Als Spitalverwalter wird der städtische Finanzchef Stefan Krause immer mehr zum Gralshüter der Überlinger Bürgerstiftung, der um die Sicherung dieses mittelalterlichen Vermächtnisses ringt. Dies ist aus seiner Sicht umso dringender, als der Spital- und Spendfonds als Träger der Überlinger Alten- und Pflegeheime demnächst wenigstens 20 Millionen Euro in sein neues Pflegezentrum in der Nähe des Krankenhauses im Plangebiet „Südlich Härlen“ investieren muss, das ab dem Jahr 2025 das innerstädtische Alten- und Pflegeheim St. Ulrich ersetzen soll.
Die Uhr tickt: Betriebserlaubnisse für
beide städtischen Altenheime laufen aus
Dass die Zeit drängt, machte der alte und – kommissarisch – neue Betriebsleiter der Altenheime, Wolfgang Schaub, jetzt bei der Vorlage des aktuellen Wirtschaftsplans deutlich. 2024 läuft die schon mehrfach verlängerte Betriebserlaubnis nach der neuen Landesheimbauverordnung für das Altenheim St. Ulrich endgültig aus, 2029 endet sie für das Altenheim St. Franziskus. Die Uhr tickt also.

Ideal ist es daher, dass der Spital- und Spendfonds auch Eigentümer eines Großteils der Flächen beim künftigen Pflegezentrum ist. Sie werden dem Wohnbau zur Verfügung gestellt und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des Mammutprojekts. Ein anderer Glücksfall ist es, dass das Tübinger Architekturbüro Hähnig & Gemmeke einen von allen Seiten hochgelobten Bebauungsplanentwurf entwickelte.
Neue Planung mit dichterer Wohnbebauung soll Spital mehr Erlös bringen
Als Stefan Krause allerdings Anfang des Jahres mit spitzem Bleistift die Erlöse aus dem zu erwartenden Erbbauzins durchrechnete, kam für den Spitalverwalter hinten noch zu wenig raus. Also wünschte er sich, die geplante Wohnbebauung nachzuverdichten und rund 3300 Quadratmeter mehr auszuweisen. Wie dies gelingen könnte, ohne die besondere Qualität des Entwurfs zu gefährden, diese Quadratur des Kreises sollten die findigen Planer zu lösen versuchen. Was sie nach bestem Wissen und Gewissen taten, dabei jedoch notgedrungen etwas Luft aus der Planung nehmen mussten und die Gebäude dichter packten.

Bei Kämmerer Krauses Forderung zur Nachverdichtung spielten städtebauliche Aspekte keine Rolle
Bewusst formulierte Stefan Krause im Februar explizit, dass seine Ausführungen in keiner Weise die städtebaulichen Aspekte im Auge hatten. Bei seiner Stellungnahme habe er ausschließlich die Brille des Spitalverwalters aufgesetzt. Diese Perspektive sei zu lange vernachlässigt worden.
Man habe in Kauf genommen, erklärte Krause, dass die Stiftung sich nicht selbst unter Erhalt der eigenen Substanz trägt, wie es in der Idee aus dem 13. Jahrhundert verankert war. Vielmehr musste die Stadt mehrfach beträchtliche Mittel nachschießen. Zudem sind die Zeiten auch vorbei, dass man mit einem Sonderhieb im spitälischen Forst quasi mit der Motorsäge Finanzlöcher stopfen konnte.

Der Gemeinderat beschloss den neuen, verdichteten Plan mit großer Mehrheit
In diesem Spannungsfeld zwischen einer qualitativ hochwertigen, moderaten und luftigen Bebauung und dem Ziel, möglichst hohe Erträge zu erzielen, legte das Planungsbüro im März einen neuen Entwurf vor, den der 26-köpfige Gemeinderat jetzt auch bei sechs Gegenstimmen mit großer Mehrheit beschloss. Weshalb zwischenzeitlich eine dritte Alternative das Licht der Welt erblickte und vor allem, wie sie in die Hände der Fraktion BÜB+ gelangte, darüber rätselten bei der Beratung nicht nur Oberbürgermeister Jan Zeitler und Baubürgermeister Matthias Längin.
Offensichtlich hatte das Tübinger Planungsbüro von sich aus und ohne Auftrag einen Kompromissentwurf erstellt, der sich zwischen dem luftigen ersten und dem verdichteten zweiten Plan bewegt, für den der Gemeinderat nun votierte.
Fraktion BÜB+ und Teile der LBU hätten den dritten Entwurf gerne diskutiert
Das Rad zurückzudrehen und im Ausschuss weitere Möglichkeiten als Kompromiss noch einmal zu diskutieren, hatten Kristin Müller-Hausser und Roland Biniossek von der Fraktion BÜB+ gefordert und das hätte mit Herbert Dreiseitl und Bernadette Siemensmeyer auch ein Teil der LBU gerne gesehen. Die Verwaltung plädierte indessen für den verdichteten Entwurf als konkrete Arbeitsgrundlage und dazu bedürfe es eines Ratsbeschlusses. Schließlich habe es der Ausschuss so mehrheitlich empfohlen.
Baubürgermeister Längin: Variante ist weder von Stadt beauftragt noch besser
Die dritte Variante sei weder von der Stadt beauftragt worden noch sei sie aus Sicht des Stadtplanung besser und zielführender, hielt Baubürgermeister Matthias Längin entgegen. Um die sorgfältige Weiterentwicklung des Entwurfs allerdings sicherzustellen, gab Ulf Janicke (LBU/Grüne) drei wesentliche Punkte als Randbedingungen zu Protokoll: Die Funktion des Entwässerungskonzepts (das eine Leitung zum Bodensee erspart), die grundsätzliche Begehbarkeit der Versickerungsflächen und eine gute Lösung für den zentralen Platz.
Für das Hospiz wird über einen alternativen Standort in der Region nachgedacht
In Frage gestellt scheint allerdings das geplante Hospiz, das bislang als dritter Bauabschnitt des Pflegezentrums vorgesehen war. Im neuen Entwurf haben die Planer hier ein Wohn- und Geschäftshaus eingezeichnet, das teilweise auch auf Kosten des Spielplatzes geht. Für das Hospiz hatte Spitalverwalter Stefan Krause schon im Februar eine Integration in den Erweiterungsbau des Pflegezentrums angeregt.
Allerdings wird von den möglichen Trägern bereits seit längerer Zeit über einen alternativen Standort in der Region nachgedacht. In diese Überlegungen eingebunden sind hier neben der Caritas und der Diakonie auch die Ernie-Schmitt-Stiftung und der Rotary-Club. Diese Lösung hätte den Vorteil, dass das Hospiz dort vermutlich wesentlich früher etabliert werden könnte als am bisher geplanten Standort, wo dies frühestens ab 2027/2028 realistisch wäre.