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  • Ein Mann, vermutlich 1970 geboren, lebte in einer selbstgebauten Behausung im Wald und wurde dort tot aufgefunden; Todesursache unklar.
  • Die Leiche wurde am 19. November von einem SÜDKURIER-Redakteur entdeckt, der das abgelegene Waldstück erkundete.
  • Indizien wie Zeitungsausschnitte und abgelaufene Lebensmittel deuten darauf hin, dass der Tod bereits 2019 eingetreten sein könnte.
  • Die Kripo fand einen rumänischen Reisepass und einen italienischen Personalausweis im Zelt, die Identität des Toten ist jedoch noch unbestätigt.
  • Es gibt keine Anzeichen für ein Gewaltverbrechen.
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Sumpf, Brombeerranken, umgeknickte Bäume, vermoderndes Holz. Das Gebiet nennt sich „Mooswiesen“. Und in ihm lag für lange Zeit eine Leiche. Eine männliche Person, vermutlich 1970 geboren, und verstorben auf einer Liege in einer aus Plastikplanen und Ästen gezimmerten Behausung.

Das dunkelgrüne Zelt steht, gut getarnt, unter einer Gruppe von Fichten. Ein Gaskocher, ein Campingstuhl, Fahrräder, Essensvorräte, stapelweise Bücher, ein Wörterbuch Deutsch-Englisch, eine Taschenlampe, Äxte, Batterien, ein Tagebuch. Hier hat sich ein Mann in größtmöglicher Einsamkeit, und doch nahe an menschlichen Siedlungen, ein Leben eingerichtet. Woran er gestorben ist, das ist noch unklar. Die Kriminalpolizei ermittelt.

So sieht die Situation beim Eintreffen der Kriminalpolizei aus. Das Zelt war so gut konstruiert, dass es drinnen trocken blieb und keine ...
So sieht die Situation beim Eintreffen der Kriminalpolizei aus. Das Zelt war so gut konstruiert, dass es drinnen trocken blieb und keine Tiere eindringen konnten. | Bild: Hilser, Stefan

Die Leiche wird am 19. November entdeckt. Zwei Streifenpolizisten des Reviers Überlingen und vier Beamte des Kriminaldauerdienstes fahren an diesem Sonntag umgehend zum vereinbarten Treffpunkt bei einem Wanderparkplatz, von wo aus sie an den Fundort im Wald begleitet werden. Sie leuchten mit einer Taschenlampe in das Dunkel des Zeltes, die Gebeine einer Person sind erkennbar.

Tod trat womöglich schon 2019 ein

Um keine Spuren zu verwischen, heben die Beamten die Plane vorsichtig und Stück für Stück vom Zelt ab. Ans Licht kommt ein Leichnam, der auf einer Trage liegt.

Die Ermittler öffnen das Zelt Video: Hilser, Stefan

Die Trage ist mit Ästen und Schnüren gespannt und mit einer Decke überzogen. Die Verwesung ist weit fortgeschritten, für die Beamten ist dies ein Zeichen dafür, dass der Tod schon vor Monaten, vielleicht sogar schon vor Jahren, eingetretenen ist. Ein Indiz auf die lange Zeitspanne sind Zeitungsausschnitte, die von September 2019 datieren. Auch das Mindesthaltbarkeitsdatum zahlreicher Lebensmittel am Fundort ist seit Jahren abgelaufen. Auf dem Aluminiumdeckel eines Joghurts steht 18. Juli 2019.

Ein erster Blick eines Streifenpolizisten bestätigt, dass in dem Zelt eine Leiche liegt.
Ein erster Blick eines Streifenpolizisten bestätigt, dass in dem Zelt eine Leiche liegt. | Bild: Hilser, Stefan

Ein von Menschen verlassener Ort

Wie kann es sein, dass ein Zelt und ein Toter im Wald so lange unentdeckt bleiben? Die Behausung des Mannes liegt nur 300 Meter Luftlinie von einem Wanderparkplatz beim Gewerbegebiet Langäcker an der Landesstraße L200 entfernt. Ein Bach, der den Spitalweiher und den Königsweiher bei Überlingen-Deisendorf verbindet, fließt durch das Waldstück, wo die Pflanzenwelt sich selbst überlassen wird. Ein Wanderweg führt um den Wald bogenförmig herum, aber nicht in ihn hinein. Der Hochsitz eines Jägers steht nur etwa zehn Meter von dem Zelt entfernt, die untersten Stufen seiner Leiter sind abgefault. Hier gibt es eigentlich nichts zu suchen, außer einem Stück unberührter Natur – oder einem Leben in der Einsiedelei. Abgeschieden, zurückgezogen, dunkel, feucht, aber unweit einer Siedlung. Um Lebensmittel kaufen und die Batterien seiner Taschenlampe aufladen zu können, hatte der Mann es nicht weit.

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Kripo findet Rucksack und Pass

Die Kripobeamten öffnen einen Rucksack. In ihm liegt ein Geldbeutel mit ein paar Münzen, ein Schlüssel, der wie ein Haustürschlüssel aussieht. Außerdem Ausweisdokumente. Ein rumänischer Reisepass, 2017 abgelaufen, und ein italienischer Personalausweis. Beide Dokumente lauten auf einen Isidor F., geboren am 1. Mai 1970 im Kreis Bacau in Rumänien. Ob es sich beim Toten und bei Isidor F. um die selbe Person handelt, ist bislang nicht bekannt, ein Vergleich zwischen dem Bild im Ausweis und dem Gesicht des Toten ist für die Beamten aufgrund des Verwesungsgrads nicht möglich. Am Fundort im Wald fordern sie per Funk den Abgleich der Personalien an. Es ergibt sich kein Treffer in den Polizeiakten. Eine Vermisstenmeldung liegt den deutschen Behörden nicht vor. Wie ein Polizeisprecher sagt, werde man das Konsulat informieren, beziehungsweise versuchen, Angehörige von Isidor F. ausfindig zu machen.

Platz zum Stehen ist in dem Zelt nicht. Stück für Stück nehmen Kripobeamte die Folien ab, sichtbar wird die einsame Behausung eines ...
Platz zum Stehen ist in dem Zelt nicht. Stück für Stück nehmen Kripobeamte die Folien ab, sichtbar wird die einsame Behausung eines Mannes, den nach Kenntnissen der deutschen Behörden niemand vermisste. | Bild: Hilser, Stefan

Kein Hinweis auf Gewaltverbrechen

Die Kripobeamten vermessen die Größe des Leichnams und schauen auf etwaige Verletzungen am Körper und an seinem Schädel. Für die Beamten deutet auf den ersten Blick nichts daraufhin, dass der Mann einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen sein könnte. Ob dennoch eine Obduktion vorgenommen wird, so die Pressestelle des Polizeipräsidiums Ravensburg, werde in Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft geprüft. Als „letztes Lebenszeichen“ bewerten die Beamten vorläufig den 12. September 2019, von dem eine im Zelt gefundene Zeitung datiert.

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Der Tote scheint handwerklich begabt gewesen zu sein. Drei Fahrräder liegen vor und in dem Zelt, eines davon nutzte er offensichtlich als Ersatzteilelager. Das Zelt aus Ästen und Plastikplanen war stabil konstruiert und fest mit Schnüren verzurrt, so dass es der Schneelast standhalten und im Inneren trocken bleiben konnte. Für Tiere gab es keinen Durchschlupf. In ähnlichen Fällen, so ein Kripobeamter, hätten Tiere Leichenteile im Wald verstreut. Das ist hier nicht der Fall.

Eine Taschenlampe und ein Kaffeekännchen.
Eine Taschenlampe und ein Kaffeekännchen. | Bild: Hilser, Stefan

Kanister voll mit Lebensmitteln

Der Tote ist gekleidet mit einem Hemd, sein Unterleib ist nackt. Ein Schlafsack hängt über dem Feldbett an der Decke des Zelts. Aufrecht gehen kann eine Person von der Größe des Verstorbenen in der Behausung nicht. Unter der Liege stehen Kanister, die einmal mit Lack gefüllt waren. Der Mann im Wald nutzte sie als Vorratsbehälter für Nudeln, Zwiebeln, Schokolade, Kondensmilch. Einen Zeltboden gibt es nicht, sondern den blanken Waldboden. Auf ihm liegt ein Schnorchel mit Taucherbrille.

Ein Gasherd und Bücher kommen zum Vorschein, nachdem die Polizei einen Teil der Plane abgehoben hat.
Ein Gasherd und Bücher kommen zum Vorschein, nachdem die Polizei einen Teil der Plane abgehoben hat. | Bild: Hilser, Stefan

In der Behausung stehen stapelweise Bücher. Sie tragen Titel wie „Moderne Chemie“ und „Die Anthroposophen“ von Peter Brügge, sowie „Außersinnliche Kräfte und wie man Nutzen aus ihnen zieht“ von Harold Sherman oder „Mit Engeln beten“ von Silvia Wallmann. Ein Tagebuch liegt neben seinem Bett. Wer auch immer es geschrieben hat, es zeugt von einem Leben inmitten der Gesellschaft. „Klavier geübt“ lautet ein Eintrag. In ihm wird über eine fragile Beziehung zu einem Rüdiger geschrieben, von einer Wohnungsbesichtigung in Ulm. In manchen Einträgen schreibt die Person ihre Träume nieder, etwa von einem Pferd „mit einem gehäkelten weißen T-Shirt“. An anderer Stelle heißt es: „Tango in Augsburg.“