Irgendwo bei 500 hat Christiane Balbach aufgehört zu zählen, wie vielen Babys sie als Hebamme schon auf die Welt geholfen hat. Seit 1999 ist sie im Helios-Spital in Überlingen. Wie viele Kinder an Weihnachten und zum Jahreswechsel geboren werden, lässt sich schwer vorhersagen. „Es schwankt ungemein. Die Geburtshilfe ist auf deutsch gesagt unberechenbar“, sagt die Hebamme. Den Frauen könne man auch nie konkret Auskunft darüber geben, wann ihre Babys kämen. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als den errechneten Geburtstermin und die etwaigen Entwicklungen abzuwarten.

„Wenn die Mutti mit Partner an Heiligabend in den Kreißsaal kommt, ist der heimliche Wunsch der Eltern, dass das Baby nicht an Heiligabend zur Welt kommt“, weiß Christiane Balbach zu berichten, versichert jedoch, dass das Datum irgendwann nicht mehr interessiert.

Denn Mutter und Kind sollen einfach nur gut versorgt durch die Geburt kommen, so der Wunsch der werdenden Eltern. Gerade beim ersten Kind seien sie besorgt. Christiane Balbach und die anderen Hebammen versuchen, diese Sorgen zu nehmen. Sie begleiten die Frau, beziehen aber ebenso den anderen Elternteil mit ein. „Es ist ein großer Intimbereich. Die Frau verändert sich. Das Wesen wird anders unter der Geburt“, so Balbach. Den Partner soll das nicht schrecken: „Wir können auch den Papa so mit einbeziehen, dass er sich geborgen fühlt, und die Frau unterstützen kann.“

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„In Schmerzen lässt man niemanden allein“

Christiane Balbach erzählt, dass die Mütter trotz der Corona-Pandemie von Anfang an Unterstützung von einer Begleitperson im Kreißsaal bekommen. „In Schmerzen lässt man niemanden allein“, betont die Hebamme. Die jeweilige Begleitperson, egal ob Partner oder ein Familienmitglied, können dabei zur wichtigen Stütze für die Frau werden. In Zeiten von Corona-Tests funktioniere das gut, sagt Christiane Balbach, die beim Gespräch mit dem SÜDKURIER eine FFP-2-Maske trägt.

Feiertage ändern nichts an der Arbeit

Für die Hebammen herrscht an Feiertagen dieselbe Routine wie an gewöhnlichen Kalendertagen. „Wir versuchen, es drumherum immer schön zu machen“, erklärt Christiane Balbach. Die Station ist festlich, aber dezent dekoriert. Sie sei das Aushängeschild. Die Frauen fühlten sich in einer warmen, freundlichen Atmosphäre wohler.

Aber: „Ein Feiertagsdienst ändert nichts am normalen Dienst“, sagt sie. Die Hebammen bereiten sich an Silvester genauso vor wie an einem üblichen Wochentag. Die Gerätewartung stehe an, es werde geputzt, sagt Christiane Balbach. Untereinander nehmen sie sich mal Zeit für eine gemeinsame Pause, oder nette Gesten. Mehr allerdings nicht. Im Mittelpunkt stehen die Geburten. Anhand der Anmeldungen von Eltern können sie etwas kalkulieren, alles andere ist Überraschung.

Ein übergroßer Storch begrüßt die Eltern an der Geburtshilfe im Helios.
Ein übergroßer Storch begrüßt die Eltern an der Geburtshilfe im Helios. | Bild: Santini, Jenna

Insgesamt arbeiten acht Hebammen in Voll- und Teilzeit im Helios-Spital. Die Geburten an sich beschreibt Christiane Balbach als etwas Besonderes. Da braucht es keine Feiertage. Vom Paar bis zur Geburt sei alles individuell, sagt sie. In den ganzen Jahren, in denen sie bereits im Helios tätig ist, gab es einige Momente, die ihr im Gedächtnis geblieben sind. Bei einer Frau platzte die Fruchtblase beim Restaurantbesuch. Einem Paar musste eine der Hebammen mit dem Geburtsbesteck zum Parkplatz entgegenlaufen, weil es das Baby so eilig hatte, auf die Welt zu kommen. „Das ist das Spannende. Es ist sehr abwechslungsreich“, so Balbach.

Am Ende kommt es doch ganz anders

Viele Eltern schauten sich viele Stationen vor der Geburt an. „Und dann kommt es am Ende doch ganz anders“, sagt die Hebamme aus Erfahrung. Im Helios sind vor allem die umbaubaren Betten und die Geburtswanne bei den Frauen beliebt. Unter der Geburt können die werdenden Mütter einiges ausprobieren. „Wir feuern sie mit an. Wir sind nicht nur Geburtshelferin, sondern auch Psychologinnen und Trösterinnen. Wir versuchen, Freundin zu sein, nicht nur Helferin“, erläutert Christiane Balbach. Trotz der Corona-Maßnahmen werden die Frauen auch in den Arm genommen, wenn sie das brauchen. Hinzu kommt die Unterstützung durch den Partner oder eine andere Begleitperson.

„Wenn das Baby da ist, kehrt erst mal Ruhe ein“, sagt Christiane Balbach. Lediglich das Kind melde sich noch lautstark zu Wort. Dann ist Zeit für den ersten Hautkontakt. Zusätzlich wird das Baby mit warmen Tüchern abgedeckt. „Die Mütter sind ganz verliebt in ihr Baby. Die Hormone sind da“, so Balbach. Das ist der magische Moment, wenn das Kind geboren und alles Vorangegangene vergessen ist. Die Hebamme hat ihn schon oft miterlebt. Kalenderdaten, Umgebung und vieles anderes verschwimmen.

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