Die Seebühne schwimmt, die Blumen blühen und auch die Außenwände der öffentlichen Toilette im Stadtgraben wurden kürzlich frisch gestrichen.
Nun erstrahle „sein Schlafzimmer“, wie der Obdachlose Daniel Magri seinen Schlafplatz nennt, in neuem Weiß. Doch das zeige ihm, dass der Start der Landesgartenschau nicht mehr fern sei, erklärt er.
Landesgartenschau-Start steht bevor – was nun?
Seit 2015 lebt Daniel Magri auf der Straße und schläft regelmäßig vor der öffentlichen Toilette im Stadtgraben. „Wind- und wetterfest“ sei es hier, sagte er dem SÜDKURIER bereits im Dezember. Damals kündigte er an, dass er Überlingen verlassen wolle, sollte die Landesgartenschau stattfinden.
Durch den Stadtgraben, der Teil des Rundwegs ist, würden dann Besucher spazieren und seinen Rückzugsort gefährden, so Magri. Drei Monate später: Nur noch wenige Wochen bis die Tore zum Landesgartenschau-Gelände öffnen sollen. Wie geht es für ihn weiter?
Veranstalter wissen von Magri und Schlafplatz
„Wenn die Landesgartenschau beginnt, dann schlafe ich hier nicht mehr“, stellt der 60-Jährige klar. Bereits jetzt sei ihm der Trubel in der Stadt „zu stressig“. „Und bald laufen hier im Stadtgraben noch viel mehr Leute herum.“

Wie eine Anfrage vom SÜDKURIER zeigt, wissen die Organisatoren der Landesgartenschau von Magri und seinem Schlafplatz. Pressesprecherin Petra Pintscher weist auf Anfrage aber darauf hin, dass der Stadtgraben kein Gelände der Landesgartenschau sei. Dieser Bereich hat keine Besucherzeiten und ist in dieser Zeit weiterhin frei begehbar.
Er könnte im Stadtgraben bleiben – wenn er wollte
„Die Gräben bleiben öffentlicher Raum, dort wird sich durch die Landesgartenschau nichts ändern“, schreibt Pintscher. Das heißt für Magri: Er könnte im Stadtgraben bleiben – wenn er wollte.
Auf diese Auskunft angesprochen, schüttelt Magri nur den Kopf. Seine Entscheidung steht offenbar fest. Er habe sich für diese Zeit einen alternativen Schlafplatz außerhalb Überlingens gesucht, den er dem SÜDKURIER im Rahmen einer Fahrradtour zeigt.
Kleingeld und Wohnangebot nach SÜDKURIER-Artikel
Es dauert einige Meter bis Daniel Magri mit seinem Gepäck auf dem Fahrrad in Fahrt kommt. Doch einmal in Fahrt gekommen, lässt er selbst den Autor auf dessen E-Bike hinter sich. Nach dem Überlinger Ortsausgang bläst ihm der Wind ins Gesicht. Er lächelt beim Blick auf den See, sein Hut bleibt auf dem Kopf.
Seit dem ersten SÜDKURIER-Artikel über Magri im Dezember 2020 hätten ihn vermehrt Menschen angesprochen, erzählt er bei der Fahrt. Ein Überlinger habe ihm angeblich so viel gesammeltes Kleingeld gegeben, dass er die Münzen auf seinem Fahrrad gar nicht habe tragen können.
Ein anderer Überlinger habe ihm sogar eine Wohnung angeboten, meint er. Doch dieses Angebot habe er abgelehnt mit dem Verweis: „Ich bevorzuge weiterhin das Leben auf der Straße.“
Neuer Schlafplatz bietet Blick auf den Bodensee
Nach rund 20 Minuten biegt Magri in eine Straße nahe Süßenmühle ab. Es folgt ein Anstieg. Mit seinem Gepäck kommt er hügelaufwärts ins Schwitzen. Er steigt ab und schiebt.
Dort auf einem kleinen Plateau mit Blick auf den See sei sein neuer Schlafplatz, zeigt er. Dort ruhe er auf seiner Isomatte unter freiem Himmel und unter seinen Bettdecken. Zu kalt oder zu windig sei ihm nicht und bei klarem Himmel könne er sogar die Sterne sehen.
Er schwärmt dabei vom Seeblick vor ihm und der Gesteinsformation der Sieben Churfirsten hinter ihm. „So lässt es sich leben“, sagt er. Sollte er hier nicht bleiben können, habe er als Alternative eine Höhle bei den Sieben Churfirsten oder eine Bushaltestelle in der Nähe im Blick, meint er. „Dort kann ich notfalls auch Zuflucht finden.“
Hoffnung auf weitere Verschiebung der LGS
Insgeheim hofft Magri aber, dass die Landesgartenschau aufgrund steigender Inzidenzzahlen erneut verschoben wird. Dann würde er zu seinem Stammplatz im Stadtgraben zurückkehren. „Ich warte ab und schaue, was passiert. Ich lebe von Tag zu Tag.“