Im Juli dieses Jahres hatte Sulfat Khammatov, Sprecher der baschkirischen Hinterbliebenen des Flugzeugabsturzes von 2002, dem Überlinger Oberbürgermeister Jan Zeitler quasi den zertifizierten Gutschein für 20 sibirische Zirbelkiefern überreicht. Aus Ufa war er jetzt wieder angereist zur Pflanzaktion, zu der zwar rund 100 Menschen aus nah und fern an die Gedenkstätte für die mehr als 70 Opfer bei Brachenreuthe gekommen waren, die jedoch ohne den Überlinger Oberbürgermeister stattfand.

Das Grünflächenamt hatte das Terrain gut vorbereitet und es den Helferinnen und Helfern der Vereine "Brücke nach UfA" und "Druschba Global" (Freundschaft) leicht gemacht. Umso mehr Zeit blieb, um in den flankierenden nachdenklichen Beiträgen die Themen Frieden und Freundschaft anzusprechen, die den "Brückenbauern" ganz besonders wichtig sind.

Die promovierte Literaturwissenschaftlerin Elvira Ismagilova aus Moskau hatte die Aktion gemeinsam mit Sulfat Khammatov angeregt und zusammen mit dem Verein "Brücke nach Ufa" vorbereitet. Allen Teilnehmern dankte Vorsitzende Nadja Wintermeyer für deren Mitwirken. Die symbolische Bedeutung der Aktion unterstrich Wintermeyer mit einem Zitat Michelangelos und sagte: "Frieden findet man nur in den Wäldern."

Eine Stunde zuvor hatte der Nebel noch bleiern über dem See gelegen. Als die Teilnehmer und Zaungäste der Pflanzaktion bei der Gedenkstätte nahe Brachenreuthe eintrafen, hatte sich die Sonne schon Bahn gebrochen und die herbstlichen Farben am Waldrand zum Leuchten gebracht. Auch Sulfat Khammatov, Sprecher der baschkirischen Hinterbliebenen aus Ufa, sollte später bei seiner Ansprache darauf Bezug nehmen. "Auch der Himmel leistet heute seinen Beitrag dazu", formulierte Khammatov in seinen Worten, in denen er auf die vor fast 15 Jahren gepflanzten Birken und Ebereschen für die mehr als 70 Opfer des Absturzes verwies (siehe gelber Kasten).

Jens Eloas Lachenmayer, der am Vorabend im Kurssal mehrere hundert Zuhörer aller Generationen begeistert hatte, begleitete ebenfalls diese Aktion mit der Gitarre und eigenen stimmungsvollen Texten. In seinen Liedern formulierte er eine lyrische Hommage an die Bäume, die Freundschaft und den Frieden. Angesprochen fühlten sich auch Teilnehmer, die zum ersten Mal bei einer Gedenkveranstaltung waren und damit bewiesen, dass Menschen ganz verschiedener Herkunft hier eine gemeinsame tragfähige Basis finden können. Freundschaften könnten zu einem tragfähigen Frieden führen, erklärte Geowissenschaftler Rainer Rothfuß vom Verein "Druschba Global": "Hier können wir von den Eltern der Absturzopfer viel lernen."

Neue Orte des Friedens schaffen, im Sinne Michelangelos, könnten auch die 20 Zirbelkiefern, wie Nadja Wintermeyer betont hatte. Sie seien von Evgenij Hartmann, einem russischen Landsmann in Deutschland, schon vorgezogen worden und inzwischen bereits zehn Jahre alt. Dafür könnten es die "besonderen Bäume" durchaus auf ein Alter von 1000 Jahren bringen, sagte Wintermeyer. Noch für Generationen könnten sie daher ein Bindeglied und ein Ort des Gedenkens bleiben, ja sogar nahrhafte Nüsse abwerfen.

Zwei Pflanzaktionen

Sulfat Khammatov, Sprecher der Hinterbliebenen aus Ufa, der beim Flugzeugabsturz selbst ein Kind verloren hat, war mit seinen beiden Söhnen Timur und Iskander aus Baschkortostan angereist und zeigte sich erfreut über die große Anteilnahme an der Aktion. Schon kurz nach dem Unglück habe man mit den Birken und Ebereschen "so viele Bäume hier gepflanzt, wie Menschen hier ihr Leben verloren haben", erinnerte er. "In dieser Zeit haben wir nicht nur den Schmerz des Verlustes gespürt", sagte Khammatov, "sondern auch die zarten Gefühle der Unterstützung, die uns in diesen getragen und geholfen haben."

Doch nach 15 Jahren werde der Schmerz des Verlustes "etwas stumpfer". Man könne nicht nur von der Vergangenheit leben. "Der liebe Gott hat uns die Kraft gegeben, die Möglichkeit zu träumen und zu hoffen", sagte Khammatov: "Und diese Hoffnung und dieser Traum haben uns über die Jahre hinweg getragen. Einen großen Beitrag dazu hat Ihre Hilfsbereitschaft geleistet."

Dazu zählt Khammatov zufolge auch die jetzige Pflanzaktion, die nur mit Unterstützung vieler Freunde möglich sei. "Dies gibt uns die Hoffnung, dass unsere Kinder diese Freundschaft weitertragen", erklärte Khammatov: "Diese sibirischen Zirbelkiefern mögen ein Symbol sein für die verbindenden Gefühle und die Freundschaft. Und so wie diese Bäume lange wachsen werden, so lange wird unsere Freundschaft andauern. Die kleinen Kinder, die heute dabei sind, mögen diese Gefühle der Freundschaft weitertragen in die Zukunft, dass wir immer in Frieden leben können. Und es möge immer Sonnenschein sein in Ihrem Leben wie heute."