Als „haltlos und unbegründet“ bezeichnet Oberbürgermeister Jan Zeitler die Vorwürfe von Elmar Kindermann hinsichtlich des Bebauungsplans Rauenstein Ost, die der Jurist im Ruhestand bereits in einem Schreiben vom 17. Januar an Stadtverwaltung und Stadträte und später in einem Brief vom 22. Februar an die Schweizer BG Business Group erhoben hatte.
Kindermann hatte der Stadt ein „rechtsmissbräuchliches Verfahren“ vorgehalten, das „nicht zu rechtswirksamen Beschlüssen führen“ könne. Der Bebauungsplan sah zunächst nur eine Bebauung der Kleingartenanlage unterhalb von St. Leonhard vor. Im jüngsten Entwurf wurde das Areal mit einem Mehrheitsbeschluss des Gemeinderats unter Einbeziehung des ehemaligen Reitplatzes deutlich erweitert.

Mit seinen Vorhaltungen bezieht sich Kindermann unter anderem auf das vereinfachte Verfahren der Bauleitplanung nach Paragraf 13a des Baugesetzbuches, das – anders als in der klassischen Genehmigungspraxis – lediglich eine einmalige Bürgerbeteiligung vorsieht. Aus verschiedenen Gründen sei die Stadt nicht berechtigt, an dieser Stelle das beschleunigte Verfahren anzuwenden.
Im Schreiben an den Schweizer Investor spricht Elmar Kindermann, der selbst in der Oberen St.-Leonhard-Straße zuhause ist, von einer „unheiligen Allianz“ zwischen dem Unternehmen und der Verwaltung. Die Überlinger Bürgerschaft habe diesen Sachverhalt als „schweren Vertrauensmissbrauch“ gewertet und mit einer „heiligen Wut“ reagiert.
Oberbürgermeister Jan Zeitler schrieb am 1. März in einer Mail an den Kritiker: „Die Stadt wird Ihre geäußerten Einwendungen nicht kommentieren, da diese formal im Bebauungsplanverfahren bearbeitet werden.“ Weiter forderte Zeitler Kindermann auf „sich von folgenden Anschuldigungen bis Mittwoch, 8. März 2023, schriftlich zu distanzieren“.
Es folgen zitierte Formulierungen Kindermanns, in denen er unter anderem den Baubürgermeister als „mehr Vollstrecker der Immobilien- und Maklerbranche als Amtsverwalter unserer Bauleitplanung“ bezeichnet und eine Baupolitik „nach Kassenlage“ vorhält. Diese „Verschwendung von gemeindlichem Grund und Boden“ müsse gestoppt werden, so Kindermann.

Als „grob falsche Unterstellung“ bezeichnet der OB den Vorwurf der „unheiligen Allianz“. Ja, die Arbeit der Verwaltung werde öffentlich diskreditiert. „Die namentlich genannten Personen müssen geschützt werden“, betont Zeitler. „Die von Ihnen nur rudimentär und daher aus dem sachlichen Zusammenhang gerissenen Textpassagen sind vielmehr von Ihnen von den von mir zugrunde gelegten und auch benannten Tatsachen, die entweder offensichtlich und allgemein bekannt oder von öffentlichen Medien verbreitet oder in Gesprächen mit sachkundigen Personen ermittelt worden waren, getrennt worden.“
Tatbestand „Majestätsbeleidigung“ mittlerweile abgeschafft
Anspruch auf Schutz vor Diskreditierung habe man nur, schreibt Kindermann, wenn eine „ordentliche, am Buchstaben des Gesetzes ausgerichtete Arbeit zum Schutz der Ihnen anvertrauten Bürgerschaft vorliegt“. Der Tatbestand der „Majestätsbeleidigung“ sei „in unserem vom Recht der freien Meinungsäußerung geprägten Rechtsstaat“ indessen abgeschafft.
„Wir alle befanden und befinden uns also noch immer quasi in einer Notwehrsituation gegenüber unserer Verwaltung, die unsere Briefe grundsätzlich nicht beantwortet“, argumentiert der Jurist. Es sei „nur menschlich, wenn man durch eine derartig hartnäckige Verweigerung von erwartbarer Zusammenarbeit dazu neigt, die eigenen Einlassungen zunehmend eher etwas zugespitzter zu formulieren, um überhaupt eine Reaktion der Verwaltung zu erhalten“.

Die bekam Kindermann auf seine Einlassungen vom 22. Februar von höchster Stelle: Oberbürgermeister Zeitler setzte dem Kritiker eine Frist, sich bis 8. März von einer langen Liste an zitierten Anschuldigungen „schriftlich zu distanzieren“. Ein Schreiben Kindermanns ging zu diesem Zeitpunkt auch im Rathaus ein – allerdings nicht ganz im Sinne Zeitlers.
„Nach allem sehe ich schließlich auch keinen Anlass zu irgendeiner Distanzierung von meinen Texten“, teilt Kindermann in seinem Brief an Oberbürgermeister, Baubürgermeister und Gemeinderat mit, den er auch Mitstreitern gegen das Vorhaben auf dem Areal „Rauenstein Ost“ zukommen ließ.