Monatelang hatte Oberbürgermeister Jan Zeitler ein Geheimnis gemacht aus der Frage, ob er sich denn nun Ende des Jahres 2024 um eine zweite Amtszeit bewerbe – oder nicht. Immer wieder kündigte der amtierende Rathauschef, der am 14. August seinen 54. Geburtstag feiert, an, dass er sich beim Bürgerempfang im Kursaal erklären wolle, also am Samstag, 13. Januar. Auch an jenem Nachmittag baute er noch Spannung auf, bis er die Katze endlich aus dem Sack ließ und verkündete, dass er erneut antrete.
Staatsanzeiger hatte schon einen Tag die Antwort
Doch war diese Nachricht für die Bürger wirklich so exklusiv? Bereits während des Empfangs wussten es einige Anwesende und in den folgenden Tagen sprach es sich weiter herum: Der „Staatsanzeiger Baden-Württemberg“ hatte bereits am Tag vor dem Bürgerempfang, am Freitag, 12. Januar, berichtet, dass der Überlinger Oberbürgermeister erneut antrete.
Schwer scheint dabei zu wiegen, dass das Blatt schon vom Namen her hoch amtlich klingt: „Staatsanzeiger“. Der Untertitel lautet dann „Wochenzeitung für Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg“ und eröffnet, dass auch dessen Redakteure sich ihre Informationen auf den üblichen Recherchewegen beschaffen.
Was im Staatsanzeiger stand
Woher hat dann ein Staatsanzeiger-Redakteur seine Informationen, die er unter dem Titel „In elf Städten stehen in 2024 OB-Wahlen an“ verbreitet? Im Artikel heißt es unter anderem: „Auch OB Jan Zeitler (SPD) in Überlingen (Bodenseekreis) stellt sich zur ersten Wiederwahl im November. Wobei eine zweite Amtszeit in der Stadt am Ufer des Bodensees zuletzt im Jahr 1977 Reinhard Ebersbach vergönnt war. Seit 1993 hielten sich drei Rathauschefs nur je acht Jahre im Amt.“
Diese Information zur Kandidatur kann doch nur aus dem Überlinger Rathaus stammen? „Ich habe dem Staatsanzeiger gegenüber keine Aussage hinsichtlich einer erneuten Kandidatur gemacht“, erklärt OB Zeitler auf Anfrage und schreibt, er beantworte die Fragen gerne, „für die ich aus Sicht des SÜDKURIER großes Verständnis habe“. Auch die Pressestelle der Stadt Überlingen sei nicht angefragt worden. Und Zeitler weiter: „Bei Presseanfragen vor dem Bürgerempfang habe ich auf den 13. Januar 2024 als Tag der öffentlichen Äußerung verwiesen. Gegenüber dem Staatsanzeiger habe ich nichts bestätigt.“
Es war ein Missverständnis
Doch woher kamen dann die Informationen? Das Rathausteam selbst bringt Licht ins Dunkel. Nachforschungen hätten ergeben, dass man beim Staatsanzeiger einen in der ersten Januarwoche in der „Stuttgarter Zeitung“ erschienen Artikel „missverstanden“ habe, wie Pressesprecherin Angela Winkler schreibt. „Somit kam es leider zu einer verfrühten Ankündigung einer erneuten Kandidatur von Herrn Zeitler im Staatsanzeiger.“ Also falsch verstanden und das Richtige geschrieben? „Ja, das sei leider passiert, heißt es auf Anfrage aus dem Staatsanzeiger, der damit seinerseits die Darstellung der städtischen Pressestelle bestätigt.
Was die Zeitung der Landeshauptstadt schrieb
Unter dem Titel „Lieber Schreibtisch statt Stammtisch“ hatte die „Stuttgarter Zeitung“ am 5. Januar vermeldet: „Nichts ist so sicher wie der Wechsel. Ihre vergangenen drei Oberbürgermeister haben die Überlinger nach jeweils einer Amtsperiode wieder in die Wüste geschickt. Zuletzt traf es die lebensfrohe Sabine Becker (erst CDU, dann parteilos, jetzt Grüne). Insofern muss Jan Zeitler (SPD) naturgemäß zittern.“ Die Zeitung aus der Landeshauptstadt zitiert einen Überlinger Stadtrat, der Zeitler charakterisiert, der OB wolle immer alles richtig machen. Das gelte auch, wenn es um die Bekanntgabe einer erneuten Kandidatur für die Wahl im November gehe“, fährt die Zeitung fort. Und die Aussage des Überlinger Oberbürgermeisters referiert die Stuttgarter am 5. Januar korrekt: „Er werde sich, wie es sich gehört, am 13. Januar beim Bürgerempfang erklären, teilt Zeitler auf Anfrage mit.“