Der Betrag ist geschwärzt. Die Öffentlichkeit darf nach dem Willen der Stadtverwaltung nicht wissen, was die Stadt Überlingen für ein rund ein Hektar großes Grundstück auf dem Kramer-Areal bezahlt. Oberbürgermeister Jan Zeitler gibt lediglich das Versprechen ab, dass er zum Wohle der Stadt „gut verhandelt“ habe.

Der mit dem Konzern Wacker Neusson geschlossene städtebauliche Vertrag sieht vor, dass die Öffentlichkeit an der Entwicklung des neuen Stadtteils beteiligt wird. Der Preis für einen Teil der Fläche, den die Stadt vom Konzern abkauft, bleibt der Öffentlichkeit aber verborgen. Die Zahl ist unkenntlich gemacht.

Der städtebauliche Vertrag zur Entwicklung des Kramerareals. Der Preis, den die Stadt für ein 1,08 Hektar großes Grundstück an den ...
Der städtebauliche Vertrag zur Entwicklung des Kramerareals. Der Preis, den die Stadt für ein 1,08 Hektar großes Grundstück an den Wacker-Neusson-Konzern bezahlt, ist geschwärzt. | Bild: Hilser, Stefan

Was heißt „gut verhandelt“?

Die Summe, die die Stadt für das 1,08 Hektar große Grundstück zahlt, nennt Zeitler nicht. Zur Begründung sagte er bei einer Bürgerversammlung, dass Grundstücksgeschäfte nicht-öffentliche Angelegenheiten seien. Er betonte aber, dass der Preis gut genug sei, dass es sich die Stadt leisten könne, 80 bis 90 Prozent der Fläche für die Schaffung von preisgedämpftem Wohnraum zu nutzen. Sogar sozialer Wohnungsbau sei möglich.

Günstiges Wohnen in Premiumlage

Sozialer Wohnungsbau auf auf so einem Filetstück, einem Grundstück, das nur 150 Meter vom Bodensee entfernt liegt, beziehungsweise 1500 Meter von der Altstadt? Das Grundstück ist Teil eines größeren Projekts, bei dem eine ehemalige Industriefläche – das Kramer-Areal – zu einem Wohngebiet entwickelt wird. Eigentümer ist die Wacker-Neusson-Group, die vier Fünftel des gesamten Geländes für sich behält, beziehungsweise in Zusammenarbeit mit Stadt und Bürgern entwickelt. Den jetzt gestarteten Bürgerbeteiligungsprozess, der in einem städtebaulichen Wettbewerb mündet, finanziert Wacker Neusson.

Das Kramer-Areal in Überlingen im März 2023.
Das Kramer-Areal in Überlingen im März 2023. | Bild: Hilser, Stefan

Warum diese Geheimniskrämerei?

Doch warum macht die Stadt so ein Geheimnis um den Kaufpreis? Sie bleibt der Öffentlichkeit damit Antworten auf wichtige Fragen schuldig. Wir hakten im Rathaus nach. In seiner Antwort verweist Oberbürgermeister Jan Zeitler auf die Gemeindeordnung Baden-Württemberg, die in Paragraph 35 Absatz 1 Satz 2 regelt, wann nichtöffentlich verhandelt werden dürfe. Konkret heißt es dort, „wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordere“, dann dürfe nichtöffentlich verhandelt werden. Nach Auffassung Zeitlers „findet dies im vorliegenden Fall auch auf den Kaufpreis Anwendung“.

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Zeitler will Konzern schützen

OB Zeitler begründet in einer E-Mail an unsere Redaktion: „Das schutzwürdige Interesse des Konzerns leitet sich aus der Situation ab, dass er in ganz Deutschland tätig ist und die Veröffentlichung dieses Kaufpreises eine Präjudiz für weitere Grundstücksgeschäfte mit Kommunen darstellen könnte. Die wirtschaftlichen Interessen des Konzerns sollen dabei geschützt werden.“ Eine Präjudiz ist laut Duden eine Entscheidung, die auf künftige Fälle Einfluss hat.

Das Kramer-Areal in Überlingen im März 2023.
Das Kramer-Areal in Überlingen im März 2023. | Bild: Hilser, Stefan

Auch die Stadt sehe es so, dass sie als Kommune in Verhandlungen mit Dritten „ein möglichst wirtschaftliches Ergebnis zu erzielen hat“. Die Verhandlungsposition der Kommune solle dadurch geschützt werden.

Eine Nachfrage bei dem in Überlingen wohnenden Projektleiter Thomas Sorg ergab, dass auch der Wacker-Neusson-Konzern den Preis nicht öffentlich nennen wolle. Sorg in einem Telefonat mit dem SÜDKURIER: „Wir bitten darum, aus Konzerninteressen heraus den Preis nicht zu nennen. Die Stadt hat wirklich gut verhandelt, das ging an die Schmerzgrenze.“ Und dann sagte Sorg noch diesen Satz: „Eigentlich könnte die Stadt stolz sein, den Preis zu nennen.“