Wo heute noch Wiesen und Äcker liegen, auf dem Gelände, das im Westen direkt an das Überlinger Krankenhaus anschließt, sollen in naher Zukunft neben einem Alten- und Pflegezentrum und dem Kindergarten Nord auch zahlreiche Wohngebäude unterschiedlichen Zuschnitts entstehen. Vom Entwurf des entsprechenden Bebauungsplanes „Südlich Härlen“ zeigen sich sämtliche Fraktionen des Gemeinderats in Überlingen in außergewöhnlicher Einigkeit angetan. Vor allem, weil die aus einem Planungswettbewerb resultierende Lösung der Tübinger Architektengemeinschaft Hähnig und Gemmeke zu einem Vorzeigeprojekt werden könnte. Grund dafür ist ein ganz besonderes Entwässerungskonzept, das von der Überlinger Planstatt Senner sukzessive entwickelt wurde.

Das gesamte Niederschlagswasser im Neubaugebiet wird direkt vor Ort „verarbeitet“.
Das gesamte Niederschlagswasser im Neubaugebiet wird direkt vor Ort „verarbeitet“. | Bild: Planstatt Senner

Weder Kanäle noch Sammelbecken werden nötig

Ziel ist es, ein „niederschlagsabflussfreies Baugebiet“ zu realisieren. Dies habe gleich mehrere positive Effekte. Der Regen bleibt trotz einer teilweisen Versiegelung durch die Bebauung auf dem Gelände, bei sinkendem Grundwasserspiegel ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt, wie die Fachleute erläutern. Zum anderen werden weder teure Regenwassersammler noch weiterführende Kanäle benötigt, die nach der Trennung von Schmutz- und Niederschlagswasser separat erforderlich wären, um die Kläranlagen nicht zu überlasten. Da trotz abnehmender Regenmengen die Zahl der Starkregenereignisse zuletzt zugenommen hat, ist das eine besondere Herausforderung, über eine ausgeklügelte Topografie und ausreichendes Rückhaltevolumen die Wassermengen zu managen und sie möglichst auch noch sinnvoll zu nutzen.

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Das geplante Stadtquartier im Modell. Rechts oben im Bild das Krankenhaus. Am unteren Bildrand liegt die Schreibersbildstraße, oben ...
Das geplante Stadtquartier im Modell. Rechts oben im Bild das Krankenhaus. Am unteren Bildrand liegt die Schreibersbildstraße, oben Härlenweg und Kurt-Hahn-Straße. | Bild: Sabine Busse

Kombination mehrerer Maßnahmen führt zum Ziel

War zwischenzeitlich noch eine Leitung vom Baugebiet hinunter zum Seeufer geplant, was hinsichtlich der Grundstücksrechte und Kosten recht aufwendig gewesen wäre, hat die Planstatt Senner nun eine andere Lösung entwickelt. „Sämtliches Niederschlagswasser soll zurückgehalten werden und vor Ort im Plangebiet versickern, durch Pflanzen transpiriert oder direkt verdunstet werden“, sagt Johann Senner.

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„Eine Kombination von vernetzten, Abfluss vermeidenden Maßnahmen ermöglicht, dass auf die Herstellung eines kostenintensiven Regenwassersammlers, welcher vom Plangebiet durch das Stadtgebiet zum Bodensee führen müsste, verzichtet werden kann.“ Durch die geologische Situation, die topografische Situation eines Südhangs Richtung Stadt und den Verzicht auf Ableitung sei allerdings ein besonderes Regenwasserkonzept notwendig.

Die Gestaltung der Topografie ist entscheidend für die Aufnahme des Wassers im Gelände. In sogenannten Baum-Rigolen wird ein ...
Die Gestaltung der Topografie ist entscheidend für die Aufnahme des Wassers im Gelände. In sogenannten Baum-Rigolen wird ein Regenüberschuss gesammelt und bewässert anschließend die Bepflanzung nachhaltig. | Bild: Grafik: Planstatt Senner

Flachdächer mit Bewuchs Vorschrift für alle Gebäude

So schreibt der Bebauungsplan Flachdächer mit einer Verpflichtung zu einer Dachbegrünung vor, die diesen Namen auch verdient und eine echte Bepflanzung ermöglich, die schon zu einer Verdunstung des Wassers beiträgt. Zusätzlich wird das restliche abfließende Wasser der Gründächer in Kombinationszisternen auf den jeweiligen Grundstücken eingeleitet. „Diese dienen zur Hälfte als Brauchwasserspeicher und zur anderen Hälfte als Retentionsraum“, erläutert Senner. Diese private Anlage ist mit einem Überlauf an die öffentlichen Retentions- und Versickerungsanlagen angeschlossen.

Das Plangebiet „Südlich Härlen“ liegt westlich der Helios-Spitals zwischen der Schreibersbildstraße (unten) und der ...
Das Plangebiet „Südlich Härlen“ liegt westlich der Helios-Spitals zwischen der Schreibersbildstraße (unten) und der Kurt-Hahn-Straße (oben). Die Grünzonen sorgen nicht nur für frische Luft, sondern sollen auch das Niederschlagswasser aufnehmen und bei Bedarf im Gebiet versickern oder sammeln. Oben links entsteht das Pflegezentrum, oben rechts ein Kindergarten. | Bild: Stadt Überlingen

Bepflanzungen spielen eine zentrale Rolle

Unbelastete Verkehrsflächen sollen zudem über eine Flächenversickerung mit offenporigen Belägen zur Abflussvermeidung beitragen. Überdies ist eine Kombination von Staudengewächsen und Bäumen mit Versickerungsanlagen vorgesehen, um das Wasser sinnvoll zu nutzen. Die Bandbreite reicht von mit Stauden oder Bäumen bepflanzten Mulden bis hin zur „Baum-Rigole“ als konstruktiver Anlage, die größere Volumina aufnehmen und speichern kann.