Seit November letzten Jahres hat das Überlinger Helios Spital einen neuen Geschäftsführer. „Es reizt mich unheimlich, in der Region, in der ich groß geworden bin, die Zukunft von zwei Kliniken mitgestalten zu können“, beschreibt Moritz Lang seine Motivation. Wie sein Vorgänger Robert Brandner leitet er die Häuser in Überlingen und Rottweil, die Ende 2022 zu einem Cluster zusammengeschlossen wurden. Er habe das Glück gehabt, dass zum „richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“ die Stelle frei wurde, ergänzt der 33-Jährige angesprochen auf die teilweise recht hohe Fluktuation auf der Position in der Vergangenheit.

Moritz Lang wuchs in Ravensburg auf, wo er ein duales Pflegestudium, eine Kombination aus Pflegeausbildung und Bachelor-Studium, absolvierte. Danach schloss er ein BWL-Studium in Konstanz an, wo er seinen Wohnsitz hat. Zur Klinik kam er bereits Mitte 2023 als Assistent von Robert Brandner, wechselte nach einem knappen Jahr als Interimsgeschäftsführer zum Helios-Cluster Kassel-Warburg, bevor er im November zurück an den See kam. Dank seiner praktischen und akademischen Ausbildung sieht sich Lang bestens vorbereitet. „Die Ausbildung hat mir ein tiefes Verständnis für die Abläufe im Klinikalltag gegeben und hilft mir, Entscheidungen praxisnah zu treffen.“

Clusterbildung mit Rottweil hat sich bewährt

Um als Geschäftsführer zwei Standorten gerecht zu werden, brauche man eine sehr gute Organisation, eine faire Aufteilung und physische Präsenz, betont Lang. „Meiner Meinung nach gehört ein Geschäftsführer nicht ins Homeoffice, sondern dahin, wo der Patient ist, also in den Kliniken.“ Für ihn heißt das zwei Tage Überlingen, zwei Tage Rottweil und am dritten Wochentag ist er da, wo er gerade gebraucht wird.

Mit einem „klaren Ja“, antwortet er auf die Frage, ob sich die Clusterbildung bewährt habe. Die Zusammenarbeit laufe auf medizinischer, zum Beispiel durch Sprechstunden von Fachärzten an beiden Standorten, sowie auf organisatorischer Ebene gut. Auf freiwilliger Basis kämen Mitarbeiter bei Bedarf auch am anderen Standort zum Einsatz.

Das könnte Sie auch interessieren

Krankenhaus-Reform: Antworten soll es im zweiten Quartal geben

Kann er sich vorstellen, dass das Cluster künftig erweitert wird? „Wir bei Helios sind in einem unglaublich dynamischen Prozess und prüfen natürlich regelmäßig, wo kann es neue Synergie-Effekte geben“, lautet die Antwort. „Da könnte sich noch einiges tun, aber wir sind aktuell auch so gut aufgestellt.“

Die Krankenhaus-Reform wurde Ende letzten Jahres vom Bund beschlossen. Jetzt sind die Länder mit der Umsetzung an der Reihe. In Baden-Württemberg wurden Gutachten erstellt, die die Zustände auflisten, dazu gab es erste Regionalgespräche. „Einen ersten Vorschlag des Landes, welche Leistungsgruppen auf Grundlage der Erreichbarkeit und von Fallzahlen hier künftig am Standort noch angeboten werden können, erhalten wir im zweiten Quartal“, berichtet Lang. Die bisherigen Fachbereiche werden durch Leistungsgruppen ersetzt. In der dann folgenden Sondierungsphase werde man sich mit den Chefärzten und dem Konzern abstimmen, wie man mit der ersten Anhörung umgehe.

Im November 2024: Regionalgeschäftsführer Florian Aschbrenner (rechts) verabschiedet Klinikgeschäftsführer Robert Brandner (links) und ...
Im November 2024: Regionalgeschäftsführer Florian Aschbrenner (rechts) verabschiedet Klinikgeschäftsführer Robert Brandner (links) und heißt seinen Nachfolger Moritz Lang (mittig) herzlich willkommen. | Bild: Julia Stapel

Großes Fragezeichen hinter der Geburtenstation

Für Aussagen, wie sich die Krankenhaus-Reform für Überlingen auswirken wird, ist es also noch zu früh. Doch die Gutachten liefern erste Hinweise. Bereits im letzten Jahr sagte Christoph Miltenberger, ärztlicher Direktor des Helios, bei einer Infoveranstaltung, dass Überlingen 2030 weiterhin ein Akutkrankenhaus haben werde, aber es werde anders aussehen. „Das ist richtig“, bekräftigt Moritz Lang. Zu einer Aussage, ob die Geburtshilfe hier eine Zukunft hat, ist er nicht zu bewegen. Die Zahlen sprechen dagegen: Die Gutachten sehen Standorte mit weniger als 500 Geburten als kritisch. Im Überlinger Krankenhaus kamen 2023 406 und im Folgejahr 281 Kinder zur Welt. Dazu gibt es zurzeit keine Chefärztin in der Gynäkologie.

Notfallversorgung gilt als gesichert

Anders sieht es bei der Versorgung von Notfällen aus. „Hier wird es auf jeden Fall künftig eine Notfallmedizin an sieben Tagen rund um die Uhr geben“, betont Lang. Dafür sei man fachlich und personell bestens aufgestellt und verfüge ergänzend über eine starke Intensivstation.

Ob die Zahl der Betten beibehalten werden kann, muss sich zeigen. Aktuell umfasst die Zuteilung des Landes 175 Betten, dazu kommt die Privatklinik. Lang spricht von einem deutschlandweiten Trend der Reduzierung der Krankenhausbetten, einhergehend mit einer „Ambulantisierung“. Hier gelte es entsprechende Strukturen zu schaffen, wie Schnittstellen mit den niedergelassenen Ärzten, sowie ambulanten Sprechstunden, um die Patienten nach einem Eingriff zu versorgen. „Kerngeschäft soll, wird und muss weiterhin die stationäre Patientenversorgung bleiben“, ergänzt Moritz Lang. Er sei zuversichtlich, dass das auch nach der Umsetzung der Reform so bleibe.

Geriatrie öffnet im Herbst wieder

Eine gute Nachricht hat Moritz Lang bezüglich der Altersmedizin. Da man einen neuen Facharzt gewinnen konnte, wird die Geriatrie mit 30 Betten im Herbst wieder eröffnet. Auch bei den Pflegekräften sieht sich das Helios gut aufgestellt. „Wir konnten mehr Pflegekräfte einstellen, als uns im Zuge der Fluktuation verlassen haben“, so Lang. Dazu laufen weiter Rekrutierungen deutschlandweit sowie im Ausland, wie zum Beispiel in Mexiko.

Das könnte Sie auch interessieren

Austausch mit der Kommune ist wichtig

Der Überlinger Spital- und Spendfonds hält seit 2007 mit der Übernahme des Krankenhauses durch die Helios Kliniken GmbH 5,1 Prozent Gesellschafteranteile und ist im Aufsichtsrat vertreten, um im Sinne der Bevölkerung Einfluss nehmen zu können. Ist das angesichts der Vorgaben durch die Krankenhaus-Reform überhaupt noch möglich? Moritz Lang meint, gerade jetzt sei es „unabdingbar, dass die Gemeinde gemeinsam mit der Klinik in engem Austausch miteinander steht“. Er habe den Eindruck, die lokalen Stimmen werden gehört, allerdings ließe sich schwer abschätzen, „wie gewichtig unser Wort ausfallen wird“.

Im zweiten Quartal erwartet die Klinik einen Anhörungsbogen mit den Vorschlägen für die Umsetzung der Reform. Bevor man mit dem Land zu den Leistungsgruppen ins Gespräch ginge, werde man sich mit dem Aufsichtsrat abstimmen, bekräftigt der Geschäftsführer. Der Reform-Prozess soll Ende des Jahres mit den Feststellungsbescheiden abgeschlossen sein.