Es tut sich etwas in Sachen Mietwohnungsbau. Knapp ein Jahr nach dem symbolischen Spatenstich für das wohl größte Einzelvorhaben in der Stadt nach der Bebauung des Burgbergs vor rund 50 Jahren sind die Baukörper des ersten Bauabschnitts der Baugenossenschaft Überlingen (BGÜ) nördlich des Hildegardrings erkennbar.
„Wir liegen im Zeitplan“, betont Annika Ressel von der BGÜ. Demnach sei die Fertigstellung erster Rohbauten zum Jahreswechsel 2019/2020 vorgesehen. Schon im Frühjahr soll dann der Startschuss für den zweiten Bauabschnitt fallen. „Voraussichtlich zum Jahreswechsel 2020/2021 könnten nach heutigem Stand die Wohnungen des ersten Bauabschnitts bezugsfertig sein“, sagt Ressel.

Stadt sichert sich Belegungsrecht für 30 Wohnungen
Insgesamt sind in diesem neuen Quartier knapp 170 Wohnungen geplant, die in drei Bauabschnitten erstellt werden. Dabei handelt es sich ausschließlich um Mietwohnungen, die über die Baugenossenschaft als Eigentümer nach deren Kriterien an Mitglieder vermietet werden. Verkauft wird in den entstehenden Neubauten nichts.
Im Kaufvertrag für das Grundstück sicherte die BGÜ der Stadt allerdings ein langfristiges Belegungsrecht für insgesamt 30 Wohnungen aus ihrem Gesamtbestand zu. Dies war auch Oberbürgermeister Jan Zeitler schon beim Spatenstich wichtig zu betonen. Damit wolle man den wachsenden sozialen Herausforderungen besser gerecht werden, sagte er.
Kaltmieten zwischen 8 und 12,60 Euro pro Quadratmeter
Die aktuelle Kalkulation der Kaltmieten, so die BGÜ in ihrer Information, belaufe sich auf eine Spanne zwischen 8 und 12,60 Euro pro Quadratmeter. Beim Spatenstich Anfang September 2018 war von einer durchschnittlichen Kaltmiete für den späteren Gesamtbestand im neuen Quartier von 8,92 Euro gesprochen worden. Für die bestehenden rund 500 Wohnungen im Eigentum der BGÜ, die teilweise älteren Datums sind, teilweise aber auch neu saniert wurden, beliefen sich die Durchschnittsmieten damals auf 6,84 Euro.
Wohnungszusagen ab Mitte 2020
Ab sofort können sich Mietinteressenten bei der BGÜ für die Wohnungen des ersten Bauabschnitts bewerben. Die Konditionen und Kriterien dafür sind auf der Internetseite der Baugenossenschaft zu finden. Dort gibt es auch weitere Informationen zum aktuellen Stand der Arbeiten. „Verbindliche Wohnungszusagen sind ab Mitte 2020 möglich“, betont Annika Ressel.

Bewohner sollen „Abbild unserer Gesellschaft sein“
Deutlich mehr als 40 Millionen Euro investiert die BGÜ in dieses größte Bauprojekt ihrer Geschichte. Sie will damit auch einen Beitrag zum viel beschworenen Thema „bezahlbarer Wohnraum“ leisten. Diesen Begriff hatte die Geschäftsführung schon beim Auftakt zu der Baumaßnahme reflektiert. Die BGÜ habe bei dieser Einordnung den Durchschnittsverdiener im Blick, hieß es.
Dies bei einer energetisch sehr hochwertigen und nachhaltigen Bauausführung und der Schaffung einer hohen Aufenthaltsqualität. Die Bewohner sollten künftig „ein Abbild unserer Gesellschaft sein“, beschrieb Dieter Ressel seine Vorstellungen. Eine Heimat finden solle hier ebenso der junge Manager wie der pflegebedürftige Senior. Dies sei in den Grundrissen berücksichtigt.
Cluster-Wohnung für Wohngemeinschaften
Als Experiment in den Planungen von Architekt Gerhard Metzger wird es auch eine große sogenannte Cluster-Wohnung geben, die sich flexibel nutzen lässt und für Wohngemeinschaften verschiedener Art geeignet ist.
Qualitäten des Quartiers und Voraussetzungen für Mieter
- Das neue Quartier selbst hat sehr viele Facetten. Neben den ganz unterschiedlich dimensionierten Wohnungen kommen der sogenannte Anger als autofreier Aufenthaltsbereich zwischen den beiden Gebäudezeilen, Begegnungsmöglichkeiten für Bewohner und Nachbarn sowie eine Aussichtsterrasse mit Blick auf Stadt und See. Das Stadtquartier soll an den Gebäudebestand am Hildegardring sozial sowie nach Möglichkeit auch energietechnisch angeschlossen werden. Auch darum geht es im Projekt „Stadtquartier 2050“, an dem nicht nur Bauphysiker forschend tätig sind.
- Sozialwissenschaftlerin Annette Roser vom Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien (IREES) in Karlsruhe war schon beim Spatenstich präsent und suchte das Gespräch zu den Nachbarn: „Wir wollen schon jetzt beginnen, Kontakte herzustellen“, sagte Roser damals. Darüber hinaus wolle man sich für eine nachhaltige Energie- und Ressourcennutzung einsetzen. Dazu ist unter anderem eine eigene Quartiers-App in Planung, über die die Bewohner miteinander kommunizieren können, aber auch eine Rückmeldung zum eigenen Energieverbrauch bekommen.
- Besonderheit des Konzepts ist es auch, dass die vorgeschriebenen ökologischen Ausgleichsflächen nicht im Wald bei Denkingen oder anderswo bereitgestellt werden, sondern unmittelbar angrenzend an die Bebauung. Architekt Gerhard Metzger betonte beim Startschuss: „Ein breiter Streifen des benachbarten Maisackers wird mit Bäumen und echten Hecken ökologisch aufgewertet.“ Zudem werde es dort auch die Möglichkeit für die Bewohner geben, sich einen eigenen kleinen Nutzgarten anzulegen. Ausgehend von diesem Ökostreifen werden sich auch zwei breitere Grünzüge und Frischluftschneisen durch das Quartier hindurchziehen. Und auch sie sollen an die bestehenden Grünzeilen im aktuellen Altbestand anschließen und damit alt und neu verzahnen.
- Die Wohnungen der Baugenossenschaft Überlingen (BGÜ) sind frei finanziert und können daher von jedem gemietet werden. Voraussetzung ist, dass der oder die Wohnungssuchende Genossenschaftsmitglied wird und die Anzahl der notwendigen Geschäftsanteile erbringt. Dabei handelt es sich weder um eine Kaution noch um ein Sparguthaben, sondern eine Beteiligung am Wohnungsunternehmen der BGÜ. Die Genossenschaft hat dafür in den vergangenen Jahren jeweils eine Dividende von 4 Prozent ausgeschüttet.
- Die Höhe eines Geschäftsanteils beträgt 155 Euro. Die Anzahl der Geschäftsanteile richtet sich nach der Anzahl der Zimmer der Wohnung. Dies sind bei einer Einzimmerwohnung neun Anteile zu je 155 Euro, also insgesamt 1395 Euro. Bei einer Zweizimmerwohnung sind 13 Anteile zu entrichten, macht 2015 Euro. Eine Dreizimmerwohnung bedeutet 19 Anteile, was 2945 Euro entspricht. Für Vierzimmerwohnungen müssen 3255 Euro bezahlt werden (21 Anteile).