Punkt 18 Uhr, nach Schließung der Wahllokale, Jörg Schönenborn teilt im ARD-Wahlstudio mit, dass die FDP laut Prognosen auf 4,9 Prozent kommt, demnach also an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern wird. Überlingens FDP-Urgestein Raimund Wilhelmi jubelt trotzig. „Die Idee des Liberalismus ist älter als Modeerscheinungen wie das BSW“, sagt er. Stur läuft auch das Nachrichtenband über den TV-Bildschirm. Die FDP verharrt auf 4,9 Prozent. Ingo Wörner: „Sollen wir mal schnell umschalten auf Fußball?“ Da führt der FC Bayern nämlich gerade mit 1:0, während die FDP laut der ARD-Prognose immer noch so weit hinten liegt, dass der Wiedereinzug in den Bundestag misslingen würde. Um 18.22 Uhr die ersten Hochrechnungen, erneut kommt die FDP in der ARD immer noch nur auf 4,9 Prozent, während das ZDF die FDP bei 5,0 Prozent sieht. Ingo Wörner: „Jetzt schaltet endlich ins ZDF um!“

Wolfgang Kubicki spricht der FDP-Basis Mut zu. „Ich bin solche Abende gewöhnt“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende in der ARD. Und im Überlinger Rathauscafé lachen die FDP-Mitglieder zustimmend. Ingo Wörner, FDP-Gemeinderat, sagte dem SÜDKURIER: „Das haben wir alles schon erlebt. Das ist nichts, worüber wir uns Sorgen machen.“
Wörners Parteifreund, der 18-jährige Ben Beck, Kandidat bei den Gemeinderatswahlen in Überlingen, sieht es selbstkritischer: „Wir müssen uns fragen, wie wir bei den jungen Leuten wieder gut ankommen.“ Egal, ob die FDP im Bundestag sitzt oder nicht, die entsprechenden Konsequenzen für eine Erneuerung der FDP müssten in jedem Fall gezogen werden. „So, wie es auch die SPD machen muss.“

Ingo Wörner betrachtet es als Fehler, dass Christian Lindner am Parteivorsitz festhielt, als er Minister wurde. Die FDP habe es versäumt, rechtzeitig einen Nachfolger für Lindner aufzubauen. Die FDP-Basis in Überlingen, ist Wörner überzeugt, werde keinen Schaden nehmen, ob die Partei nun im Bundestag vertreten ist oder nicht. „Wir haben den riesen Vorteil, wir wohnen wirklich in Überlingen“, sagte er an die Adresse von AfD-Chefin Alice Weidel, die behauptet, in Überlingen zu wohnen, tatsächlich in ihrem Wahlkreis aber öffentlich so gut wie nie in Erscheinung tritt.