Angedeutet hatte es sich bereits, jetzt ist es Gewissheit: Das Überlinger Gymnasium wird schon bald aufgegeben und abgerissen. Stattdessen soll im Zuge der Neuentwicklung des Schulcampus ein Neubau für die Gymnasiasten entstehen. Damit wird eine wesentliche Frage beantwortet, die bei der Vorstellung des Masterplans für den Schulcampus im Mai 2017 noch offen war, da die Kosten für den Neubau und die Sanierung mit jeweils rund 55 Millionen Euro gleich hoch geschätzt wurden.

Nun hat ein Gutachten des Architektenbüros "Orange Blu" aus Stuttgart den Gemeinderäten die Entscheidung quasi abgenommen. Dieses kommt zu einem eindeutigen Urteil: "Die Frage, ob ein sanierter Hauptbau des Gymnasiums Überlingen auch nachhaltig zukunftsfähig sein wird, müssen wir verneinen." Es sei nicht möglich, das Schulbaugebäude durch Sanierung auf den Standard eines Neubaus "mittlerer Art und Güte" zu bringen. Insbesondere das Tragwerk verfüge über keinerlei Reserven für zusätzliche Lasten aus Sanierungsmaßnahmen. Außerdem sei bei den derzeitigen Raumhöhen die Einhaltung aktueller mittlerer Schulbaustandards für ein saniertes Gebäude ausgeschlossen. "Für uns ist damit das K.o.-Kriterium erfüllt", sagte Raphael Wiedemer-Steidigner, Leiter des Fachbereichs 1, im Gemeinderat.

Das sahen auch die Gemeinderäte so und stimmten bei nur einer Gegenstimme dafür, beim Kultusministerium einen Antrag auf Aufgabe des Gebäudes aus den 1960er-Jahren zu stellen. Auch Oswald Burger (SPD) stimmte zu, wenn auch "zähneknirschend". Er nutzte die Gelegenheit für eine "kulturkritische Bemerkung", wie er sagte. So zählte er mehrere historische Bauten wie das Rathaus, die Seeschulen oder das Post-Gebäude auf, die auch nach mehreren hundert Jahren noch gut da stünden. Vor diesem Hintergrund sei es "traurig, dass nach dem Zweiten Weltkrieg fast nur Klump gebaut wurde".

Auch Lothar Fritz (CDU), selbst jahrelang Schulleiter des Gymnasiums, musste einsehen, dass das Fazit der Ingenieure eindeutig sei. Er stellte ernüchtert fest: "Wir werden in diesem Jahr Fünftklässler einschulen, die während ihrer gesamten Schullaufbahn von Baustellen umgeben sein werden." Als Einziger stimmte Michael Wilkendorf gegen die Aufgabe des Schulgebäudes. "Ich möchte nicht, dass die Stadt vorangeht beim Thema Gebäudeabriss." Zugleich stimmte er aber für die weitere Planung für einen Neubau.

Diese soll nun vorangetrieben werden. Vor allem will die Stadt nun beim Land Zuschüsse für den Neubau beantragen. Für diesen Schritt war die Entscheidung des Gemeinderats zur Aufgabe des Gymnasiums Voraussetzung. Die Aussichten auf eine Finanzspritze seien gut, sagte Oberbürgermeister Jan Zeitler und erzählte, dass er mit Regierungspräsident Klaus Tappeser kürzlich die Schule besichtigt hätte und auch dieser die Notwendigkeit für einen Neubau erkannt habe. "Er unterstützt uns in diesem Vorhaben", versicherte Zeitler jenen Räten, die sich noch kritisch zeigten, ob man tatsächlich mit Landeszuschüssen rechnen könne. Wie hoch diese ausfallen und welche Kosten für der Neubau entstehen werden, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, erklärte Raphael Wiedemer-Steidinger.