
Um 23.35 Uhr hörten die Überlinger über sich einen lauten Knall. Und dann fielen Feuerkugeln vom Himmel.
Nur wenige Fotografen hatten in der Nacht die Möglichkeit, ins Unglücksgebiet zu gelangen. Die Feuerwehren aus Owingen und Überlingen waren binnen weniger Minuten nach dem Zusammenstoß ausgerückt. In Taisersdorf kam es zu einem Waldbrand.
Dirk Diestel war für den SÜDKURIER damals als Fotograf im Einsatz. In der Eile nahm er nur die Digitalkamera mit, deren Batterien bei der damaligen Technik nicht lange hielten.
Als Diestel ein zweites Mal aufbrechen wollte, waren die Absturzstellen bereits abgesperrt. Deshalb gibt es von den Einsätzen in der Unglücksnacht nur wenige Aufnahmen.
Um 4.30 Uhr fand im Kursaal die erste Pressekonferenz statt. Oberbürgermeister Volkmar Weber war überrascht, wie viele Medienvertreter innerhalb dieser kurzen Zeit erreichbar waren.
Bei Tage betrachtet, wurde das Ausmaß der Katastrophe erkennbar. 71 Menschen kamen ums Leben, darunter 49 Kinder.
Die Wrackteile gingen teils direkt neben der Wohnbebauung nieder.
Am Boden wurde, wie durch ein Wunder, niemand verletzt.
Polizisten bewachten mit ihren Schäferhunden die abgedeckte Leiche eines Todesopfers.
Teile der abgestürzten Tupolew lagen neben und auf einem Feldweg nördlich von Überlingen.
Am Abend des 2. Juli fand im Nikolausmünster eine erste Trauerfeier statt. Für jedes Todesopfer wurde eine Kerze entzündet.
Polizisten durchkämmten die Felder nach Opfern und Gegenständen, hier ein Feld gegenüber von Brachenreuthe.
Mit Blumen drückten die Menschen in der Region Überlingen ihre Bestürzung aus. Der Seusebrunnen auf der Hofstatt glich bald einem Blumenmeer.
In das Entsetzen und die Trauer mischte sich Dankbarkeit für die Verschonung der Menschen am Boden. Hier ein Kondolenzbuch, das im Rathaus auslag.
Jede Absturzstelle wurde mit einer Nummer markiert, und oftmals legte dann jemand Blumen und Kerzen dazu, um der nackten Nummer ein menschlicheres Antlitz zu geben.
Am 4. Juli wurde dieses Wrackteil abtransportiert, das an der Einfahrt zum Golfplatz Owingen abgestürzt war.
Angehörige aus Baschkirien reisten am 4. Juli nach Überlingen, wo sie ihre Angehörigen unter anderem anhand von Kleidungsstücken identifizieren mussten. Ein Anblick der Leichen wurde ihnen erspart. Sie waren zum Zeitpunkt dieser Aufnahme geborgen.
Vom Salem-College aus traten die Angehörigen den schweren Gang in Richtung der Absturzstelle Brachenreuthe an, abgeschirmt von der Polizei, unterstützt von Kriseninterventionshelfern.
Eine ökumenische Trauerfeier folgte am 7. Juli 2002. Sie sollte auch den Helfern helfen, mit dem Gesehenen umzugehen.
Ein Jahr danach: In Brachenreuthe fand eine Gedenkveranstaltung statt, bei der große Anteilnahme mit den Hinterbliebenen aus Baschkirien sowie den Angehörigen der beiden Piloten in der DHL-Frachtmaschine, ausgedrückt wurde. Geistliche aus Baschkirien führten einen Marsch von Überlingen bis Brachenreuthe an.
Die Künstlerin Daniela Einsdorf gestaltete mit dem damaligen Stadtgärtnerei-Chef Thomas Vogler für die Gedenkfeier eine Fackelwand. Die Wand symbolisierte ein aufgeschlagenes Buch, in dem die Namen der Verunglückten standen, für jedes Todesopfer brannte eine Fackel.
- Erst Ohnmacht, dann eine Hilfswelle: Wie Überlingen am Tag nach dem Flugzeugunglück reagierte
- Teilnahme von Angehörigen der Opfer Flugzeugabsturzes am 20. Jahrestag immer unwahrscheinlicher
- Video: Dolmetscherin erinnert sich an ihre Arbeit nach dem Flugzeugabsturz