Wo heute noch Wiesen und Äcker liegen, auf dem Gelände, das im Westen direkt an das Überlinger Krankenhaus anschließt, sollen in naher Zukunft neben einem Alten- und Pflegezentrum und dem Kindergarten Nord auch zahlreiche Wohngebäude unterschiedlichen Zuschnitts entstehen. Vom Entwurf des entsprechenden Bebauungsplanes „Südlich Härlen“ zeigen sich sämtliche Fraktionen des Gemeinderats in Überlingen in außergewöhnlicher Einigkeit angetan. Vor allem, weil die aus einem Planungswettbewerb resultierende Lösung der Tübinger Architektengemeinschaft Hähnig und Gemmeke zu einem Vorzeigeprojekt werden könnte. Grund dafür ist ein ganz besonderes Entwässerungskonzept, das von der Überlinger Planstatt Senner sukzessive entwickelt wurde.

Weder Kanäle noch Sammelbecken werden nötig
Ziel ist es, ein „niederschlagsabflussfreies Baugebiet“ zu realisieren. Dies habe gleich mehrere positive Effekte. Der Regen bleibt trotz einer teilweisen Versiegelung durch die Bebauung auf dem Gelände, bei sinkendem Grundwasserspiegel ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt, wie die Fachleute erläutern. Zum anderen werden weder teure Regenwassersammler noch weiterführende Kanäle benötigt, die nach der Trennung von Schmutz- und Niederschlagswasser separat erforderlich wären, um die Kläranlagen nicht zu überlasten. Da trotz abnehmender Regenmengen die Zahl der Starkregenereignisse zuletzt zugenommen hat, ist das eine besondere Herausforderung, über eine ausgeklügelte Topografie und ausreichendes Rückhaltevolumen die Wassermengen zu managen und sie möglichst auch noch sinnvoll zu nutzen.

Kombination mehrerer Maßnahmen führt zum Ziel
War zwischenzeitlich noch eine Leitung vom Baugebiet hinunter zum Seeufer geplant, was hinsichtlich der Grundstücksrechte und Kosten recht aufwendig gewesen wäre, hat die Planstatt Senner nun eine andere Lösung entwickelt. „Sämtliches Niederschlagswasser soll zurückgehalten werden und vor Ort im Plangebiet versickern, durch Pflanzen transpiriert oder direkt verdunstet werden“, sagt Johann Senner.
„Eine Kombination von vernetzten, Abfluss vermeidenden Maßnahmen ermöglicht, dass auf die Herstellung eines kostenintensiven Regenwassersammlers, welcher vom Plangebiet durch das Stadtgebiet zum Bodensee führen müsste, verzichtet werden kann.“ Durch die geologische Situation, die topografische Situation eines Südhangs Richtung Stadt und den Verzicht auf Ableitung sei allerdings ein besonderes Regenwasserkonzept notwendig.

Flachdächer mit Bewuchs Vorschrift für alle Gebäude
So schreibt der Bebauungsplan Flachdächer mit einer Verpflichtung zu einer Dachbegrünung vor, die diesen Namen auch verdient und eine echte Bepflanzung ermöglich, die schon zu einer Verdunstung des Wassers beiträgt. Zusätzlich wird das restliche abfließende Wasser der Gründächer in Kombinationszisternen auf den jeweiligen Grundstücken eingeleitet. „Diese dienen zur Hälfte als Brauchwasserspeicher und zur anderen Hälfte als Retentionsraum“, erläutert Senner. Diese private Anlage ist mit einem Überlauf an die öffentlichen Retentions- und Versickerungsanlagen angeschlossen.

Bepflanzungen spielen eine zentrale Rolle
Unbelastete Verkehrsflächen sollen zudem über eine Flächenversickerung mit offenporigen Belägen zur Abflussvermeidung beitragen. Überdies ist eine Kombination von Staudengewächsen und Bäumen mit Versickerungsanlagen vorgesehen, um das Wasser sinnvoll zu nutzen. Die Bandbreite reicht von mit Stauden oder Bäumen bepflanzten Mulden bis hin zur „Baum-Rigole“ als konstruktiver Anlage, die größere Volumina aufnehmen und speichern kann.