Die Abschlussjahrgänge 2020 werden noch Jahre lang im Gedächtnis bleiben – als der Corona-Jahrgang, bei dem vieles anders lief. Geprägt war ihre Schulabschlusszeit durch Veränderung, Verzicht und Verunsicherung. Nun haben die Schüler die Prüfungen fast hinter sich gelassen und können bald den ersten Schritt in einen neuen Lebensabschnitt wagen. Doch vorher wollen sie die jetzige Schulzeit abschließen. Eine Abschlussfeier, wie sie an den Schulen Tradition ist, wird es aber in diesem Jahr nicht geben. Ganz auf den Abschluss der Schulzeit verzichten, wollen die Schüler und Schulleiter aber nicht. Deswegen wollen sich Eltern und Schulleiter Alternativen überlegen, die auch während der Corona-Krise stattfinden können und den Schülern einen würdevollen Abschluss ihrer vergangenen Schulzeit bieten.
„Das wird schlicht werden.“
Jürgen Mattmann, Rektor Wiestorschule:
„Eigentlich ist alles abgesagt“, sagt Jürgen Mattmann. „Schulische Realität ist es gerade, nur Schritt für Schritt zu planen.“ Daher würden sie kurzfristig agieren. „Es kommt darauf an, was dann erlaubt ist.“
Die Zeugnisse werden die Absolventen aber nicht mit der Post bekommen. Da die Prüfungen der 9. und 10. Klassen bis dicht vor den Ferien gehen, sei noch offen, ob sie am letzten Schultag oder in der ersten Ferienwoche überreicht werden. Fest steht: „Das wird schmucklos werden.“ Bei der Benotung kann sich der Corona-Jahrgang nicht auf einen Bonus freuen. „Wir haben eine pädagogische Verantwortung und auch in Krisenzeiten wird nichts verschenken werden, wir werden aber mit Augenmaß agieren.“ In seiner Rede will er Mut machen, nicht nur die Krise, sondern auch die Chancen zu sehen.
Eine angemessene Verabschiedung
Hans Weber, Schulleiter Gymnasium Überlingen:
Auch Hans Weber kann sich noch nicht festlegen. „Wir haben nur eine vorläufige Planung was den Abschluss betrifft.“ Da es eine Feier mit 90 Abiturienten, Eltern und Lehrern nicht geben könne, überlegen sie, die Zeugnisübergabe in der Sporthalle in mehreren kleinen Veranstaltungen abzuhalten. Stattfinden wird das am Tag nach den letzten mündlichen Prüfungen. Die Tinte auf den Urkunden wird also kaum trocken sein. „Das wird sportlich für uns!“, sagt Weber. Bei den Noten werden sie angemessen und eventuell auch ein bisschen großzügiger agieren.
Seine Rede ist noch nicht fertig, aber er will betonen, dass sich mit Vertrauen und der richtigen Unterstützung auch unerwartete Krisensituationen meistern lassen. „Uns ist es wichtig, auch den Corona-Jahrgang angemessen zu verabschieden.“
So normal wie möglich
Fabienne Nejad, 17 Jahre, Abiturientin Gymnasium Überlingen:
„Wir wollen trotz allem so normal wie möglich die Schule verlassen“, betont Fabienne Nejad. Damit meint sie beispielsweise den Abiball im Konzil in Konstanz. Der Raum ist seit langem reserviert und sie feiern im kleineren Kreis nur mit den Schülern. „Es ist noch nicht ganz klar, was wir dann dürfen und was nicht.“ So wird es wahrscheinlich kein Buffet geben, und ob sie tanzen können, ist ungewiss.
Die Motto-Wochen in den letzten drei Schulwochen wollen sie auf jeden Fall abhalten.
„Ob und wie es einen Abistreich geben wird, diskutieren wir noch“, fügt die Abiturientin an. „Vielleicht machen wir was Kleines, wir werden uns mit der Schulleitung absprechen.“ In diesem Jahr geht es dabei aber weniger um die Art des Humors als um die einzuhaltenden Abstandsregeln.
Stehen noch unter Druck
Christelle Warner, 18 Jahre, Abiturientin Waldorfschule:
Bei einem Abi-Jahrgang mit 21 Jugendlichen sei die Zeugnisübergabe im eigenen Veranstaltungsraum mit Eltern und Lehrern geplant. „Aber das wird nur eine Übergabe, keine richtige Feier“, sagt Christelle Warner.
Für die Feier, die nicht wie sonst im großen Rahmen stattfinden kann, haben die Schüler eine originelle Alternative gefunden. „Wir wollen unter freiem Himmel im Naturatelier Frickingen feiern, aber sicher ohne Paillietten-Kleid“, sagt sie schmunzelnd, betont aber, dass sich trotzdem alle schick machen werden.
Ob es einen Abi-Streich geben wird, sei noch unsicher. Sie planen aber alles gut zu dokumentieren und eine besonders ausführliche Abizeitung zu machen. Im Moment seien sie gedanklich noch bei den letzten Prüfungen. „Wir stehen alle noch ziemlich unter Druck. Da ist immer noch der Nervenkitzel.“
Einen Knopf dran machen
Stefan Wunder, Schulleiter der Jörg-Zürn-Gewerbeschule:
Wie die Schule den Abschluss in diesem Jahr feiern will, weiß auch Stefan Wunder noch nicht. „Wir sind noch in der Entscheidungsfindung“, sagt er. Fest stehe, dass es in diesem Jahr keine regulären Feiern geben könne. „Wir sind an die Verordnung gebunden und machen das Beste daraus“, sagt Wunder. Deshalb sei es angedacht, im Klassenverband zu feiern.
„Man muss an den Abschluss dieses Lebensabschnitts einen Knopf dran machen“, findet Wunder. Denn: „Die Schüler schließen einen Ausbildungsbereich ab und werden in den nächsthöheren Schritt entlassen.“ Dennoch betont er: „Das werden verkürzte Feiern sein.“ Trotzdem sei es wichtig, sich für einen solchen Schlusspunkt zu treffen, den Schülern für ihren Erfolg zu gratulieren und ihnen für die Zukunft alles Gute zu wünschen.
Abschlusszeugnisse per Post
Günter Reichle, Constantin-Vanotti Schule Überlingen:
Ganz auf Abschluss-Feiern verzichten will man an der Constantin-Vanotti Schule. Weil an der Schule Schüler vieler verschiedener Schularten ihren Abschluss machen, sei es einfach nicht möglich, für jede Klasse eine Alternativ-Abschlussfeier zu organisieren. Stattdessen werden die Zeugnisse den Abschlussschülern per Post zugeschickt.
Die „verpasste“ Abschlussrede will Günter Reichle in Teilen in den Jahresbericht der Schule einfließen lassen mit Abschlussworten der einzelnen Abteilungsleiter und des Schulleiters. „Als Trostpflaster sozusagen“, sagt er. Dennoch betont er, dass es bis zum Abschluss noch einige Wochen dauern wird und die Abschlussprüfungen auch noch nicht vollends abgeschlossen sind, die Schüler deshalb noch andere Gedanken hätten.
Diese Situation befriedigt nicht
Karin Broszat, Schulleiterin Realschule Überlingen:
„Wir sind alle unzufrieden mit der Situation“, sagt Karin Broszat. Gerne hätte sie den Schülern eine Abschlussfeier auf die Beine gestellt, doch die Corona-Verordnung erlaubt das nicht. Gesplittete Feiern für die 100 Prüflinge zu organisieren, würde aus Zeit- und Platzgründen nicht funktionieren, sagt sie.Trotzdem wolle das Kollegium den Schülern eine würdige Zeugnisübergabe bereiten. „Alle Lehrer machen sich darüber Gedanken, wie das funktionieren kann“, sagte Karin Broszat. Fotos von der Übergabe soll es aber in jedem Fall geben – als Erinnerung.
Derweil haben Eltern der Klasse 10 c die Zügel selbst in die Hand genommen und organisieren eine private, klasseninterne Feier. „Wir wollen unseren Kindern das Sommerfest zum Abschluss schenken“, sagt Nina Dufner, die die Idee für das Alternativ-Fest hatte.
Gemeinsame Feier ist wichtig
Timm Lailach, 16 Jahre, Abschlussschüler der Realschule Überlingen:
„Ursprünglich war es ja geplant, dass alle Klassen gemeinsam feiern, jetzt ist nur unsere Klasse bei der Feier dabei“, sagt Timm Lailach. Schlimm findet er das nicht. Denn mit der Parallelklasse habe er ohnehin nicht viel zu tun. „Es ist schon wichtig, dass wir als Klasse eine gemeinsame Feier haben. Wir waren ja fünf Jahre zusammen an der Schule, findet Lailach. Abendgarderobe, wie sie sonst bei einer Abschlussfeier getragen wird, wird es aber bei der Alternativfeier nicht geben. Derzeit sei er aber noch auf die Prüfungen, die immer noch nicht ganz überstanden sind, fixiert. Bald soll es die Noten aus den schriftlichen Prüfungen geben. Ende Juli stehen noch die mündlichen Prüfungen an – später als regulär. „Es ist schade, dass alles nach hinten gerutscht ist, denn es zieht sich“, sagt er.