Ausmisten, Aufräumen, sauber machen: Für viele ist der Frühling der perfekte Zeitpunkt, um Klarheit ins Zuhause zu bringen. Schließlich heißt es nicht umsonst „Frühjahrsputz“. Doch das große Aufräumen kann schnell überfordern. Wie trenne ich mich von Dingen, die ich nicht mehr brauche? Wo fange ich an? Und wie viel Zeit muss ich einplanen?

Sandra Anspach kennt diese Fragen nur zu gut. Die Diplom-Ingenieurin für Innenarchitektur und Ordnungscoach stellt jedes Jahr im Frühling eine verstärkte Nachfrage nach ihren Beratungen fest. „Wir haben den Winter über viel Zeit in unseren Räumen verbracht. Mit der Sonne steigt die Motivation, Dinge anzugehen“, sagt sie.

Warum Entrümpeln guttut

Dass Unordnung belastet, merken viele erst, wenn sie sich von überflüssigen Dingen befreien. „Unsere Räume haben enormen Einfluss auf unser Wohlbefinden“, erklärt Anspach. Die Wohnpsychologie zeige, dass eine zu leere Umgebung steril und ungemütlich wirkt, während zu viele Gegenstände Stress verursachen können. Die richtige Balance zu finden, sei entscheidend, sagt Anspach.

Wer nach dem Mondkalender vorgeht, sollte laut Anspach am Neumond mit dem Entrümpeln starten – dann falle das Loslassen leichter. Unabhängig davon seien Tage, an denen man sich energiegeladen fühlt, ideal. Immer wichtig sei vor allem eine gute Planung und realistische Zeitfenster: Für ein mittelgroßes Bücherregal sollten etwa zwei Stunden eingeplant werden. Wer einen kompletten Haushalt entrümpeln will, braucht je nach Umfang mehrere Wochen. Und das am besten mit genügend Pausen zwischendurch, denn das Aufräumen kann emotional herausfordernd sein, weiß Anspach.

Für ein mittelgroßes Bücherregal sollte man etwa zwei Stunden Aufräumzeit einplanen, sagt Sandra Anspach. (Symbolbild)
Für ein mittelgroßes Bücherregal sollte man etwa zwei Stunden Aufräumzeit einplanen, sagt Sandra Anspach. (Symbolbild) | Bild: Rasmus Peters

„Erst ein Coaching ohne Tränen“

„Ich hatte erst ein einziges Coaching ohne Tränen“, erzählt Anspach. Beim Aussortieren geht es eben nicht nur um Dinge, sondern auch um Erinnerungen – an Menschen, an Träume, die man einmal hatte, oder an Pläne, die nie umgesetzt wurden. Besonders schwierig wird es, wenn Gegenstände zwar negative Gefühle hervorrufen, aber dennoch nicht gehen dürfen.

Hier helfe es, sich bewusst mit diesen Dingen auseinanderzusetzen. Anspach empfiehlt, den Gegenstand sichtbar zu platzieren, etwa auf dem Nachttisch. So wird man gezwungen, sich mit ihm zu konfrontieren. Oft hilft dann ein kleines Ritual, um loszulassen. „Danke – und jetzt darfst du weiterziehen“, sei ein einfacher, aber wirkungsvoller Weg, sich bewusst von belastenden Gegenständen zu verabschieden.

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Nicht alles muss dabei direkt im Müll landen. Vieles kann noch weiterverwendet werden. Plattformen wie „Momox“ für Bücher oder Vinted“ für Kleidung bieten einfache Möglichkeiten, Dinge nachhaltig loszuwerden. Auch Second-Hand-Läden oder Flohmärkte seien gute Anlaufstellen, sagt Anspach.

Fehlende Routinen sind das Problem

Strikte Methoden oder feste Systeme empfiehlt Anspach nicht. Wichtiger sei es, eine grundsätzliche Haltung zu entwickeln. „Das nachhaltigste ist, sich schon beim Einkaufen zu überlegen, ob man etwas wirklich braucht“, sagt sie. Schließlich sei es meist viel einfacher, etwas anzuschaffen, als es später wieder loszuwerden.

Wer langfristig Ordnung halten möchte, sollte jedem Gegenstand einen festen Platz zuweisen und sich angewöhnen, ihn auch konsequent dorthin zurückzustellen, fügt Anspach an. Oft scheitere es weniger am Aufräumen selbst als an fehlenden Routinen.

Wer den Überblick verloren hat, kommt zu ihr

Dass manche Menschen Unterstützung beim Aufräumen brauchen, merkt Anspach an der wachsenden Nachfrage. Vor zwei Jahren entschied sie sich, ihr Wissen als Ordnungscoach professionell anzubieten. Besonders oft kommen Menschen zu ihr, die aufgrund von beruflichem Stress, Krankheit oder schlicht mangelnder Erfahrung den Überblick verloren haben.

Generell sei das Thema schambehaftet, erzählt sie. „Aber für mich ist es selbstverständlich, dass alles vertraulich bleibt – wie beim Arztgeheimnis.“ Beim ersten Termin wird eine Bestandsaufnahme gemacht, oft mit einem Fragebogen und Fotos. Danach begleitet Anspach ihre Kunden über zwölf Wochen hinweg. Es gehe dabei nicht nur darum, gründlich auszumisten, sondern vor allem darum, Routinen zu entwickeln, die langfristig für Ordnung sorgen.

Die Keime lauern im Verborgenen

Während Ordnung für Struktur sorgt, geht es beim Putzen um Hygiene – ein Thema, mit dem sich Claudia Munk bestens auskennt. Die Hygienefachkraft im Helios-Spital berät dort Ärzte und Pflegekräfte in Sachen Hygiene. Für Munk hat der klassische Frühjahrsputz historische Wurzeln: „Ich kann mir vorstellen, dass früher Holz- und Kohleöfen viel Ruß und Staub hinterlassen haben, weshalb im Frühling gründlich gereinigt wurde.“ Heute sei es eher die intensivere Sonneneinstrahlung, Schmutz besonders sichtbar mache – und viele Menschen zum Putzen motiviere.

Claudia Munk ist Hygienefachkraft im Helios-Spital.
Claudia Munk ist Hygienefachkraft im Helios-Spital. | Bild: Maike Stork

Wie oft bestimmte Bereiche gereinigt werden sollten, hänge vom Haushalt ab, sagt Munk. „Eine pauschale Antwort gibt es nicht.“ Viele Keime lauern allerdings dort, wo man sie nicht unbedingt erwartet, sagt Claudia Munk: in Spülschwämmen, Spülbürsten und Tüchern. Durch Speisereste können sich hier Bakterien ansammeln, weshalb ein regelmäßiger Wechsel wichtig ist. Auch Geschirrtücher, Bettwäsche, Handtücher und Unterwäsche sollten bei 60 Grad gewaschen werden, betont die Expertin.

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Allerdings kann im eigenen Zuhause nicht alles keimfrei sein. „Flächendesinfektionsmittel sind für gesunde Familien nicht notwendig“, so Munk. „Ein Neutral- oder Essigreiniger reicht völlig aus.“ Schließlich teilen sich Familien ein gemeinsames mikrobielles Umfeld, das sich mit der Zeit aufeinander einstellt. In Krankenhäusern ist das eine andere Geschichte: Dort kommen viele immungeschwächte Menschen zusammen, weshalb strenge Hygienemaßnahmen essenziell sind. „Hier gibt es klare Vorgaben, um Keime einzudämmen und die Patienten zu schützen“, erklärt Munk.

„Räume sind unsere dritte Haut“

Unsere Umgebung beeinflusst unser Wohlbefinden stärker, als uns oft bewusst ist. „Räume sind wie unsere dritte Haut“, sagt Anspach. „Wir verbringen über 60 Prozent unseres Lebens in unseren Räumen – doch schenken ihrer Qualität oft zu wenig Beachtung.“ Perfektion ist dabei nicht das Ziel: „Es darf gelebt werden. Die Räume sollen uns dienen.“ Entscheidend sei, dass Ordnung leicht zu halten ist – damit wir uns wohlfühlen und den Frühling unbeschwert genießen können.