So, wie sie derzeit sind, sollen sie auf keinen Fall bleiben, die Festsetzungen des aktuellen Bebauungsplanentwurfs für die Fischerhäuservorstadt. Darin waren sich beim ersten Online-Workshop von Eigentümern, Nachbarn und Interessierten alle schnell einig. Welche konkreten Wünsche sie allerdings gegenüber dem Stadtplanungsamt formulieren sollten, darüber waren sich die Teilnehmer noch nicht ganz im Klaren – aus inhaltlichen und strategischen Gründen.
Im November hatte die Initiative offizielle Nachbarschaftsgespräche gestartet, die vom Land Baden-Württemberg unterstützt und bezuschusst werden. Der bisherige Baubürgermeister Matthias Längin nahm daran teil und verteidigte die Vorschläge der Stadtplanung. Anfang Januar wollte Längin die letzten Entwürfe – ja, es gab zwei Alternative, die sich geringfügig unterschieden – gleich in den Gremien beraten lassen. Erst nach Drängen der Bürger auf eine Fortsetzung des Gedankenaustausches zog er den Tagesordnungspunkt als noch nicht beratungsreif zurück.

Veränderungssperre für Quartier läuft im Herbst aus
Stadtplaner Thomas Kölschbach, Längins künftiger Nachfolger, forderte die Initiative inzwischen auf, bis zum 1. März ihre Wünsche und Ziele des Bebauungsplans zu formulieren. Diese Punkte zu konkretisieren, darum ging es den Teilnehmer des aktuellen Workshops, den Achim Dochat moderierte. „Der Zeitraum ist knapp bemessen“, sagte Mitstreiter Herbert Weiss, ehemals Baubürgermeister von Wangen und engagiert im Verein Forum Stadt, der sich aus Wien zugeschaltet hatte. „Doch wahrscheinlich will Herr Kölschbach zügig vorankommen.“ Tatsächlich läuft selbst die verlängerte Veränderungssperre für das Quartier Fischerhäuservorstadt im Herbst aus.
Zu dicht, zu massiv, gegen denkmalrechtliche Festsetzungen
Den gesetzten Termin will Eric Hueber auf jeden Fall einhalten. Nach wie vor geht es der Initiative vor allem um die Körnung des Planes, die vorgesehenen Firsthöhen und das Freiraumkonzept, wie Hueber in seiner Präsentation noch einmal aufzeigte. Die Bebauung sei zu dicht, zu massiv, und verletze denkmalrechtliche Festsetzungen. Alternative Skizzen lassen nicht nur den ehemaligen Garten des Bildhauers Victor Mezger unberührt, sondern auch den nordwestlichen Fuß des Molassefelsen. Dies sei auch in der städtebaulichen Rahmenplanung von 1998 explizit so formuliert und gefordert worden.

Gertrud Kemmerling schlägt Mehrgenerationenprojekt vor
Indessen hatte die Idee von einem zentralen Freiraum und abgestuften Flachdachbauten, die Architekt Walter Stamm-Teske bereits im November dargestellt hatte, Bewohnerin Gertrud Kemmerling nicht mehr losgelassen. Sie plädierte daher gleich für einen viel visionäreren und konkreteren Vorschlag. Sie stelle sich ein Mehrgenerationenprojekt vor und würde dazu gegebenenfalls den Freiburger Bauträger als Investor einbeziehen, der im Moment die beiden kritisch beäugten großen Mehrfamilienhäuser in der Nordwestecke des Quartiers unterhalb des Gallerturms beantragt hat. Einige Vertreter der Initiative wollen mit diesem Hintergrund das Gespräch mit dem Investor suchen.
Weniger massive Bebauung oder visionäre Alternative?
Ungeachtet dessen war man sich weder im Klaren noch ganz einig, welche Strategie bei Stadtplanung und Gemeinderat erfolgreicher sein könnte: ein Drängen auf geringere Firsthöhen und eine geringere Dichte der Bebauung, um zumindest einen Schritt weiter zu kommen, oder die Darstellung einer mutigen, viel visionäreren Alternative. Letztendlich verständigte sich die Gruppe darauf, von Anfang an zweigleisig zu fahren. Dabei wollte Walter Stamm-Teske den visionären Vorschlag gern als parallele Alternative im Spiel halten und diesen nicht nur als Nebensatz vorbringen.
Das Forum Stadt
Herbert Weiss, ehemaliger Stadtbaumeister von Wangen im Allgäu, ist aufgrund seiner Erfahrung von der Bürgerinitiative Fischerhäuservorstadt ins Boot geholt worden. Er versuchte der Stadt Überlingen wärmstens ans Herz zu legen, Mitglied im Verein Forum Stadt zu werden, einem Netzwerk historischer Städte mit Sitz in Esslingen am Neckar. Der über 60 Jahre alte Verein hat seinen Schwerpunkt in Süddeutschland, hat aber auch Regionalvertretungen in der Schweiz, in Tirol und Südtirol. Der Austausch in dem Netzwerk, das unter anderem alljährlich eine internationale Tagung veranstaltet (die nächste von 28. bis 30. April in Meran), könne helfen, den Blick zu weiten und den Fokus auf neue Schwerpunkte zu richten. Die Anregung wurde bei dem Workshop gern gehört und wohlwollend aufgenommen. Sie hat allerdings einen kleinen Haken: Überlingen ist bereits unter Bürgermeister Reinhard Ebersbach dem Forum beigetreten und seit 1. Oktober 1987 Mitglied in dem Netzwerk, doch es ist offensichtlich kaum einem aufgefallen.