Sabine Busse

Überlingen braucht mehr Wohnungen. Eine Untersuchung des Bonner Instituts Empirica belegt nun, in welcher Größenordnung und wo der Bedarf am größten ist. Stadtplaner Thomas Kölschbach stellte die Ergebnisse bei einer Bürgerversammlung im Kursaal vor. Zuvor hatte Baubürgermeister Matthias Längin berichtet, dass die Experten im Juli 2018 den Auftrag von der Stadt bekamen, eine Wohnbedarfsanalyse und ein Handlungskonzept Wohnen für Überlingen zu erstellen.

Bild 1: Bis 2030 müssten in Überlingen 900 Wohnungen entstehen
Bild: Müller, Cornelia

Thomas Kölschbach begann mit der Bringschuld der Kommunen: „Es ist Auftrag der Stadt eine soziale, ökologische und generationengerechte Bodennutzung zu realisieren.“ Dann skizzierte er das Spannungsfeld, in dem das stattfindet.

Wunsch nach einem Einfamilienhaus groß

Überlingen sei zwar eine große Kreisstadt, der Wunsch nach dem freistehenden, platzintensiven Einfamilienhaus sei hier aber ähnlich wie im ländlichen Raum. Dazu kämen Bestrebungen nach der Bewahrung der Baukultur oder die Frage, wo verdichtet werden könne.

Quadratmeterkreis steigt

Zum Thema Immobilienkapitalismus zeigte er eine Folie mit Angeboten aus dem Internet. Darauf ließ sich ablesen, dass der Quadratmeterpreis für Wohnungen in München und Überlingen nicht mehr weit auseinander liegt. „Weil der Markt es zulässt“, kommentierte der Stadtplaner diese Entwicklung. Er ergänzte, dass die Stadt hier kaum regulieren könne, dazu fehlten ihr die Werkzeuge.

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Bevölkerungsanstieg ist größer als im Umkreis

Um den Bedarf der Zukunft zu ermitteln, hat Empirica die Bevölkerungsentwicklung prognostiziert. Das Mittelzentrum Überlingen hat von 2008 bis 2018 mit 6,4 Prozent einen überproportionalen Bevölkerungsanstieg erfahren. Das liegt über den Werten von Friedrichshafen und dem Bodenseekreis.

Laut Kölschbach sei das weniger den Geburten als einem Wanderungsgewinn geschuldet. Aus der Prognose ergibt sich eine Nachfrage von rund 900 Wohnungen bis 2030. Die Zahl variiert je nach Modell der Bevölkerungsentwicklung. Laut Kölschbach würde das einen Flächenbedarf von 25 Hektar bedeuten. Das Flächenpotenzial von Überlingen liege bei rund 30 Hektar, davon sei ein großer Teil in der Hand der Stadt oder des Spital- und Spendenfonds.

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Kölschbach plädierte für eine allgemein gültige Sozialquote und nannte das Projekt Südlich Härlen als ideales Beispiel. „Wir wollen hier einen Leuchtturm schaffen“, so der Stadtplaner. Auch die insgesamt drei Flächen in Bambergen – Lehen Ost, Torkel und Berkle – böten vielfältige Möglichkeiten. „Im Gebiet Torkel können sich neue Wohnformen im Rahmen von Baugemeinschaften entwickeln.“ In diesem Zusammenhang hob er das für diese Flächen vorgesehen Erbbaurecht als eine sozial- und generationengerechte Bodennutzung hervor. So würde Spekulation unterbunden und die langfristige Planungshoheit bliebe bei der Stadt.

Thomas Kölschbach, Überlingens Stadtplaner, stellte die Untersuchung des Instituts Empirica vor.
Thomas Kölschbach, Überlingens Stadtplaner, stellte die Untersuchung des Instituts Empirica vor. | Bild: Sabine Busse

Nachfrage nach Zweitwohnsitzen

Im Hinblick auf weitere potenzielle und zum Teil umstrittene Flächen sprach Kölschbach das Thema Leerstand an und wie man den Mangel an Wohnraum definiere. Er wies darauf hin, dass das im Februar beschlossene Zweckentfremdungsverbot, das keine Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen mehr zulässt, nach fünf Jahren evaluiert werden müsse. Dazu ließen sich auch Zweitwohnungen beschränken. Auf Nachfrage aus dem Publikum dazu sagte er, in der Schweiz und in Österreich würde das bereits gemacht. Zu den rechtlichen Möglichkeiten könne er nichts sagen, ergänzte aber: „Man muss es versuchen.“

Auf die Frage nach Statistiken, wie viele Zweitwohnsitze und Ferienwohnungen es in der Stadt gibt, antwortete Oberbürgermeister Jan Zeitler: Schon allein wegen der Zweitwohnsteuer gäbe es Erhebungen. Dazu würde das Personal zur Überprüfung des Zweckentfremdungsverbots demnächst aufgestockt.

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