Julia Rieß

Im Stall riecht es streng, auch wenn im Moment keine Tiere darin sind und die gekachelten Abteile geputzt und desinfiziert wurden. „Maximal 6 Schweine“ steht auf einem Schild an einem Abteil, „maximal 4 Schweine“ an einem anderen. Die 100 Schweine, die im Schlachthof Überlingen pro Woche geschlachtet werden, verbringen hier die Nacht. „Sie werden abends angeliefert, damit sie nach dem Transport Zeit haben, zur Ruhe zu kommen“, erklärte Matthias Minister, Geschäftsführer der Schlachthof Überlingen GmbH und des Unternehmens Fairfleisch, der den Landtagsabgeordneten Martin Hahn (Grüne), Vertreter der örtlichen Grünen sowie der Initiativen Cittàslow und Slow Food durch den Betrieb führte.

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Hahn hatte im Rahmen seiner Sommertour zu der Besichtigung eingeladen. Eine anschließende Diskussion befasste sich mit den Themen bewusster Fleischkonsum und tierschonende Produktion.

Wie der Schlachttag abläuft

Die Rinder werden erst am Morgen der Schlachtung angeliefert, erklärte Matthias Minister bei dem Rundgang weiter. Eine Ruhezeit nach dem Transport sei bei Großvieh nicht notwendig, da diese Tiere nicht so schnell in Stress geraten würden. Schweine wie Rinder aber würden am Morgen nacheinander aus dem Stall in den angrenzenden Raum gebracht. Dort werden sie fixiert und betäubt – Rinder mit dem Bolzenschussgerät, Schweine elektrisch, beschrieb Matthias Minister.

Matthias Minister erklärte dem Landtagsabgeordneten Martin Hahn (Grüne) und den anderen Teilnehmern im Kühlraum, was beim ...
Matthias Minister erklärte dem Landtagsabgeordneten Martin Hahn (Grüne) und den anderen Teilnehmern im Kühlraum, was beim Schlachtvorgang wichtig ist. | Bild: Julia Rieß

Entsprechend der Schlachtverordnung müssten sie innerhalb von 60 Sekunden aufgehängt und entblutet werden. Erst nach dem Entbluten, das einige Minuten dauere, gelte das Tier als tot. Während die Schweine laut Minister im nächsten Schritt in die Brühanlage kommen, damit die Borsten besser entfernt werden können, werde dem Rind von zwei Mitarbeitern die Haut abgezogen. Nach dem Ausweiden erfolge die amtliche Fleischuntersuchung durch einen Veterinär. Nächste Station sei das Kühllager, wo die Tierhälften und -teile gelagert werden, bis sie für den Verkauf zerlegt werden.

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Faktor Zeit spielt im Vergleich mit Großbetrieben entscheidende Rolle

Das Besondere beim Schlachtvorgang im Überlinger Schlachthof ist der Faktor Zeit, sagte Matthias Minister. „Während im Schlachthof Ulm 45 000 Schweine pro Woche geschlachtet werden, sind es in Überlingen 100 Schweine. In Ulm werden fünf Rinder pro Minute geschlachtet – hier in Überlingen nehmen wir uns dafür eine Stunde lang Zeit.“ Dadurch herrsche weniger Stress und es könne besser sichergestellt werden, dass eine unzureichende Betäubung erkannt und korrigiert wird.

Neben der korrekten Schlachtung legt der Schlachthof Überlingen laut dem Geschäftsführer Wert darauf, dass die Tiere bis zu ihrer Ankunft ein möglichst artgerechtes Leben hatten. Matthias Minister vertreibt mit seiner Fairfleisch GmbH Fleisch „aus besonders artgerechter Tierhaltung“.

Tiere aus artgerechter Haltung

Dazu gehöre, dass die Tiere über ausreichend Platz, Auslauf oder Weide, Stroh-Einstreu und gentechnikfreies Futter verfügen. Antibiotika werden nicht vorbeugend verabreicht. Die Kastration der männlichen Ferkel erfolgt laut Matthias Minister ausschließlich unter Narkose. Die Freilandhähnchen beziehe er für seine Firma von einer Erzeugergemeinschaft aus Südwestfrankreich, wo die Hähnchen auch geschlachtet würden und somit nicht lebend transportiert werden müssten.

Was muss sich beim Thema Fleisch tun? So diskutierten die Teilnehmer des Rundgangs

Nach der Führung diskutierten die Teilnehmer verschiedene Aspekte des Fleischkonsums.

  • Für Hubert Hohler, der seit 20 Jahren in der Klinik Buchinger Wilhelmi als Küchenchef arbeitet, bedeutet bewusster Fleischkonsum vor allem, diesen zu reduzieren. „Wir bieten unseren Gästen ausschließlich vegetarische Gerichte an, um ihnen Anregungen zu einem bewussten und nachhaltigen Konsum zu geben. Unsere Mitarbeiter bekommen ab und zu Fleisch – allerdings nur aus lokaler, fairer Produktion.“
  • Metzgermeister Fridolin Zugmantel, Initiator der Schlachthofinitiative, aus der der neue Schlachthof entstand, sieht ein großes Problem darin, dass der Verbraucher nicht mehr das ganze Tier nutzen möchte. Innereien etwa wolle heute kaum einer mehr essen, was dazu führe, dass rund 80 Prozent des Tieres weggeworfen würden. Auch könne er nicht die Aussage akzeptieren, man könne sich das regionale, fair produzierte, oder Bio-Fleisch nicht leisten. „Das sind 30 Cent mehr pro 100 Gramm Fleisch. Für Freizeitaktivitäten geben wir so viel Geld aus, da schauen wir doch auch nicht so genau drauf. Man muss eben die Wertigkeiten anders legen.“
  • Abgeordneter Martin Hahn sagte: „Wir müssen unsere Gewohnheiten verändern.“ Für ihn ist die Viehhaltung als fester Bestandteil der regionalen Landwirtschaft nicht wegzudenken, jedoch müsse der Verbraucher noch mehr für Fleisch aus regionaler und artgerechter Haltung gewonnen werden.