„Der Andreashof ist ein besonderer Ort“: Da sind sich Jakob Kraul und Jannis Keuerleber einig. Anscheinend ist es auch ein Ort, der Kreativität fördert und Energie freisetzt. Das könnte jedenfalls den Tatendrang erklären, mit dem die beiden eine neue Ausrichtung des Hofs in Angriff nehmen. „Hier muss was Neues entstehen“, sagt Jakob Kraul. Der Mediziner arbeitet hauptberuflich im Helios-Spital. Seine Frau Antonia Kurz und er stammen aus der Region und kamen nach seiner Ausbildung in Witten Herdecke wieder zurück. Jannis Keuerleber kennen sie aus ihrer Zeit in Nordrhein-Westfalen. Jetzt wohnt auch er hier mit seiner Familie. Gemeinsam haben sie vor eineinhalb Jahren angefangen, neue Impulse für den Andreashof zu entwickeln, der damals in einer wirtschaftlichen Krise steckte, wie Kraul sagt.

Der Andreashof

Mit Hilfe der „Solidarischen Landwirtschaft“ wird den Erzeugern ein regelmäßiges Einkommen gesichert. Die Kunden erhalten ...
Mit Hilfe der „Solidarischen Landwirtschaft“ wird den Erzeugern ein regelmäßiges Einkommen gesichert. Die Kunden erhalten Gemüse in Bio-Qualität. | Bild: Sabine Busse

Jakob Kraul: „Der Ort spricht für sich“

„Erziehung, Bildung, Landwirtschaft und Gesundheit zu verbinden. Das ist die Kernidee“, fasst Jannis Keuerleber ihre Vision zusammen. Der Andreashof besteht aus einem eingetragenen Verein, der gemeinnützige Zwecke verfolgt und die Andreashof GmbH für die wirtschaftlichen Aktivitäten. Dazu gehört beispielsweise das Hofgut mit den Abteilungen Gärtnerei, Lichtwurzel-, Gemüse- und Kräuteranbau sowie die Imkerei und das Hofcafé. Dieses Portfolio wollen Kraul und Keuerleber erweitern beziehungsweise mehr miteinander verflechten. Das stellten sie dem Geschäftsführer der Gesellschaft Peter Tontsch vor. „Ihn musste man nicht viel überreden mitzumachen, der Ort spricht für sich“, sagt Jakob Kraul.

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OB Zeitler begeistert von Naturgruppen-Kindergarten

„Bildung und Pädagogik mit Bezug zur Natur sowie Gesundheit. Das ist alles eng miteinander verzahnt und geht in der Kindheit los“, erläutert Jannis Keuerleber. Damit spricht er ein Projekt an, für das in Überlingen Bedarf ist. Sie wollen an dem besonderen Ort am Rande von Deisendorf einen Kindergarten gründen. Die Idee stellten sie dem Bauamt der Stadt vor. „Da war man skeptisch“, berichtet Jakob Kraul.

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Dann wandten sie sich direkt an Oberbürgermeister Jan Zeitler und präsentierten ihm im September die Idee. „Er war begeistert und meinte, das muss funktionieren!“, erinnert sich Kraul. Schnell wurde der Kontakt zum Bauamt hergestellt. Es gab bereits eine Ortsbegehung und auch Vertreter vom Landkreis waren da. Dabei war schnell klar, dass hier kein Neubau entstehen soll, sondern zwei Naturgruppen, die in jeweils einem umgebauten Bauwagen unterkommen.

Ein Hofladen und ein Café werden unter anderem von der Andreashof GmbH betrieben.
Ein Hofladen und ein Café werden unter anderem von der Andreashof GmbH betrieben. | Bild: Sabine Busse

Kindergarten soll kommenden September starten

Das Personal für die erste Gruppe hätten sie schon zusammen. Antonia Kurz arbeitet als Musikpädagogin und will sich zur Erzieherin fortbilden, um dann die Leitung zu übernehmen. Sobald die Genehmigung da ist, wollen sie loslegen und die Bauwagen bestellen. „Wenn alles klappt, könnten wir im kommenden Jahr im September mit Beginn des neuen Kindergartenjahres loslegen“, ist Jakob Kraul optimistisch.

40 Gemüsekisten sind abonniert, 150 müssen es werden

Bereits umgesetzt ist das Projekt „Solidarische Landwirtschaft“. Das Konzept wird schon vielerorts angewandt und sichert den Erzeugern von Lebensmitteln ein regelmäßiges Einkommen. Die teilnehmenden Kunden bezahlen monatlich einen festen Betrag und erhalten jede Woche eine Kiste mit Gemüse. Wie die bestückt ist, hängt von der Jahreszeit und dem Ernteerfolg ab. So tragen alle gemeinsam das Risiko beispielsweise durch widriges Wetter. Im Juli hätten schon 40 Haushalte mitgemacht, so Kraul. Das Ziel seien 150 Kunden, dann könne sich der Betrieb darüber tragen. „Ziel ist nicht, dass es möglichst günstig, sondern möglichst nachhaltig ist“, lautet die Devise. Dazu können sich die Nutzer einbringen, bei der Ernte helfen und ihren Kindern zeigen, wie die Lebensmittel produziert werden.

Jakob Kraul, Antonia Kurz und Jannis Keuerleber (von links) zeigen, wo bald schon die Bauwagen für zwei Gruppen des neuen ...
Jakob Kraul, Antonia Kurz und Jannis Keuerleber (von links) zeigen, wo bald schon die Bauwagen für zwei Gruppen des neuen Naturkindergartens stehen könnten. | Bild: Sabine Busse

Arzt Jakob Kraul plant eine naturbezogene Therapie

Einen weiteren Punkt auf der Liste von Neuerungen bringt der Arzt Jakob Kraul ein. Er möchte den Andreashof für eine naturbezogene Therapie nutzen, die Praxen sonst nicht leisten können, wie er sagt. Als mögliche Nutznießer nennt er Menschen, die unter Erschöpfungssymptomen leiden oder über längere Zeit krankgeschrieben sind. Ihnen soll eine Tagesstruktur und Betätigung in der Natur angeboten werden. „Das ist lebensnah, heilsam, unterstützend und füllt die aktuelle Lücke in dem Leben der Menschen“, beschreibt es Jannis Keuerleber.

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Das Konzept hätten sie bereits einigen Hausärzten vorgestellt und mit ersten Patienten erprobt. „Die Leute haben profitiert von der Gemeinschaft und der Natur“, berichtet der Mediziner. Das Angebot baue auf die Erfahrungen in der Nachsorge von Suchtkranken auf. Der Andreashof kooperiert seit Jahren mit der Fachklinik für Drogenkrankheiten Siebenzwerge in Salem.

Und dann soll der Andreashof ein Betrieb werden, der Menschen bei der Berufsorientierung unterstützt. Eine entsprechende Zertifizierung ist in Planung. Außerdem soll das Veranstaltungsangebot ausgebaut werden. Neben Vorträgen sind Seminare zur Gesundheitsbildung, also den Einsatz von Heilmitteln und Kräutern und auch Kinderheilkunde, geplant. „Die Veranstaltungen sind wichtig“, sagt Jannis Keuerleber. „Der Andreashof ist ein lebendiger Ort!“