Konzept für eine künftige Nutzung vor. Neben einem Plan für die Sanierung mit Eigenleistungen enthält dieses eine bereits abgesicherte Finanzierung. Eine Entscheidung stand noch nicht an, doch zumindest stießen die Überlegungen in der Ratsrunde schon mal auf Wohlwollen.
"Für die Nutzung gibt es zahlreiche Anfragen", erklärte Joachim Schäuble, Sprecher des Vereins Dorfgemeinschaft Andelshofen, dem mehr als 100 Mitglieder angehören. "Wir wollen diese gewachsene Gemeinschaft erhalten und weiterentwickeln." Schrittweise wolle der Verein das Schulhaus sanieren und nutzbar machen.
Wohnung im Obergeschoss vermietbar machen
Im ersten Schritt soll die bestehende Wohnung im Obergeschoss mit Eigenmitteln zunächst so weit aufbereitet werden, dass diese vermietbar ist. Dann wolle man diese sukzessive weiter sanieren, um eine angemessene Miete ansetzen zu können. Ziel sei dann eine Modernisierung von Küche und Toiletten, um bei einer möglichen Übernahme des Gebäudes zu einer Gesamtsanierung des Objekts zu gelangen.
Gesamtaufwand von 200 000 Euro
Den erforderlichen finanziellen Gesamtaufwand bezifferte Schäuble auf 200 000 Euro. Einiges solle mit Eigenleistungen bewältigt werden.
GLS-Bank und Software-AG-Stiftung als Förderer
Um diese Herausforderung zu stemmen, habe die Dorfgemeinschaft bereits die GLS-Bank und die Software-AG-Stiftung als Partner gewinnen können, erklärte Thomas Maschke. Beide seien bereit, das Vorhaben zu ermöglichen. Der GLS-Bank sei daran gelegen, ein derartiges Projekt zugunsten des sozialen Miteinanders mit günstigen Konditionen zu fördern. Die Darmstädter Software-AG-Stiftung engagiert sich seit vielen Jahren sozial, unter anderem im Bildungsbereich, in der Kinder- und Jugendhilfe und auf dem Behindertensektor.

"Sie sehen in der aktiven Sozialraumgestaltung eine gesellschaftspolitische Notwendigkeit", formulierte Maschke. Voraussetzung für die finanzielle Förderung sei allerdings, dass das Gebäude im Eigentum der Dorfgemeinschaft sei oder ein langfristiger Pachtvertrag existiere. Den städtischen Haushalt könne dies sogar entlasten, sagte Maschke.
Roland Biniossek will Antrag auf Anerkennung Andelshofens als Ortsteil stellen
"Das ist ein vorbildlicher Einsatz, zu dem man nur gratulieren kann", erklärte Stadtrat Roland Biniossek (Linke) und kündigte schon mal einen Antrag auf Anerkennung Andelshofens als offizieller Ortsteil an. Dies sei nach Paragraph 64 der Gemeindeordnung kein Problem, glaubt Biniossek. Diese Ansicht teilten weder die Verwaltung noch die Ratskollegen und verwiesen auf das Beispiel Nußdorf. Dieses musste viele Jahre um seinen Status kämpfen, obwohl es schon Teilort war. "Man könnte fast meinen, wir wären schon im Kommunalwahlkampf", warf Oberbürgermeister Jan Zeitler schließlich dazwischen.
Kämmerer: Erbauzins von vier Prozent für Dorfgemeinschaft
Die Stadt wolle "keine Insellösung", wie Stefan Krause betonte. Der Kämmerer erläuterte das Angebot, das Gebäude mit einem knapp bemessenen Grundstück für einen Erbbauzins von vier Prozent der Dorfgemeinschaft zu überlassen. Dies würde sich auf einen Jahresbetrag von 5520 Euro summieren. Die Stadt sei vom Regierungspräsidium angehalten, sich von derlei Gebäuden zum bestmöglichen Wert zu trennen, da sie nicht zu den Pflichtaufgaben gehörten. Andernfalls müssten sie zu einem angemessenen Preis überlassen werden. Da es sich bei dem potenziellen Vertragspartner um einen Verein handle, müsse die Kommune auf eine Gleichbehandlung großen Wert legen.
Gemeinderäte fordern niedrigeren Erbbauzins
Ein Veto kam hier aus der Ratsrunde. Anders als Kultur- oder Sportvereine, die ihre eigenen Interessen verfolgten, kümmere sich der Andelshofer Verein um die Dorfgemeinschaft als solche, erklärte Lothar Thum (ÜfA/FWV): "Das wäre eigentlich eine originäre Aufgabe der Stadt." Für eine günstigere Erbpacht von einem Prozent plädierte Reinhard Weigelt (FDP), der das Konzept ebenso "gut und durchdacht" fand wie Günter Hornstein (CDU), Walter Sorms (LBU) und Michael Wilkendorf (SPD).

Joachim Schäuble und Thomas Maschke legten für 2019 einen ausgearbeiteten Wirtschaftsplan vor, bei dem sie von 100 Euro Miete pro Monat ausgehen. Die beiden Vertreter Andelshofens appellierten am Ende an das Wir-Gefühl. "Nur miteinander sind wir eine starke Stadt; viele Grüße aus Andelshofen", sagte Joachim Schäuble.
Haus mit Historie
Die Geschichte des Andelshofener Schulhauses hat Peter Höring recherchiert:
- Die damals selbstständige Gemeinde Andelshofen wurde 1834 verpflichtet, ein Schulhaus zu bauen. Nach einer erfolgreichen Kollekte begannen die Arbeiten an der Schule wahrscheinlich im Herbst 1844, im Frühjahr 1846 wurden sie fertig.
- Neben dem Schulsaal wurden eine Lehrerwohnung, ein Ratszimmer und ein Stall errichtet. Zudem gab es einen Turnplatz, einen Kräuterlehrgarten und einen Brunnen.
- Ab 1904 platzte die Schule bereits aus allen Nähten, denn mehr als 50 Schüler besuchten den Unterricht, darunter auch Kinder aus der Gemarkung Überlingen. Nach der Eingemeindung Andelshofens 1928 wurde das Ratszimmer zum Notschulsaal umfunktioniert. Von 1946 bis 1972 wurde das Schulhaus als Einklassenschule genutzt.
- Nach der Aufgabe der Schule wurde 1979 aus dem Schulsaal ein Gemeinschaftsraum geschaffen, der bis heute von Bürgern und Vereinen genutzt wird.